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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Intrigantin.«
    »Nein, Lynn, Sie verstehen nicht, ich –«
    »Das machen Sie kein zweites Mal mit mir, hören Sie?«
    »Ich will doch nur –«
    »Schnauze halten. Was ist im Hals passiert?«
    »Aber das versuche ich Ihnen doch die ganze Zeit zu erzählen.«
    »Also was?«
    »Kokoschka. Er hat sich verraten! Er war es.«
    »Ko – Kokoschka?«
    »Ja! Er war Hannas Komplize.«
    »Dana!« Tim trat hinzu. »Ich bin's. Sind Sie da sicher? Er wollte mir, glaube ich, etwas geben.«
    »Keine Ahnung, aber stimmt, ja. Er wurde ziemlich wütend, als Sie ihm keine Beachtung schenkten, einiges schien nicht so zu laufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Dann – unmittelbar, nachdem Sie und Lynn den Hals verlassen hatten, erschien Anand. Ich weiß nicht, was genau Sie rausgefunden hat und wie, aber sie sagte Kokoschka auf den Kopf zu, er sei der Agent, und Kokoschka – mein Gott, er verlor die Nerven. Er zog eine Waffe und erschoss zuerst sie, dann Chuck und Aileen, alles ging entsetzlich schnell. Ich versuchte ihm das Ding aus der Hand zu schlagen, dabei lösten sich Schüsse, einer der Sauerstofftanks spuckte plötzlich Feuer und – ich bin nur noch gerannt, nur raus, bevor die Schotts sich schlossen. Er kam mir hinterher, blieb stecken. Brannte. Die Empore brannte, alles. Ich –« Lawrences Stimme verebbte. Als sie weitersprach, rang sie hörbar um Fassung. »Es ist mir gelungen, ihn rauszuholen und das Schott zu schließen, die Flammen auf der Empore zu löschen, aber –«
    »Was ist mit Ihnen? Um Himmels willen, geht es Ihnen gut?«
    »Danke, Tim.« Sie hustete dumpf. »Ich hab wohl ein bisschen viel CO 2 in die Lungen bekommen, aber es geht. Ich halte mich mit Sauerstoffmasken aufrecht, bis der Druck wiederhergestellt ist und die Schotts sich öffnen.«
    »Und – Kokoschka?«
    »Tot. Ich konnte ihn nichts mehr fragen. Leider.«
    Auf Heidruns und Walos Gesichtern zeichneten sich stummes Grauen und völlige Verständnislosigkeit ab. Lynn löste sich von der Konsole, wankte ein Stück in den Raum hinein, taumelte und krallte sich in die Lehne des Sessels.
    »Meine Schuld«, flüsterte sie. »Alles meine Schuld. Das ist alles nur meine Schuld.«
     
    Schon seit Längerem hatte sich Nina Hedegaard gefragt, ob Julian wohl ein Wiedergänger des Grafen von Saint Germain war, jenes veritablen Alchimisten und Abenteurers, »der niemals stirbt und alles weiß«, wie Voltaire einst an Friedrich den Großen geschrieben hatte, und welcher geheimnisvollen Elixiere und Essenzen er sich bedienen mochte, um über unbegrenzte Zeiträume hinweg die Kraft und Ausdauer eines Dreißigjährigen zu entfesseln. Während ihrer zwei Semester Geschichte – mehr aus Versehen absolviert, weil erblüht auf dem Humus einer kurzzeitigen Liaison zu einem Historiker – war der mysteriöse Graf Hedegaards Lieblingsfigur gewesen. Ein genialer Hasardeur, Weggefährte Casanovas, Lehrer Cagliostros, ein Mann, an dessen Lippen selbst die Pompadour gehangen hatte, weil er vorgab, im Besitz eines Aqua benedetta zu sein, das den Alterungsprozess stoppe. Irgendwann zu Beginn des 18. Jahrhunderts geboren, offiziell 1784 gestorben, schworen Biografen Stein und Bein, ihm noch bis ins 19. Jahrhundert begegnet zu sein. Reich, eloquent, charmant und hinter der Fassade des Weltverbesserers durch und durch gewissenlos – das konnte nur Julian sein! Im 21. Jahrhundert betrieb der Graf von Saint Germain eine Raumstation und ein Hotel auf dem Mond, machte wie eh und je aus Erde Gold, indem sein alchimistischer Genius Helium-3 in Energie verwandelte, Kohlenstoffröhren statt Diamanten erschuf, die Welt zum Narren hielt und das Herz einer kleinen, dänischen Pilotin brach.
    Entkräftet von Selbstmitleid und sechs Nächten in Folge, deren Ablauf von Sex, unergiebigen Gesprächen über eine gemeinsame Zukunft, wieder Sex, grübelndem Wachliegen und ohnmachtartigen drei Stunden Schlaf bestimmt gewesen war, hatte es sie schließlich vom Pool in den Ruheraum getrieben. Sie verspürte nicht die geringste Lust, ein weiteres opulentes Dinner im Selene zu sich zu nehmen und die goldige Reiseleiterin zu mimen. Es stand ihr bis zu den Haarwurzeln. Entweder, Julian legte ihre Beziehung offen, noch auf dem Mond, oder er konnte am Aristarchus-Plateau verfaulen. Ihr Unmut schwoll zu einem Stausee der Wut. Sie konnten nicht kommunizieren? Die Ganymed meldete sich nicht? Letzte Sichtung des Grafen 2025? Na, wenn schon! Es war nicht an ihr, ständig hinterfragen und suchen zu müssen. Sie

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