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LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

Titel: LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Everson
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beipflichten: Das Leben lief an ihm vorbei. Tag für Tag suchte er seinen Gedenkschrein auf, Joshs Zimmer. Und Nacht für Nacht wanderte er am Strand entlang und ließ all die Vorwürfe über sich ergehen, die dieser Ort der Erinnerung für ihn bereithielt. Es war wie eine Endlosschleife, die immer wieder an den Anfang zurückkehrte. Er war wie gelähmt und kam nicht vom Fleck.
    Evan ging in die Küche und wärmte sich einen Teller Rindergulasch vom Wochenende auf. Zumeist kochte ja Sarah, aber hin und wieder schnipselte er selbst ein wirklich leckeres Gulasch zusammen. Wenn das Fleisch ein paar Tage gezogen hatte, war es so vom Aroma der Gewürze durchdrungen, dass es unwiderstehlich schmeckte. Er saß am Küchentisch und starrte hinaus in die Reste der Abenddämmerung, während ihm das Fleisch förmlich auf der Zunge zerging. Es musste sich etwas ändern, das stand fest.
    Aber nicht heute Abend, machte er wenige Minuten später einen erneuten Rückzieher. Er zog seine Strandsandalen an und schlüpfte aus der Hintertür.
    Als Evan über den Butler Drive schlenderte und die trockenen, von Dornengestrüpp überwucherten Sandhügel erreichte, hinter denen der Strand begann, verursachte ihm die kühle Nachtluft eine Gänsehaut. Er stapfte durch den lockeren Sand bis zur Wassergrenze. Dann streifte er seine Sandalen ab, um am Ufer entlangzulaufen. Seine nächtlichen Spaziergänge waren zu einem festen Ritual geworden, seit er vor über zehn Jahren mit Sarah hierhergezogen war.
    Oberflächlich betrachtet ergab es keinen Sinn, dass ein Mann, der panische Angst vor dem Wasser hatte, sich ständig selbst quälte, indem er Abend für Abend direkt am Küstenstreifen flanierte. Doch das Meer an sich machte Evan nichts aus, solange man ihn nicht dazu zwang, hineinzugehen. Er liebte den Geruch nach Tang und Salz, der der Luft anhaftete, und es gab nichts Beruhigenderes als das leise, stetig wiederkehrende Tosen der Wellen. Nach seinen Ausflügen ans Wasser schlief er sofort tief und fest ein; früher zumindest, als er nicht anschließend noch Sarah aus der Kneipe abholen musste.
    Heute Abend ging er etwas schneller als sonst, einen Schritt entschlossener als bei einem bloßen Bummel. Er hätte sich zwar nie eingestanden, wohin er wollte, doch sein Ziel stand fest.
    Gull’s Point.
    Wie ein Schatten ragte die Felsnase vor ihm düster in der Dunkelheit auf. Tief im Innern machte sich die Hoffnung breit, dass er der Frau auch heute wieder begegnete.
    Evan hielt seine Sandalen fest umklammert. Er würde sie noch brauchen, um auf dem Felsen umherzukriechen. Die gut 800 Meter legte er in Rekordzeit zurück und wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn, als er den Fuß auf den Pfad setzte, der ihn zur Spitze des Felsens führen würde. Unentwegt lauschte er darauf, ob die Nachtluft nicht einen Hauch von Musik an ihn herantrug, doch er hörte lediglich das Rauschen der Brandung. Vorsichtig schlängelte er sich an den Felsen entlang, bis er das Ende der Landzunge erreichte – den flachen Aussichtspunkt, an dem sich die Frau in der letzten Nacht in die Wellen gestürzt hatte. War sie etwa ertrunken?
    Heute Nacht bekam er sie jedenfalls nicht zu Gesicht.
    Evan musste über sich selber lachen. Natürlich war sie nicht da. Falls seine Befürchtungen zutrafen, lag sie am Grund der Bucht. Früher oder später würde man ihren Leichnam entdecken, wenn er ans Ufer gespült wurde. Und falls Dr. Blanchards Theorie stimmte, handelte es sich um eine Hausfrau aus dem Ort, die er beim Nacktbaden überrascht hatte. Ihr würde die Angelegenheit so peinlich sein, dass sie sich bestimmt nicht noch einmal an derselben Stelle blicken ließ. Wie man es drehte und wendete, in nächster Zeit würde sie garantiert nicht hier auftauchen.
    Er setzte sich, lehnte sich zurück, beobachtete einen Moment lang den Mond und holte tief Luft. Er war schneller gelaufen, als er glaubte, um hierherzugelangen, und sein Atem ging stoßweise.
    Evan hatte Sarah nichts von der Frau im Meer erzählt. Weil sie wieder einmal betrunken gewesen war, als er nach Hause kam? Nein, es gab einen anderen Grund. Sarah neigte nicht zur Eifersucht, aber seit er diese Frau gesehen hatte – und es lag keineswegs an ihrer Nacktheit – empfand er irgendwie …
    Er begann leise vor sich hin zu summen, die gleiche Melodie wie in der letzten Nacht, kurz bevor die Fremde aufgetaucht war. Forever Now . Allein das Summen ließ Gefühle in ihm aufwallen, sodass er nach der ersten Strophe mitten

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