Liebeszauber an der Algarve
fürchte, ich bin die Letzte, die Geschäftsfrau werden sollte. Ich bin weder clever noch ehrgeizig.“
„Dass Sie nicht clever sind, glaube ich nicht. Immerhin haben Sie einen Universitätsabschluss.“
„Fakten lernen und sie so erklären, wie es das Hochschulsystem will, kann jeder. Manche mögen das clever nennen, was allerdings nicht bedeutet, dass man intelligent ist.“
Im nächsten Moment brachten die Ober das Essen, und Marco kam die Unterbrechung seines Gesprächs mit Grace ganz gelegen, weil er dadurch etwas Zeit hatte, seine Gefühle einzuschätzen. Je länger er mit dieser außergewöhnlichen Frau zusammen war, desto mehr fesselten ihn ihre natürliche Schönheit und ihre Klugheit. Sein Wunsch, mit Grace zu schlafen, sie noch näher kennenzulernen, wurde immer stärker.
Als sie wieder allein waren, hob Marco sein Glas. „Saúde!“ Er lächelte. „Das heißt ‚Auf Ihr Wohl!‘“
„Prost!“, antwortete sie und stieß mit ihm an.
Marco hatte sie im Salon allein gelassen, um mit Inês das Abendessen zu besprechen, zu dem er sie eingeladen hatte. Das seltsame Gefühl, in einen Hollywoodfilm geraten zu sein, wollte einfach nicht weggehen. Sie war in einem schönen Restaurant mit Meeresblick fürstlich von einem Mann bewirtet worden, dessen Foto wahrscheinlich schon in jeder Zeitung und jedem Lifestyle-Magazin auf der Welt erschienen war.
Selbst wenn sie sich in den Arm gekniffen hätte, hätte Grace es kaum geglaubt. Marco Aguilar war so gut aussehend und charismatisch, dass viele Frauen vermutlich sogar für das Privileg bezahlt hätten, einfach nur dazusitzen und ihn zu bewundern, ihn reden zu hören.
Vielleicht hatte ihr der Wein die Augen geöffnet. Jedenfalls war ihr schon vor dem Hauptgericht klar geworden, dass sie sich mehr als nur ein wenig zu Marco Aguilar hingezogen fühlte. Allein der Gedanke jagte ihr Angst ein. Weil es absurd war. „Welten trennen sie“, sagte man über Menschen, die keinerlei Gemeinsamkeiten hatten. Das traf ohne Weiteres auf Grace Faulkner und Marco Aguilar zu.
Jetzt, während die noch immer heiße Sonne durch die offenen Balkontüren schien, saß Grace auf einem der eleganten Sofas und schaffte es kaum, gegen die bleierne Müdigkeit anzukämpfen. Schon gar nicht konnte sie sich in dem Zustand gegen die Überredungskünste ihres Gastgebers wehren, der wollte, dass sie länger blieb und mit ihm zu Abend aß.
Ich sollte wirklich nach Hause, dachte sie schläfrig. Offensichtlich hatte sie sich nicht völlig von der Erschöpfung erholt, die sie nach ihrer Rückkehr aus Afrika befallen hatte. Sie musste diesen Urlaub ausnutzen und sich richtig ausruhen. Deshalb sollte sie jetzt sofort gehen.
Beim halbherzigen Versuch, aufzustehen, sank Grace wieder zurück aufs Sofa, weil ihre Beine sie einfach nicht trugen. Ihre Sandaletten rutschten ihr von den Füßen, als sie den Kopf auf das Seidenkissen sinken ließ und einschlief …
„Schon gut, mein Kleiner, jetzt bin ich ja da. Ich halte dich fest, bis du einschläfst, ich verspreche es.“
Das Baby im Arm, rieb sie sich die mit Tränen gefüllten Augen. Jeden Tag, wenn sie das Waisenhaus besuchte, blickte sie in die traurigen und zugleich hoffnungsvollen Gesichter der Kinder, die auf sie warteten. Es fiel ihr immer schwerer, sich wieder zu verabschieden.
Besonders lieb gewonnen hatte sie den kleinen Jungen, den man ihr vor einigen Tagen in die Arme gelegt hatte, nachdem seine Mutter an Aids gestorben war. Bei jedem Besuch ging Grace direkt auf ihn zu. Er war so leicht, zu lieben. Das war das Herzzerreißende. Er hatte es verdient, Eltern zu bekommen, die ihn anbeteten.
In der Gegend musste doch wohl ein nettes Ehepaar leben, das ihn adoptieren und ihm ein Zuhause geben konnte. Wie furchtbar heiß es war … An diese Hitze würde sie sich niemals gewöhnen …
Als sie aufwachte, stellte Grace erschrocken fest, dass sie nicht in Afrika im Waisenhaus war, sondern im luxuriösen Salon der Villa von Marco Aguilar. Sie schwang die Beine über die Sofakante, dann fasste sie sich einen Moment an die rechte Schläfe, weil ihr von der plötzlichen Bewegung schwindlig geworden war.
Schließlich sah sie auf und blickte direkt in Marcos dunkelbraune, von dichten Wimpern gesäumte Augen.
„Es tut mir so leid“, murmelte sie verlegen und wäre am liebsten im Erdboden versunken. „Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Einfach einzuschlafen! Vielleicht habe ich ein bisschen zu viel Wein getrunken.“
„Sie haben
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