Lilith Parker
sie den Schulhof verlieÃen. »Ein Gruselfilm kommt im Fernsehen, für den eines ihrer Bücher als Vorlage gedient hat. Sie würde sich freuen, wenn ihr kommt und wir ihn uns gemeinsam ansehen.«
»Super!«, freute sich Lilith. »Ich komme auf jeden Fall.«
Sie liefen die Devilstreet entlang, in der an diesem Tag besonders geschäftiges Treiben herrschte. Alle bereiteten sich schon auf die bevorstehende Weihnachtszeit vor und die Geschäfte wurden unter dem Motto »Creepy Christmas« umdekoriert: An den Türen hingen Stechpalmenkränze und Weihnachtsbäume wurden aufgestellt, die mit Kometenkürbissen, Mini-Skeletten mit Flügeln und Fledermäusen mit Weihnachtsmannmützen geschmückt waren.Aus einem der Geschäfte drang Musik und Lilith glaubte, einen Kinderchor gerade das Lied »Stille Nacht, grausige Nacht« singen zu hören.
»Wir können leider nicht kommen«, widersprach Emma. »Heute ist nämlich die Dorfversammlung.«
Matt zog eine Grimasse. »Seltsam, meine Mutter und ich haben gar keine Einladung bekommen«, frotzelte er. Er wusste ganz genau, dass die OâConners niemals anerkannte Mitglieder der Dorfgemeinde sein würden, auch wenn Matt, im Gegensatz zu seiner Mutter, den wahren Grund für die ablehnende Haltung der Einwohner kannte.
Lilith lieà enttäuscht die Schultern hängen. »Och ne, können wir die Versammlung nicht schwänzen?«, maulte sie. »Das wird bestimmt total langweilig.«
»Es ist sogar noch viel schlimmer, als du es dir vorstellst«, bestätigte Emma unumwunden. »Allerdings finden die Versammlungen nur vier Mal im Jahr statt und du müsstest schon einen guten Grund dafür haben, nicht zu kommen. SchlieÃlich geht es dabei nicht nur um die Belange von Bonesdale, sondern auch um die der Nocturi. Insofern solltest du als Trägerin des Bernstein-Amuletts etwas mehr Begeisterung an den Tag legen und heute Abend nicht das gleiche Gesicht machen wie jetzt.«
»Wieso? Was mache ich denn für ein Gesicht?«
»Du siehst aus, als ob du gerade erfahren hättest, dass du den Rest deines Lebens einen sprechenden Pickel auf der Stirn haben wirst.«
»So besser?« Lilith entblöÃte ihre Zähne und zog mühsam die Mundwinkel nach oben.
Emma zuckte zurück. »Das ist ja gruselig! Damit könntest du als neue Attraktion im Spukhaus arbeiten. Dann mach lieber das angeödete Gesicht, ansonsten erschrickt noch jemand.«
Lilith seufzte geschlagen auf. »Na schön, dann gehe ich eben zu dieser langweiligen Versammlung.« Sie wandte sich an Matt. »Vielleicht könnt ihr den Film aufzeichnen und wir verschieben es auf einen anderen Tag?«
Er warf ihr einen aufmunternden Blick zu. »Das lässt sich bestimmt machen.«
Als Lilith nach Einbruch der Dunkelheit neben ihrer Tante auf dem Kutschbock über den Markplatz ratterte, lieà nicht allein die Kälte der Nacht sie frösteln. Am Himmel zeigte sich kein einziger Stern und ein eisiger Wind fegte durch Bonesdales Gassen. Zum ersten Mal würde Lilith an einer offiziellen Veranstaltung der Nocturi teilnehmen und sie fragte sich, was für ein Empfang sie wohl erwartete. Ob die Bewohner Bonesdales sie in ihrer Mitte willkommen heiÃen würden? Oder blieben sie so skeptisch und zurückhaltend, wie Lilith und Matt sie in den ersten Wochen erlebt hatten? Auch Mildred war sichtlich nervös, doch als Lilith sie darauf ansprach, behauptete ihre Tante, es läge an der Präsentation der neuen »Creepy Christmas«-Erfindungen, die die Bewohner des Seniorenstiftes vorbereitet hatten. Arthur, Regius, Sir Elliot, Isadora und Melinda saÃen hinten in der Kutsche eingequetscht zwischen allerlei Kartons und ihr anfängliches aufgeregtes Geschnatter war nun gespanntem Schweigen gewichen.
Als Lilith hinter Mildred und Arthur die Stufen des Rathauses hinaufstieg und den Dorfsaal betrat, war sie im ersten Moment etwas enttäuscht. Der Raum glich eher einer alten Sporthalle und war nicht annähernd so groà und prunkvoll, wie sie erwartet hatte. Da Arthur und Regius darauf bestanden hatten, schon eine Stunde vor Beginn der Versammlung loszufahren, um ihre Präsentation vorbereiten zu können, war bisher kaum jemand hier. Einige Dorfbewohner standen zwischen den unbequem aussehenden Holzbänken herum und unterhielten sich, doch Lilith entging nicht, wie ihr Gespräch bei
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