Liebling, vergiss die Socken nicht
Sie blickte ihre Mutter an. »Ich kann nicht mal sagen, was ich im Moment will. In letzter Zeit ist es einfach nicht gut zwischen uns gelaufen.«
»Aber ist das ein Grund, eine Ehe zu beenden?« Sie zögerte, ehe sie fortfuhr, denn sie war sich bewusst, dass sie sich mit ihren Worten nicht gerade beliebt machte. »Weißt du, es ist schwer für ihn, dass du deine Flügel so plötzlich ausgebreitet hast.«
»Hätte ich es etwa lassen sollen? Habe ich kein Recht auf ein bisschen Freiheit?«
»Doch. Aber es ist alles so schnell und so öffentlich gegangen. Ich glaube, er ist ein bisschen eifersüchtig auf dein Talent.«
»Matt eifersüchtig auf mein Talent?« Ally lachte bitter. »O Mum, mach jetzt bitte keine Witze! Matt ist der Größte im Fernsehen.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob er das im Moment auch so sieht. Ich glaube, er ist ziemlich verunsichert. Er ist ein großes Risiko eingegangen, und bis jetzt hat es sich noch nicht ausgezahlt. Aber deine Karriere geht steil nach oben.«
Ally schlug die Hände vor ihr Gesicht. War sie tatsächlich viel zu sehr mit ihrem eigenen Erfolg beschäftigt gewesen? Sie wusste es einfach nicht mehr.
»Ally, Liebes«, sagte ihre Mutter in fast unterwürfigem Jon. «Möchtest du, dass ich gehe? Vielleicht willst du lieber allein sein.«
Ally blickte ihrer Mutter in die Augen. Ihr ganzes Erwachsenenleben lang hatte sie versucht, vor ihrer Mutter und ihren verdammenden Ansichten zu flüchten. Jetzt wollte sie plötzlich, dass sie blieb.
»O Mum«, sagte sie und kämpfte erneut mit den Tränen, die ihr einfach so über die Wangen liefen, »geh nicht weg, bitte nicht.«
Stumm hielt ihre Mutter sie einen Augenblick lang fest. Ihre Stimme stockte, als sie sagte: »Weißt du, Allegra, was ich erst jetzt über dich begriffen habe?« Ally erwartete schon halb eine ihrer grässlichen Moralpredigten, doch ihre Mutter steckte heute voller Überraschungen. »Du gehst nicht unter, egal was passiert. Und weißt du auch, warum?«
»Keine Ahnung.«
»Weil du viel stärker bist, als du denkst.«
Elizabeth war am nächsten Morgen als erste auf und machte sich summend in der Küche eine Tasse Kaffee. Zum erstenmal seit Jahren hatte sie das Gefühl, dass sie wirklich gebraucht wurde. Sie saß an dem sonnigen Frühstücksplatz und hatte einen Stapel Zeitungen neben sich gelegt. Bei ihrem begrenzten Einkommen erlaubte sie sich lediglich den Sunday Telegraph , doch hier gab es alles, selbst die richtig dreckigen Skandalblättchen. Vergnügt und voller Erwartung griff sie zur News of the World und ließ den restlichen Haufen für Ally liegen. Folglich bemerkte sie die fette Balkenüberschrift des Star nicht.
»Das solltest du besser mal lesen.« Belinda reichte Matt den Sunday Star über den weißen Holztisch auf ihrer Terrasse. Sie hatte gewusst, dass so etwas kommen könnte, aber jetzt, wo es passiert war, begriff sie auch, wieviel Schmerz dadurch verursacht wurde.
Ohne von der Lieblingsrubrik seiner Sonntagszeitung aufzusehen, nahm Matt die Zeitung. Erst dann warf er einen flüchtigen Blick darauf.
»Verdammt noch mal, sie hat‘s geschrieben!« Sein Magen krampfte sich zusammen. »Ohne eine Spur von Beweis.« Er überflog die Zeilen und schmiss die Zeitung auf den Tisch. »Fürchterlicher Journalismus. Nichts als Spekulationen. Keinerlei Fakten. Eine ungenannte Kollegin, die beobachtet hat, wie wir uns ›immer näher gekommen sind‹.« Er las weiter. »Großartig. Während Allys Stern steigt, geht meiner unter. Es ist alles mein Fehler, weil ich nämlich mit dem Erfolg meiner Frau und meinen sinkenden Einschaltquoten nicht fertig werde. Danke für die Blumen, Gloria Mizzi!«
Sunday
»Das glaubt doch kein Mensch.«
»Janey könnte es glauben. Und Jess auch. Ich muss mit ihnen reden.«
Er ging zum Telefon und wählte die Nummer. Zu seinem Ärger kam er wieder nicht durch. Ally musste den Hörer neben den Apparat gelegt haben. Ob sie wohl den Star gesehen hatte? Seine Hoffnung schwand, als ihm einfiel, dass sie diese Zeitung abonniert hatten.
Das ungewohnte Gefühl, wieder allein aufzuwachen, beschlich Ally auch an diesem Morgen. Den Anflug von Furcht davor, was ihr der neue Tag bescheren würde, bekämpfte sie mit einem ausführlichen Bad.
Während sie in der wohligen Wärme des Wassers lag, beschloss sie zunächst nach der Devise ›Abwarten und Tee trinken‹ vorzugehen. Es war noch zu früh, um über die Konsequenzen, die ein endgültiger Bruch mit sich brachte, nachzudenken, und
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