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Liebesnöter

Liebesnöter

Titel: Liebesnöter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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auf.
    Er hatte recht. Und was interessierten ihn Inger, Malin und Moritz? Seine Welt war das Reich der Phantasie. Und vielleicht noch die Welt der Liebe.
    Bei diesem Gedanken lächelte sie und freute sich auf die kommende Nacht.

Mittwoch
    »Ben, ich muss dir etwas sagen.«
    Am anderen Ende der Leitung war es still.
    »Ben? Bist du noch da?«
    »Ich bin da.« Seine Stimme klang sonderbar. Anders als sonst, tiefer. Er räusperte sich. »Ist es so weit?«
    »Was ist so weit?«
    »Willst du dich von mir trennen?«
    Die Frage war so direkt, so treffend, dass Ella einen Moment sprachlos war. Eine schwerwiegende Frage. Wollte sie das wirklich? Wollte sie sich wirklich von Ben trennen, nur wegen einer Bekanntschaft? Einer Affäre? War es das überhaupt, eine Affäre? Ihre Gedanken gingen zurück. Es war eine wunderschöne Nacht gewesen, prickelnd bis in die Zehenspitzen, aber sollte sie deshalb ihre Liebe zu Ben aufkündigen?
    »Es ist etwas vorgefallen«, sagte sie.
    »Ich habe mir das schon gedacht.«
    »Warum?«
    »Du hast dich nie gemeldet, und wenn, dann hast du anders geklungen.«
    So gut kannten sie sich also. Konnte man eine solche Beziehung aufgeben? Würde es Roger seiner Frau erzählen? Oder seiner Freundin oder wem auch immer?
    »Es ist einfach passiert.«
    »Was genau ist passiert?« Er klang traurig, hoffnungslos.
    »Ich habe einen anderen Mann kennengelernt.«
    Es war kurz still.
    »Liebst du ihn?«, wollte Ben wissen.
    Ella wollte es nicht, aber sie musste lachen.
    »Wie kann man jemanden lieben, den man eben erst kennengelernt hat?«
    »Aber du warst mit ihm im Bett.«
    »Ja, das war ich.«
    »Das ging schnell.«
    Ella sagte nichts. Ja, das war wirklich schnell gegangen.
    »Es tut mir leid.«
    Wieder war es still.
    Es tut mir leid, hatte sie gesagt. Ja, es tat ihr wirklich leid. Alles tat ihr leid. Dass es mit Ben so gekommen war, dass sie ihn nicht mehr wie früher lieben konnte, dass sich ihre Gefühle so verändert hatten – auch ohne Roger wäre es zu Ende gegangen. So war es eben nur schneller passiert.
    »Wenn du dich in unserer Beziehung noch wohlgefühlt hättest, wäre es nicht passiert?«
    »Dann wäre es sicher nicht passiert.«
    »Warum?«
    Warum? Eine Handydiskussion zwischen Deutschland und Schweden, dachte sie. Woran scheiterten Beziehungen? Dass sich einer zu wenig geliebt fühlt, die kleinen Erwartungen nicht erfüllt werden, die großen auf die lange Bank geschoben, dass man sich selbst belügt, indem man sich Dinge an dem anderen schönredet. Und wenn eine verliebte Frau in ihrem Partner den Traummann sehen will, dann tut sie das bedingungslos, bis sie plötzlich ernüchtert feststellt, dass sie ihn idealisiert hat.
    In den letzten Monaten hatte sie ihn idealisiert. Sie wollte ihn nicht so sehen, wie er wirklich war.
    »Es hat sich eingeschlichen, Ben. Und ich kann meine Gefühle nicht ordnen, aber ich will dir und mir nichts vormachen.«
    »Wird das eine längere Geschichte … mit ihm?«
    Sie sah ihn vor sich, sein treues Gesicht und die traurigen Augen. Aber sie durfte jetzt nicht einknicken. Mitleid war eine schlechte Basis für eine Beziehung.
    »Es hat mit ihm nichts zu tun, Ben, er war nur gerade zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.«
    »Was kann ich tun?«
    »Lass uns darüber reden, wenn ich zurück bin. Und mach dir keine Sorgen um mich. Ich bleibe die Alte, und du bleibst so oder so in meinem Herzen.«
    Sie meinte, was sie sagte. Ben war tief in ihr verankert. Aber eben nicht ihr Mann für die Zukunft.
    »Es tut weh«, sagte er.
    »Mir auch«, entgegnete sie.
    Als Ella das Smartphone weglegte, war es ihr regelrecht übel, und sie wusste, dass es Ben ähnlich ging. Sie hatte die Nacht bei Roger verbracht, wenig geschlafen, viel geliebt und erstaunlich viel geredet. So empfand sie es wenigstens. Er war ein Romantiker, das hatte sie nun verstanden. Seine Welt war irgendwie zweigeteilt. Auf der einen Seite blutrünstige Krimis, auf der anderen Seite die heile Welt der Liebe, der Freunde, der Familie. Einer, der abends die Kerzen anzündet und seine Liebste bei Vollmond in den Arm nimmt.
    Jetzt stand sie in ihrem Zimmer und drehte sich langsam um die eigene Achse. Dort lockte ihr aufgedecktes, unberührtes Bett. Es war acht Uhr morgens, Roger wollte sich einige Schauplätze anschauen, das brauche er für seine Handlung, hatte er ihr erklärt. Ella war sich nicht sicher, was sie wollte. Doch, eigentlich wusste sie es: Sie hätte große Lust, Inger anzurufen und nach Moritz zu

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