Liebesschloesser
Dusche oder in der Küche. Natürlich finde ich es geil, wenn er so spontan über mich herfällt. Es ist auch nicht so, dass ich ihm da irgendeine Art von Widerstand entgegensetzen würde. Schnell, unkompliziert und befriedigend. Der zeitliche Aufwand ist obendrein gering. Trotzdem sehne ich mich danach, mich stundenlang mit ihm im Bett zu räkeln, mich um seine empfindlichen Stellen zu kümmern, bis er um Erlösung bettelt. Ich möchte ihn verwöhnen und verwöhnt werden. Verdammt, ich liebe seine Hände auf meiner Haut, seine Lippen an meinen Nippeln … Aber dafür habe ich einfach keine Zeit.
Sie unterhalten sich noch immer. Martin lacht und ich fühle so etwas wie Eifersucht. Er hat so ein tolles Lachen, aber ich habe es schon lange nicht mehr gehört. Wann haben wir das letzte Mal richtig miteinander geredet? An mehr als Die Wurst sieht komisch aus und der Kaffee ist alle kann ich mich gar nicht erinnern. Und natürlich an den beschissenen Streit wegen dieses Erdbeerzeugs und wegen der furchtbaren Ausstellung, zu der Martin unbedingt wollte.
Ich versuche mir einzureden, dass mich nicht interessiert, wer da vor unserer Tür steht. Ich muss mich konzentrieren, damit ich endlich fertig werde.
Kaum habe ich die Finger auf der Tastatur und den Faden einigermaßen wiedergefunden, fliegt die Tür auf und Martin kommt fröhlich pfeifend herein. Mein Grummeln bleibt mir im Halse stecken, als ich den riesigen Strauß roter Rosen in seiner Hand sehe. Ein cremefarbener Umschlag steckt deutlich sichtbar zwischen den Blüten.
Martin geht an mir vorbei, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Er pfeift stattdessen eine bescheuerte Melodie vor sich hin. Ich starre ihm reglos hinterher, kann die Augen nicht von den Blumen lassen. Er legt sie mit einem kleinen Seufzer auf den Tisch und geht zum Sideboard hinter mir. Es klirrt leise. Ich drehe mich auf meinem Stuhl, beobachte, wie er fast in den Schrank hineinkriecht, um von ganz hinten eine dunkelgrüne Vase hervorzuholen. Ich wusste gar nicht, dass wir so etwas besitzen. Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, dass wir schon jemals Blumen in unserer Wohnung hatten. Ich kaufe so ein Zeug jedenfalls nicht. Nicht mal zum Geburtstag … Blumen sind vielleicht in einer Parkanlage ganz schön anzusehen … von mir aus auch auf dem Friedhof, aber auf gar keinen Fall in der Wohnung.
Mit der Vase in der Hand geht Martin, immer noch pfeifend, aus dem Zimmer. Er ignoriert mich. Staunend sehe ich ihm hinterher und versuche zu begreifen, was hier gerade passiert. Erneut wandert mein Blick zu den Blumen auf dem Tisch. Sie sind ein Fremdkörper, gehören da nicht hin. Sie gehören überhaupt nicht in unsere Wohnung. Ich habe das Gefühl, dass eine echte Bedrohung von ihnen ausgeht. Vermutlich bin ich auf dem besten Weg durchzudrehen, wenn ich mich von Blumen bedroht fühle.
Aber es sind nicht die Blumen, es ist die Botschaft, die sie übermitteln, und das, was möglicherweise in dieser Karte steht. Dieser seidig glänzende Umschlag verhöhnt mich geradezu. Einen Moment denke ich darüber nach, aufzustehen und die Karte aus diesem monströsen Strauß zu ziehen … Aber noch ehe ich mich entscheiden kann, kommt Martin ins Zimmer. Er stellt die Blumen in die Vase und nimmt die Karte heraus. Dann drückt er sein Gesicht in die roten Blüten, zieht lautstark die Luft ein und entlässt sie seufzend. Ich spüre ein heftiges Ziehen in meinem Magen.
Er nimmt den Umschlag vom Tisch und holt den Inhalt heraus. Ich kann die Karte nicht richtig erkennen, aber da sind ebenfalls rote Rosen drauf. Viel zu schnell steckt Martin die Karte in die Hosentasche. Fast, als würde er den Inhalt vor mir verheimlichen wollen. Aber das Lächeln in seinem Gesicht ist nicht zu übersehen.
Es brodelt heftiger in meinem Bauch. Dieses Lächeln mit den winzigen Grübchen, die dabei entstehen, ist nicht für mich bestimmt gewesen. Martin hat für jemand anderen gelächelt! Das fühlt sich beschissen an. Noch immer hat er kein Wort zu mir gesagt, geschweige denn, mich angesehen. Das muss er auch gar nicht, denn die Intention eines solchen Straußes ist nicht schwer zu erkennen. In meinem Inneren schlagen Flammen, verbrennen mich regelrecht. Mein Herz klopft heftig in meiner Brust. Ich halte die erdrückende Stille nicht länger aus.
„Von wem sind die Blumen?“
„Kennst du nicht!“, antwortet er schnippisch. Er sieht mich noch immer nicht an, zupft stattdessen an den Rosen herum. Ich schließe die Augen
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