Lilith - Wunschlos gluecklich
Haut sah gepudert aus. Auf ihren Lippen glänzte wieder eine dünne Schicht Lipgloss, und obwohl sie kein Parfüm benutzt hatte, strömte ein süßer Mandelduft in Lucs Lungen. Es war ihr Duft, einfach einzigartig, genau wie das Blau ihrer Augen, mit denen sie ihn gerade wieder durchdringend anstarrte.
»Da laut deinen Erzählungen Dschinn nicht schlafen, gehe ich davon aus, dass du vergangene Nacht wohl aus irgendeinem Grund ins Koma gefallen bist.« Sie scherzte, setzte aber eine grübelnde Mimik auf. Sie war gut gelaunt, das war schön. Sie war schön …
»Ich müsste einige Tage in Aslas verbringen, um all die menschlichen Empfindungen wieder loszuwerden.«
Lilith schüttelte kaum merklich, aber doch durch und durch abwehrend den Kopf. Luc war klar, dass Lilith ganz genau wusste, wie schwer es ihm mittlerweile fiel, sie zu verlassen.
»Ich würde gern Jordan besuchen. Kommst du mit?«
Luc spürte, dass es ihr Wunsch war, dass er sie begleitete, also nickte er und schwang sich aus dem Bett.
Nach einer kurzen Diskussion entschieden sie sich für den schnelleren Weg, um zu Jordan zu gelangen. Als Lilith startklar war, nahm Luc sie bei der Hand und es genügte ein kurzes Fingerschnippen, das sie sekundenschnell in eine der Damentoiletten des örtlichen Krankenhauses beförderte.
»An diese Art zu reisen könnte ich mich echt gewöhnen.« Lilith lachte und stieß die Kabinentür auf.
Bevor sie aber gemeinsam die Toiletten verließen, streifte Luc noch flugs seine stabile Hülle ab. Denn auch wenn, oder gerade weil ihn niemand außer Lilith sehen konnte, wäre es für andere Leute sicherlich etwas unheimlich gewesen, wenn sie mit ihm, also einer für sie unsichtbaren Wand, kollidieren würden.
»Es muss fantastisch sein …«, fuhr Lilith fort, »… auf die Schnelle nach … sagen wir mal Neuseeland zu hüpfen, nur um im nächsten Moment in Japan einzufallen. Oder Ägypten … Afrika … China … einfach überirdisch.«
So wie sie davon schwärmte, hörte sich Lucs Gabe des Materialisierens echt wahnsinnig toll an. Nur, dass er zu solchen Reisen eigentlich nie in der Lage war. Er befand sich leider immer genau da, wo sein Meister zugegen war, und ohne einen wünschenden Menschen lebte er in Aslas. Alles in allem war sein Leben also überhaupt nicht so gewaltig überirdisch, wie Lilith es sich ausmalte.
Als sie in den Gang zu Jordans Zimmer einbogen, sahen sie schon einige bekannte Gesichter. Rob und Damian lehnten am Ende des Ganges an einem breiten Fenster und schienen sich gedämpft zu unterhalten, während Camille und Bethany mit verschränkten Armen auf diesen absolut unbequemen Wartestühlen aus Plastik saßen und stur an die Decke stierten. Mercedes lief vor Jordans Zimmer auf und ab und entdeckte Lilith deshalb als Erste und stürmte auch sogleich auf sie zu.
»Lil … mein Gott, wie geht es dir? Wir haben uns solche Sorgen gemacht, nachdem ihr gestern Abend nicht im Cadillac aufgekreuzt seid.«
»Ja, verdammt«, bestätigte Camille, die nun auch herbeigeeilt war. »Was ist denn nur passiert?«
»Ich … ich weiß es auch nicht. Nicht so genau«, stotterte Lilith, die gerade von all ihren Freunden liebevoll eingekreist worden war. Luc blieb etwas abseits und beobachtete die ganze Szenerie. Wie schön wäre es, Teil dieses Kreises und ein ganz normaler Mensch zu sein. Er seufzte und sofort riskierte Lilith einen Blick über ihre Schulter.
»Was ist denn?«, erkundigte sich Bethany.
»Ach, nichts. Ich dachte, ich hätte etwas gehört. Ist nicht wichtig. Aber um auf Jordan zurückzukommen. Er hatte den Unfall, bevor er bei mir ankam. Ich war nicht dabei …«
»Gott sei Dank!« Bethany schluchzte und fiel Lilith erneut um den Hals.
»Jordan ist nie unpünktlich. Als er nicht wie gewohnt auf der Matte stand, war mir irgendwie mulmig zumute. Also versuchte ich, ihn auf seinem Handy zu erreichen, aber es ging nur seine Mom dran, und sie teilte mir mit, was grob passiert war. Könnt ihr euch das vorstellen? Ein Lastwagen hat ihm die Vorfahrt genommen. Die Polizei vermutet, dass der Fahrer wohl am Steuer eingeschlafen war und deshalb ungebremst in Jordans Fahrerseite gerauscht ist. Ich bin gestern Nacht sofort hergefahren … Also mein Dad fuhr mich. Es sah gar nicht gut aus. Die Ärzte gaben ihm keine Chance, aber irgendwie muss er sich zusammengerauft haben …«
»Ja.« Mercedes nickte. »Jordan war schon immer hart im Nehmen, er schafft das, da bin ich mir sicher!«
Die Tür zu
Weitere Kostenlose Bücher