LIMIT - reich, gewissenlos, tot
Burns. Dann sagte er: »Na los, holen Sie sich was zu trinken, Mickey. Amüsieren Sie sich. Vielleicht finden Sie ja eine reiche Witwe, die Sie umgarnen können.«
Hennessys umgängliche Art wich Entschlossenheit. »Ich trinke nicht, Horatio.«
Burns sah verlegen drein. »O Gott, manchmal bin ich so ein Trottel. Tut mir leid, Mickey. Das hab ich komplett vergessen. Nehmen Sie’s als Beweis für Ihre Standhaftigkeit.«
»Kein Problem«, sagte Hennessy. »Ich werde mich eben nach einer abstinenten Witwe umsehen.«
Burns schmunzelte. »So ist es recht. Cheryl Wise ist im Augenblick geschieden, soviel ich weiß.«
»Berühmte Schauspielerinnen spielen nicht ganz in meiner Liga.«
»Einen Versuch ist es immerhin wert«, sagte Burns. »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Etwas riskieren, aufs Ganze gehen! Das war schon immer meine Devise, Mickey. Warum nicht mal nach den Sternen greifen? Jemand muss schließlich gewinnen, die Nummer eins sein. Wer erinnert sich noch an den Typen, der als Zweiter oder als Dritter ins Ziel kommt? Kein Mensch!«
Hennessy nickte. Er kannte diese Rede.
Burns ging in die Küche und rief: »Isabel? Isabel, bist du hier drin?«
Hennessy saß mit mehreren Inhabern globaler Sicherheitsfirmen und deren Ehefrauen zu Tisch. Er tauschte Belanglosigkeiten mit ihnen, während zartrosa gebratenes Bisonfilet an Chiantisauce sowie Waldhuhn in Rosmarin und Thymian serviert wurde. Auch während des Desserts – Cannoli mit sechs unterschiedlichen Füllungen, eine sizilianische Spezialität von Küchenchef Giulio – ließ er sich nicht anmerken, dass ihn etwas bedrückte.
Nachdem der Kaffee serviert worden war, gossen Kellner den Gästen Champagner in die Kristallflöten. Hennessy winkte ab. Burns hatte ihn zu einem Drink aufgefordert.
Was sollte das denn?
Sein Chef wusste nicht erst seit heute, dass er alkoholkrank und tablettensüchtig gewesen war. Als Hennessy sich bei Burns und Gregg Foster um den Job beworben hatte, hatte er mit ihnen hauptsächlich über seine Sucht gesprochen.
Macht sich eigentlich irgendjemand Gedanken um mich?
, fragte sich Hennessy, plötzlich verbittert.
Bin ich denn so unbedeutend?
Er sah sich um. Fast alle nippten am köstlichen Champagner und genossen sichtlich dessen prickelnde Frische. Hennessy hatte den Geschmack auf der Zunge und lechzte nach einem Glas. Da läuteten bei ihm die Alarmglocken.
Er hatte noch nie in einer ausgelassenen Runde, in der unbeschwert getrunken wurde, einfach so mitfeiern können. Das war schon immer so gewesen, vom ersten Drink in der Highschool an. Er faltete die Hände und starrte in seine Tasse, auf den Kaffeesatz, fühlte sich von Dämonen verfolgt, die er längst besiegt zu haben glaubte.
Was ist schon ein kleiner Schluck Champagner?
, zischelten sie ihm zu.
Seine Freunde im Entzug hatten recht: Sogar noch nach zwanzig Jahren Nüchternheit lauerte die Gefahr, rückfällig zu werden, auf Schritt und Tritt. Im März wären es fünf Jahre, seit Hennessy sich den letzten Drink genehmigt und die letzte Tablette geschluckt hatte.
Das will ich mir nicht vermasseln.
Er entschuldigte sich. Er musste an die frische Luft, seine Gedanken ordnen.
Auf einer Anhöhe, vierhundert Meter oberhalb des Clubhauses, kauerten die Männer unter ein paar Tannen und behielten den Eingang der Lodge im Auge. Noch immer herrschte heftiges Schneetreiben.
Der General blickte über die Schulter. »Radio«, sagte er zu einem der Männer. »Jetzt bist du dran.«
Radio stand ohne Zögern auf, streifte den Rucksack ab und stapfte durch den Schnee den Abhang hinunter. Im Gehen öffnete er den Reißverschluss seines Parkas. Hundert Meter außerhalb der Reichweite der Clubhaus-Lichter legte er Parka, Hose und Schneestiefel ab. Darunter trug er einen Smoking.
Während Mickey Hennessy auf dem Weg zur Treppe war, die ins große Atrium führte, sprang Horatio Burns auf die Bühne. Der Milliardär grinste, räusperte sich und blickte selbstzufrieden in die Runde.
»Wie ich sehe, haben Sie das Essen genossen«, sagte Burns und winkte in Richtung Küche, wo im Scheinwerferlicht Chefkoch Giulio in der Tür stand. »Ein herzliches Dankeschön an unseren Küchenchef Giulio Cernitori.«
Stürmischer Beifall im Saal. Hennessy blieb an der Eingangstür stehen. Mehrere Leute waren aufgestanden und riefen: »Bravissimo!« Der Koch grinste und riss in Siegerpose die Arme in die Höhe. Er holte sein Team aus der Küche; alle verbeugten sich.
Als der Beifall verebbt
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