Liebeskuenste
Eisbach, einem beliebten Ausflugsziel. Im Sommer herrscht dort bis in den späten Abend Hochbetrieb; Badegäste, Sonnenhungrige und die Fans der auf den Stromschnellen dahinjagenden Surfer lagern auf den Uferwiesen.
Sorgsam breitet Max eine Decke aus, und wir machen es uns darauf bequem. Er öffnet den Picknickkorb, reicht mir eine Flasche Bier und nimmt sich selbst eine. Wir prosten uns zu und lehnen uns zurück. Um uns herum herrscht reges Treiben. An diesem lauen Sommerabend denkt noch keiner ans Heimgehen, im Gegenteil. Neben uns hat sich eine Großfamilie um einen qualmenden Grill versammelt und wartet ungeduldig auf Fleischspieße und Scampi. Vor uns schmust ein Liebespaar leidenschaftlich und füttert sich zwischendurch mit Kirschen. Teens spielen Federball, und wir sind nicht die Einzigen, die sich über ihre mitgebrachte Brotzeit hermachen.
Seit langem habe ich keinen so friedlichen Abend mehr erlebt. Max ist der geborene Unterhalter; das Gespräch mit ihm ist amüsant, und wir albern viel herum und lachen. Zwischendurch tauschen wir Telefonnummern aus und verabreden uns schon für das Wochenende zu einem Spaziergang durch den Tiergarten.
Obwohl es bereits dämmert, sind noch einige Unermüdliche auf ihren Surfbrettern unterwegs. Es ist ausgesprochen vergnüglich, ihre waghalsigen Fahrten zu beobachten. Immer wieder kommen Bekannte von Max vorbei, begrüßen ihn und beäugen mich neugierig. Er scheint in der Münchener Studentenszene kein Unbekannter zu sein.
Es ist schon fast dunkel, als wir aufbrechen. Ich steige vom Tandem ab, und als ich mich umdrehe, um mich von Max zu verabschieden, stolpere ich geradewegs in seine Arme. Er fängt mich auf und küsst mich. Ehe ich mich versehe, ist der Moment vorbei. Befangen steht er vor mir und wartet auf eine Reaktion. Ich lächle, umarme ihn noch mal zur Verabschiedung, und dann gehen wir auseinander.
Der abendliche Ausflug hat mich abgelenkt, und ich muss gestehen, dass mir Max’ Gesellschaft und seine Aufmerksamkeit gutgetan hat. Doch schon beim Kuss habe ich gemerkt, dass ich nicht bereit bin für etwas Neues und Max nur als guten Freund sehe. Stattdessen schleichen sich meine Gedanken immer wieder ungewollt zu Roman Hagen, und darüber ärgere ich mich maßlos. Mittlerweile hat er es aufgegeben, mich ständig anzurufen. Als ich nach Hause komme, ist nur ein Telefonat von Karen auf dem Anrufbeantworter, die mir mitteilt, dass sie morgen Nachmittag zur Arbeit in die Galerie kommen wird.
Ereignislos verstreicht ein Tag nach dem anderen. Das öffentliche Interesse an mir hat zum Glück merklich nachgelassen; jetzt verirren sich nur noch selten Gaffer in die Galerie.
Gelegentlich treffe ich Max, um mit ihm ins Kino, in den Biergarten oder Radfahren zu gehen. Den Kuss haben wir beide nicht mehr angesprochen. Er gibt sich nach wie vor alle erdenkliche Mühe, aber ich kann mich einfach nicht in ihn verlieben. Er kommt mir vor wie ein tollpatschiger junger Hund, den man einfach gern haben muss. Meine Gefühle für ihn sind eher die einer großen Schwester, aber er ist mehr als nur ein wenig verliebt in mich.
Eines Abends Anfang August holt er mich in der Galerie ab. Heute tritt ein bekannter Kabarettist im Circus-Krone-Bau auf, und Max hat Karten besorgt.
Auf der Fahrt dorthin ist er ungewohnt still. Als ich ihn darauf anspreche, räuspert er sich einige Male, dann platzt er mit der Frage heraus: »Gina, würdest du mich zum Examensball begleiten? Für mich … wäre es das Größte, wenn du … an meiner Seite wärst.« Vor Aufregung stottert er ein wenig.
Ich unterdrücke ein Lächeln und antworte: Natürlich, Max! Wenn ich dir damit eine Freude mache.«
»Super! Danke, Gina!« Ungeschickt versucht er, mich während der Fahrt zu umarmen und reißt mir dabei einen Ohrring ab. »Entschuldige, bitte! Mann, ich bin so ein Trampel …«
Nun muss ich doch lachen, und ich beruhige ihn: »Ich freu mich auf den Ball!« Mir fällt etwas ein: »Du kannst doch tanzen?«
»Na ja, es geht so …«
»Ich werde es dir schon beibringen! Und ich mach mich richtig schick für dich. Deine Kommilitonen werden die Augen aufreißen und dich beneiden!«, verspreche ich ihm. Daraufhin strahlt er über das ganze Gesicht.
Da der Ball schon in zwei Wochen stattfindet, brauche ich dringend ein passendes Kleid. Ich habe schon genaue Vorstellungen, wie es aussehen soll. Elegant muss es sein, aber auch sexy. Während ich noch überlege, fällt mir die kleine
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