Liebesmaerchen in New York
hingerissen, Allan begeistert. Er kaufte sofort ein Kinderstühlchen und Spielzeug auf Kredit. Geld war knapp, aber wir waren optimistisch, und ich fand einen Teilzeitjob. Nachdem Red geboren war, nahm ich Mutterschaftsurlaub. Er war ein süßes Baby.« Sie lachte ein wenig. »Ich weiß, dass alle Mütter das von ihren Kindern sagen, aber er war wirklich das schönste und süßeste Kind, das ich je gesehen hatte. Mein Leben wurde durch ihn verändert. Allans Leben nicht.«
Hester spielte mit dem Stiel ihres Glases und versuchte, Dinge, an die sie sich lange nicht zu denken erlaubt hatte, wieder aus ihrer Erinnerung zu holen. »Damals war ich mir nicht darüber klar, aber Allan widerstrebte es, Verantwortung zu tragen. Er hasste es, nicht ins Kino oder zum Tanzen gehen zu können, wann immer es ihm in den Sinn kam. Er ging immer noch unglaublich leichtsinnig mit Geld um, doch Reds wegen musste ich für Ausgleich sorgen.«
»Mit anderen Worten«, sagte Mitch, »du wurdest erwachsen, Allan nicht.«
»Ja.« Es erleichterte sie, dass er offensichtlich so schnell verstand. »Heute habe ich erkannt, dass er eifersüchtig auf Red war, damals jedoch wollte ich nur, dass er endlich seine Rolle als Vater übernahm. Mit zwanzig war er immer noch der Junge von sechzehn, den ich von der Highschool kannte, aber ich war nicht mehr dasselbe Mädchen. Ich fing wieder an zu arbeiten, weil ich glaubte, das zusätzliche Einkommen würde alles ein wenig leichter machen. Eines Abends, als ich Red von seinem Babysitter abgeholt hatte und mit ihm nach Hause kam, war Allan fort. Er hatte eine Notiz hinterlassen, in der er erklärte, er könne es nicht länger ertragen, so angebunden zu sein.«
»Hast du geahnt, dass er dich verlassen würde?«
»Nein, ich hatte nicht die blasseste Ahnung. Wahrscheinlich hat er – wie so oft – ganz impulsiv gehandelt. Er hielt es für fair, die Hälfte des Geldes mitzunehmen, ließ mir jedoch alle Rechnungen. Ich musste für abends einen zweiten Teilzeitjob annehmen, weil ich Red nicht den ganzen Tag über bei einem Babysitter lassen wollte. Die folgenden sechs Monate waren die schlimmsten meines Lebens.«
Hesters Augen hatten sich verdunkelt. »Nach einer Weile bekam ich die Dinge so in den Griff, dass ich den zweiten Job aufgeben konnte. Ungefähr um diese Zeit herum rief Allan wieder an. Es war das erste Mal, dass ich von ihm hörte, seit er mich verlassen hatte. Er war sehr liebenswürdig, benahm sich, als wären wir lediglich alte Bekannte, und erzählte mir, er gehe nach Alaska, um dort zu arbeiten. Nachdem er aufgelegt hatte, rief ich einen Anwalt an und wurde dann sehr schnell geschieden.«
»Das muss eine wirklich schwere Zeit für dich gewesen sein. Hättest du nicht nach Hause zu deinen Eltern gehen können? Die hätten doch Verständnis gehabt.«
»Ja und nein. Ich war lange Zeit so außer mir vor Wut, dass ich niemanden sehen wollte. Als die Wut endlich erstarb, hatte ich die Dinge in den Griff bekommen.«
»Ist er nie gekommen, um Red zu sehen?«
»Nein, nie.«
Er fasste ihr unters Kinn und küsste sie zart. »Er weiß nicht, was er da verpasst hat.«
Wie selbstverständlich legte sie ihm eine Hand an die Wange. »Dasselbe könnte ich von der Frau in New Orleans sagen.«
»Danke.« Er knabberte an ihren Lippen, die leicht nach Champagner schmeckten. »Dessert?«
»Hmm?«
Ihr geistesabwesender Seufzer erweckte in ihm eine Art Triumphgefühl. »Lassen wir es ausfallen. Ich denke, wir sollten noch einen kleinen Spaziergang machen.«
Die Luft war beißend kalt und fast so berauschend wie der Champagner. Hester war warm, und sie hätte meilenweit laufen können, ohne den Wind und die Kälte zu spüren, solange nur Mitch den Arm um sie gelegt hielt und die Richtung bestimmte.
Sie wusste, es würde ihr nicht schwerfallen, sich in ihn zu verlieben. Die Zeit verlor an Bedeutung, die Lichter schienen heller, die Gebäude waren kleiner, und mitten im Winter glaubte sie den Duft von Blumen zu riechen. Das alles hatte sie schon einmal mit aller Intensität verspürt, aber geglaubt, es nie mehr wieder erleben zu dürfen. Und als eine innere Stimme ihr sagen wollte, das könne oder dürfe nicht sein, da ignorierte sie diese Stimme. In diesem Augenblick war sie nur eine Frau.
Mitch hielt sie warm im Arm, und sie konnte den starken, gleichmäßigen Rhythmus seines Herzens spüren. Sie hob den Kopf, und ihre Lippen waren nur eine Handbreit von seinen entfernt. »Alles ist anders heute
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