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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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leise. Dabei sah sie Semjonow an, und er nickte ihr zu.
    Jefimow schüttelte den Kopf. »Was soll ich bei euch?«
    »Einen Handel werde ich aufmachen, Maxim Sergejewitsch«, erklärte Semjonow. »Er wird auch dich ernähren.«
    »Ich bin Russe.« Jefimow umklammerte das Lenkrad. Weiß waren seine Knöchel, so sehr preßte er die Finger um das gerillte Holz. »Ich könnte woanders nicht atmen.«
    »Karpuschin wird dich bestrafen!« rief Ludmilla. »Er wird schnell erfahren, daß du uns über die Grenze gebracht hast.«
    »Gibt es einen einsameren Ort als dieses Kisyl-Polwan, mein Vögelchen?« Jefimow versuchte ein schwaches Lächeln, aber nur ein Grinsen wurde daraus. »Soll er mich hinbringen, wo die Biber vor Einsamkeit weinen. Wer Sibirien und Kisyl-Polwan kennt, dem ist jeder Ort auf dieser Welt ein Paradies …«
    Ein Brummen in der Luft ließ sie aufschrecken. Von Bajram-Ali her schwirrte es durch die Luft, eine in der Morgensonne glitzernde Libelle, mit blitzenden, kreisenden Flügeln und einem großen gläsernen Kopf.
    »Karpuschin!« schrie Semjonow und sprang aus dem Wagen. Er riß die Tasche mit Nadja an sich und zerrte Ludmilla vom Sitz, die mit großen Augen hinauf in den Himmel starrte. »Ich habe es geahnt!« brüllte Semjonow. »Nimm das Kind und lauf in die Felsen, wirf dich hin, verkriech dich …« Er zog Ludmilla von der Straße, aber sie lief nicht, sondern krallte sich an seinem Hemd fest.
    »Ich gehe nicht ohne dich!« schrie sie.
    Semjonow schüttelte sie ab wie ein Hund einen Wassertropfen und nahm die Nagan in die Hand. Jefimow war ebenfalls aus dem Jeep gesprungen, nun lief er zu ihnen, die Tokarev an die Brust gedrückt.
    »Keinen Sinn hat's!« rief er. »Ein Militärhubschrauber aus Samarkand ist es. Ich kenne sie genau. Zwei MGs haben sie an Bord! Was wollt ihr da mit eurer Nagan?« Schwer atmete er, als er Semjonow die Tokarev gab und die fünf Reservemagazine. »Dort hinauf!« keuchte Jefimow. »Seht ihr den Pfad? Hintereinander müßt ihr gehen, so schmal ist er. Aber überall sind kleine Höhlen ausgewaschen. Niemand kann euch sehen aus der Luft, wenn ihr euch an die Felsen haltet. Der Pfad endet plötzlich in einer Schlucht, die von zwei Bergen gebildet wird. Dort müßt ihr hindurch. Jenseits des Berges ist dann Persien. Ein Umweg von sieben Werst ist es. Aber niemand kann dort kontrollieren. Ein Weg ist's, den die Bauern den Teufelstritt nennen …«
    Jefimow starrte in den Himmel. Karpuschins Hubschrauber kreiste über den fünf Häusern von Kisyl-Polwan, drehte dann ab und flog in geringer Höhe die Straße entlang.
    »Los!« schrie Jefimow. »Lauft!« Er sah Ludmilla an, und er wußte, daß er sie zum letztenmal sah. »Gott mit dir«, sagte er leise, beugte sich vor und küßte sie dreimal nach alter russischer Sitte auf die Wangen. Dann liefen Semjonow und Ludmilla in die Felsen, die lederne Tasche mit der kleinen Nadja zwischen sich. Jefimow rannte zurück zu seinem Jeep und war bereits auf der Rückfahrt, als der Hubschrauber über ihm kreiste und donnernd einen Augenblick in der Luft stehenblieb.
    »Er ist allein!« rief Karpuschin in der gläsernen runden Kanzel des Hubschraubers, nahm seinen Kneifer und putzte ihn mit zitternden Fingern. »Abgesetzt hat er sie schon, über die Grenze sind sie … eine halbe Stunde zu spät, Genossen.« Er sah hinüber zu den schneeglänzenden Bergen und beugte sich zu dem Piloten. »Fliegen Sie weiter, Leutnant! Immer die Straße entlang. Wir werden sie noch sehen und aus der Luft mit den MGs erschießen …«
    Der junge Leutnant sah schnell zur Seite und flog eine Schleife. »Das wäre eine Grenzverletzung, Genosse General«, entgegnete er ruhig.
    »Was geht mich die Grenze an?« schrie Karpuschin und schlug mit der Faust gegen die gläserne Kanzel. »Drehen Sie bei, Leutnant! Die Straße entlang! Einen Dreck gebe ich für diese Grenze.«
    »Es wird diplomatische Verwicklungen geben, Genosse General. Protestnoten.«
    »Die Finger sollen sie sich wundschreiben und ihre Ärsche am Konferenztisch durchwetzen … wenn Semjonow tot ist, macht ihn kein Protest mehr lebendig! Und das allein ist wichtig! Ich werde mir mit den iranischen Noten den Hintern wischen! Fliegen Sie nach!«
    Karpuschin war außer sich. Er röchelte vor Wut, und rot wie eine Tomate war sein rundes Gesicht.
    »Ich werde in Samarkand anfragen, ob ich die Grenze überfliegen darf«, sagte der junge Leutnant kalt. Noch immer flog er Schleifen und kreiste über derselben

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