Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
hörte noch immer nicht auf, ihr Haar zu bürsten, „die Zwei hatten ja wohl schon früher ein etwas schwieriges Verhältnis.“
Robert schwieg sekundenlang, ehe er gedehnt hinzufügte: „Ich fürchte, das ist nicht der eigentliche Grund für Verenas Rückkehr in den Norden. Der Vertrag für ihre Rolle in dieser unsäglich öden Fernsehserie ist ausgelaufen. Sie steht also gewissermaßen auf der Straße. Und sie zieht nach Lübeck, in die Wohnung eines Freundes. Wie findest du das?“
Sarah warf die Haarbürste mit einer achtlosen Bewegung auf das breite Bett, und während sie begann, ihr helles Haar hoch zu stecken, stieß sie, zwischen den Lippen ein halbes Dutzend Haarklammern, hervor:
„So lange ich nicht Tür an Tür mit ihr leben muss, ist es mir egal, was sie tut, wo sie wohnt und was sonst noch alles“
„Das ist nicht zu befürchten“, schmunzelte Robert und trat zu ihr, um Stück für Stück die Haarklammern an sich zu nehmen, ehe sie daran erstickte. „Lübeck ist groß genug, um sich nicht zu begegnen, denke ich. Natürlich tut es mir leid, dass sie arbeitslos ist. Aber sie erwartet hoffentlich keine finanzielle Unterstützung von mir.“
Sarah sah ihn sekundenlang schweigend an. „Immerhin ist sie die Mutter deines Sohnes“, erinnerte sie ihn dann.
„Sarah“, wurde Robert daraufhin sehr sachlich, „Verena hat seinerzeit bei der Scheidung auf jeglichen Unterhalt verzichtet. Sie wollte keinen Cent von mir, das ließ ihr Stolz nicht zu. Und ihre Probleme mit Julian muss sie alleine lösen. Da kann ich ihr auch nicht helfen.“
Dem hatte Sarah nichts entgegen zu setzen.
Mitten im Zimmer stehend und sich nach allen Seiten umblickend, um festzustellen, dass sie nichts vergessen hatten, wenn sie das Hotel jetzt verließen, fiel ihr etwas ein, das sie schon immerzu hatte erwähnen wollen.
„Hätten wir uns nicht bei Jessica melden sollen? Ich meine, wenn wir schon in Berlin sind, erwartet sie möglicherweise, dass wir in Kreuzberg vorbei schauen oder so.“
„In einer Stadt wie Berlin `schaut man nicht eben so vorbei`“, stellte Robert fest. „Und ich habe keine Lust, mir Jessicas endloses Gejammer über das Studium, die Dozenten, ihren Professor und natürlich über Julian anzuhören.“
„Wieso ist Julian eigentlich dauernd in Hamburg und jedes Mal über so lange Zeiträume?“ warf Sarah ein, woraufhin Robert ein weiteres Mal mit den Achseln zuckte.
„Frag mich nicht – ich weiß es nicht. Ich weiß nie irgendwas, wenn es um Julian geht. Studiert er noch oder hat er längst alles hingeschmissen und schlägt sich in Hamburg mit irgendeinem Job durch? Ist Jess noch seine Freundin oder hat er jemand anders? Mein Sohn und ich kommunizieren so wenig wie möglich, verstehst du?“
„Aber du schickst ihm doch regelmäßig seinen monatlichen Scheck!“
„Das“, seufzte Robert tief auf, „ist das Einzige, was uns noch verbindet.“
Als er Sarahs besorgten Gesichtsausdruck bemerkte, kam er zu ihr und legte liebevoll seine Arme um sie.
„Mach´ dir nicht so viele Gedanken, Liebes. Männer sind so. Sie besuchen sich nie gegenseitig, nicht einmal, wenn sie allerbeste Freunde sind. Und wenn sie sich tatsächlich mal unerwartet begegnen, dann reden sie über Fußball und Politik und die Frau, mit der sie gerade zusammen sind – oder von der sie sich eben getrennt haben, aber niemals über die Dinge, die ihnen eigentlich wichtig sind. Ich bin mit meinem Vater genauso umgegangen wie Julian heute mit mir.“
Sarah sah ihn ohne das geringste Mitgefühl an. „Arme Schweine seid ihr, ist dir das eigentlich klar, Robert Debus?“
„Und wie klar mir das ist“, gab er ihr nur scheinbar bekümmert recht. „Aber was sollen wir machen? Wir können nicht anders. Es liegt in unseren Genen.“
Sarah ließ sich mit einem leisen Seufzer gegen ihn sinken. Das Gesicht an seine Schulter gepresst, murmelte sie: „Komm, lass uns ganz schnell nach Hause fahren.“
11. Kapitel
E s war einmal eine junge Frau, die von dem Mann verlassen wurde, den sie immer nur geliebt hatte.
Mit diesem Satz fingen Märchen an, bei denen der Leser sich jederzeit darauf verlassen durfte, dass am Ende alles gut wurde.
Im wirklichen Leben geschah das – wie die Erfahrung gelehrt hatte – eher selten.
Jessica würde lange brauchen, um zu begreifen, warum ihr das alles passierte. Sie hatte ihre große Liebe zu Julian Debus schon als Sechzehnjährige erkannt und war heute, sieben Jahre später, an seine sich ständig
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