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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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sich. Ich wollte nur sehen, wie es Ihnen geht. Bereit für morgen?«
    Foday nickt.
    »Kann ich Ihnen was besorgen?«
    Foday schüttelt den Kopf. »Es sei denn, Sie bringen mir etwas Reis und Kassavagemüse.«
    Kai lächelt und schüttelt den Kopf. »Nein, aber hinterher können Sie alles essen, was Sie wollen. Kommt jemand von Ihrer Familie, um Blut zu spenden?«
    »Mein Onkel.«
    »Gut. Sagen Sie ihm, er soll Ihre Verlobte mitbringen. Wir warten schon alle darauf, sie kennenzulernen. Muss eine gute Frau sein. Hat sie eine Ahnung, was Sie ihretwegen alles auf sich nehmen?« Das ist ihr privater Witz, die fiktive Verlobte, Fodays Träume von Heirat und Kindern.
    Foday lacht kurzatmig. »Damit Sie sie mir ausspannen können? Besorgen Sie sich erst mal selbst eine Verlobte, dann kriegen Sie meine zu sehen!«
    Kai lächelt. »Schlafen Sie gut. Wir sehen uns morgen.«
    Auf dem Weg nach draußen nickt er der Nachtschwester zu, die, ihr Kreuzworträtselheft vor sich, am Schreibtisch sitzt. Sie hebt den Kopf und erwidert sein Nicken.
    In dieser Nacht träumt er von der Brücke. Das Geländer im Kreuz. Ein Gesicht dicht vor seinem. Gebrüll. Und Schmerz, wie von einem Klauenhammer an seinem Hinterkopf. Der Druck an seiner Schläfe. Die quälende Lähmung. Dann das Gefühl von Schwerelosigkeit. Er wacht auf mit dem Geschmack von Blut und Metall im Mund, einem Klingeln in den Ohren, Bildern, die gegen den Außenrand seines Bewusstseins anstürmen. Erst als seine Cousine sacht an die Tür klopft, kommt er wieder zu sich.
    »Okay«, ruft er. Hört, wie sie sich entfernt, langsame Schritte in Richtung ihres Zimmers. Er setzt sich auf, befreit sich aus den verknäulten Laken und sucht nach dem leuchtenden Ziffernblatt seiner Armbanduhr. Halb fünf. Noch zwei Stunden. Er geht durch das schlafende Haus in die Küche, füllt sich ein Glas Wasser aus dem Stahlbehälter. Das Geräusch des ins Glas rinnenden Wassers weckt den Harndrang. Er öffnet die Hintertür. Der Mond steht hoch am Himmel. Sein gedrungener schwarzer Schatten folgt ihm über den Hof wie ein an seine Fersen geheftetes Tier. Unter der Bananenstaude entleert er seine Blase. Auf dem Weg zurück ins Haus bleibt er stehen und starrt ein paar Augenblicke lang in den Himmel, zu den milchigen Schlieren von Sternen. Er rollt den Kopf im Nacken. Er fühlt sich vollkommen, durch und durch wach.
    In seinem Zimmer liegt er schlaflos da und lauscht dem Ticken seiner Uhr, den Geräuschen der Nacht und bemisst die verbleibenden Minuten. Um sechs ist er immer noch da. Draußen verdichten sich die Geräusche mit dem Nahen des Morgengrauens, da jeder Haushalt sich für den Ansturm eines neuen Tages rüstet.
    Eine halbe Stunde später weckt ihn das erneute Anklopfen seiner Cousine aus dem Schlaf, ein lauteres beharrlicheres Klopfen diesmal. In der Küche viertelt er mit einem großen Messer geschickt eine Pawpaw, bietet seiner Cousine einen Schnitz an, die den Kopf schüttelt. Abass ist, mit auf dem Rücken hüpfendem Ranzen, schon gegangen. Vetter und Cousine essen ein paar Minuten lang schweigend, eigenen Gedanken nachhängend.
    »Hilfst du mir mit den Stühlen, bevor du gehst?«
    »Klar.«
    »Wir können es jetzt machen, zusammen.«
    Kai wedelt mit seiner Gabel. »Lass nur. Mach, was du zu machen hast. Ich erledige das, bevor ich gehe.«
    Sie spült ihre Kaffeetasse aus. »Bist du diesmal dabei?«
    »Mal sehen, wann ich Feierabend machen kann.«
    »Du weißt ja, du bist sehr willkommen.«
    »Danke.«
    Es ist jedes Mal das gleiche Spiel. Seit die Kirchenversammlungen bei ihnen zu Hause abgehalten werden, achtet Kai darauf, nach Möglichkeit nie zur selben Zeit da zu sein. Anfangs hatte er sich für seine Cousine gefreut, hatte ihr den Trost gegönnt, den sie im Gottesdienst fand. Doch neuerdings empfindet er die anderen Gemeindemitglieder, das gekünstelte furchtsam devote Gebaren, das sie in seiner Anwesenheit an den Tag legen, als zunehmend lästig. Dass er im Krankenhaus arbeitet, erfüllt sie mit Ehrfurcht und brünstiger Begier, ihn für ihre Sache zu gewinnen, und sie merken nicht, wie sehr er sie, ihren fieberhaften Fatalismus verachtet. Wohin man auch schaut, sprießen in der Stadt neue Kirchen aus dem Boden, auf jedem freien Flecken Erde, unter freiem Himmel, unter blau-weißen UN -Zeltplanen, in Privathäusern und leer stehenden Gebäuden.
    Nach dem Frühstück trägt Kai die Stühle vom Hof auf die Veranda und stellt sie in Reihen auf. Um halb acht ist er auf dem Weg ins

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