Lilith Parker
Der Posten des stellvertretenden Führers der Nocturi ist alles, was mir geblieben ist, und dafür bin ich auch bereit zu sterben.«
»Ja, sehr schön«, kommentierte Belial seine Worte trocken.»Das erleichtert das Prozedere natürlich. Du hast ihn gehört, Rebekka, er ist sogar selbst der Meinung, dass er den Tod verdient hat. Jetzt mach schon!«
Sie stand immer noch mit erhobener Hand vor Scrope und schien wie erstarrt zu sein. »Ich kann nicht«, wisperte sie. »Ich bin keine Mörderin.«
Vielleicht war das die Chance, noch einmal alles zum Guten zu wenden? Auch wenn es Lilith nicht leichtfiel, sie musste auf Rebekka zugehen.
Lilith legte ihr die Hand auf den Arm. »Irgendwie kann ich sogar verstehen, dass du wütend auf mich bist. Vielleicht würde es mir an deiner Stelle genauso ergehen, vielleicht hätte ich an deiner Stelle sogar genauso gehandelt â ich weiÃ, wie gut Belial andere beeinflussen kann. Aber jetzt ist dein Geheimnis gelüftet und du musst nicht mehr länger so tun, als seist du eine Socor. Denk an deine Mutter, sie glaubt an dich und an dein gutes Herz. Bitte, tu es nicht!«
Rebekka zeigte keinerlei Reaktion und Lilith glaubte schon, sie hätte sie überhaupt nicht wahrgenommen. Doch dann lieà Rebekka die Hand sinken und nickte ihr zu.
»Ich breche unseren Pakt, Belial«, sagte sie mit fester Stimme.
Er stöhnte genervt auf. »Du hast überhaupt keine Wahl! Wenn du es nicht freiwillig machst, zwinge ich dich dazu, genau wie bei Johnson. Du dummes Mädchen hättest dir von dem alten Mistkerl fast das Blut aussaugen lassen, wenn ich nicht die Kontrolle übernommen hätte.« Erneut hob er die Hand und strich von Weitem über Rebekkas Stirn. »Du gehorchst meinen Befehlen!«
Fassungslos musste Lilith mit ansehen, wie Rebekkas Gesichtsmuskeln erschlafften, ihre Augen von einem glasigen Schimmer überzogen wurden und seltsam entrückt wirkten.
Natürlich hätte ihr klar sein müssen, dass Belial seine dämonischen Kräfte einsetzen würde, doch damit schwand nun ihre letzte Hoffnung.
In das Gefühl der Machtlosigkeit mischte sich nun auch grenzenlose Wut. Sie fuhr zu Belial herum. »Ich werde morgen verbannt und muss das Bernstein-Amulett abgeben, Sie haben sich an mir gerächt und ich werde dank Ihnen niemals mehr hierher zurückkehren können. Warum sind Sie denn immer noch nicht zufrieden? Sie haben gewonnen! Wieso hören Sie nicht endlich auf, mich zu quälen? Weshalb soll jetzt auch noch Scrope sterben?«
»Weil dies dein Todesurteil bedeutet«, stieà er eiskalt aus. »Niemand würde darüber hinwegsehen, dass du den stellvertretenden Führer der Nocturi umgebracht hast. Und dein Motiv wird für alle sofort auf der Hand liegen: Scrope war es, der dir das Leben hier zur Hölle gemacht hat, er wollte dich morgen aus deinem geliebten Bonesdale verbannen. Grund genug für eine verrückte Banshee, jemanden zu töten, nicht wahr?«
»Gib ihm nicht das Amulett!«, ermahnte Scrope sie erneut, doch seine eigene Stimme klang brüchig. »Denk daran, dass wir beide eine groÃe Verantwortung für unser Volk tragen. Verlier jetzt nicht die Nerven!«
Verlier jetzt nicht die Nerven?, wiederholte Lilith ungläubig in Gedanken. Hatte Scrope sie nicht mehr alle? Wennes je einen Grund gab, die Nerven zu verlieren, dann in dieser Situation und dabei war sie â verdammt noch mal â erst dreizehn Jahre alt! Liliths Hände krallten sich ineinander fest, ihre Fingernägel gruben sich tief in ihre Haut.
Belial stellte sich neben Rebekka und Scrope, seine dämonische Macht wirkte und die schwarzen Nebelschlingen legten sich über sie. Scrope ging widerstandslos und ohne jegliche Gesichtsregung vor Rebekka in die Knie. Die beiden waren wie Marionetten, nur dass ihr Puppenspieler kein amüsantes Schauspiel, sondern einen grausamen und tödlichen letzten Akt mit ihnen aufführte.
Auf Belials Befehl hin legte Rebekka Scrope die rechte Hand auf das Herz und beugte sich mit gespitzten Lippen über seine Stirn.
Lilith stockte der Atem. Das Grauen, das sich vor ihren Augen abspielte, blockierte jeden Muskel in ihrem Körper. Wie erstarrt stand sie da und Tränen der Hilflosigkeit liefen über ihr Gesicht. »NEIN!«
Sie hatte einen Entschluss gefasst. Ein Entschluss, der wahrscheinlich dumm und unvernünftig war,
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