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Lincolns Träume

Lincolns Träume

Titel: Lincolns Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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ist, was er dir gegeben hat?«
    »Du verstehst mich nicht. Sie werden mich unter Drogen setzen.«
    »Man kann dir nichts ohne deine Einwilligung geben.«
    »Aber Richard hat es getan. Ich kann in kein Krankenhaus gehen. Die Träume sind wichtig. Sie sind überhaupt das Wichtigste.«
    »Annie…«
    »Nein, jetzt mußt du mir zuhören, Jeff. Ich bin draufgekommen, daß er mir etwas gibt, als du angerufen hast. Als ich aufwachte und ans Telefon ging, war ich so benommen, und dann hast du mich gefragt, ob Richard mir irgendwas geben würde. Ich wußte, das mußte es sein. Aber ich habe dir nichts gesagt.«
    »Warum nicht?« fragte ich sanft.
    »Weil die Träume dadurch aufgehört hatten.« Ihre Hände waren eiskalt. Ich rieb sie behutsam zwischen meinen Händen. »Als du anriefst, hatte ich den ganzen Nachmittag über geschlafen, und ich hatte keinerlei Träume gehabt. Dann riefst du an und erzähltest mir vom Sonderbefehl 191, und ich wollte nicht einmal zuhören. Ich wollte einfach nur weiterschlafen. Ich wollte für immer schlafen.«
    »Das kam vom Thorazin«, sagte ich.
    »Ich wollte für immer schlafen, aber ich konnte nicht. Sogar unter dem Einfluß von Thorazin, sogar wenn ich schlief, wußte ich, daß die Träume wichtig waren und daß ich sie träumen mußte. Deshalb bin ich hergekommen. Weil ich wußte, daß du mir helfen würdest. Ich wußte, daß du mir würdest sagen können, was die Träume bedeuten.«
    »Annie, hör zu!« Ich schaute ängstlich in ihre blaugrauen Augen, um zu sehen, ob die Pupillen geweitet waren. Sie waren es nicht. Die Augen blickten klar und wach. Vielleicht hatte sie wirklich nur ein paar Tage lang unter Thorazin gestanden. »Läßt du mich wenigstens Brouns Hausarzt anrufen? Er ist kein Psychiater oder etwas in der Art. Er ist einfach nur praktischer Arzt.«
    »Er wird Richard anrufen.«
    »Nein, das wird er nicht«, sagte ich und wünschte, ich könnte mir dessen sicher sein. Wenn ich ihm sagte, daß Richard einer Patientin ohne deren Wissen Thorazin gegeben hatte, würde er sogleich denken, es handele sich um eine Geisteskranke. Er würde Richard anrufen, und Richard würde ihm sagen, sie sei hochgradig instabil und leide an Verfolgungswahn. Er würde die Onkel-Doktor-Stimme gebrauchen, und Brouns Arzt würde ihm glauben. Und was dann? Würde er Annie ins Schlafinstitut zurückbringen, oder würde Richard auftauchen und sie holen?
    »Laß mich dir wenigstens einen Kaffee machen«, sagte ich und tätschelte ihre Hände. »Wir müssen diesen Mist aus deinem Körper herauskriegen.«
    Sie schlang ihre Finger um meine. »Erzähl mir von dem Pferd. Bitte.«
    »Es gehörte D. H. Hill. Es wurde unter ihm zusammengeschossen.« Ich hielt ihre Hände fest, als erwartete ich, daß sie sie mir wegziehen würde. »Seine Vorderbeine wurden abgeschossen.«
    »Sah Lee, wie es passierte?«
    »Ja«, sagte ich. »Ich wollte dir nicht glauben, als du mir von Tom Tita und Hills rotem Hemd und dem verschwundenen Befehl erzähltest«, sagte sie mit immer noch ruhiger Stimme, doch ihr Griff wurde fester. »Aber ich wußte, daß es stimmte, selbst unter Thorazin. Ich erkannte die Bedeutung der Träume am Abend des Empfangs, sobald du mir von der Villa Arlington erzählt hattest, aber ich wollte es nicht glauben.«
    Sie senkte den Kopf, bis er beinahe unsere Hände berührte. »Dieser arme Mann!« sagte sie. »Durch das Thorazin habe ich die meiste Zeit geschlafen, und selbst wenn ich wach war, kam es mir so vor, als würde ich schlafen. Es war wunderbar. Vorher hatte ich nicht schlafen können, weil ich mich so sehr davor fürchtete, von dem Soldaten im Obstgarten zu träumen, und jetzt konnte ich schlafen und schlafen und träumte überhaupt nicht. Es war wundervoll. Ich war so froh, daß Richard es mir gegeben hatte.«
    Sie blickte zu mir auf. »Aber selbst’ im Schlaf dachte ich noch daran, wie schrecklich es gewesen sein muß, daß man damals kein Thorazin hatte, daß es nichts gab, um diese schrecklichen Träume zu beenden. Er muß sie wieder und wieder geträumt haben, bis er ebenfalls Angst vor dem Einschlafen hatte.« Sie hielt meine Hände so fest umklammert, daß es schmerzte. »Und deshalb muß ich die Träume träumen, deshalb bin ich zu dir gekommen. Du mußt mir helfen, sie zu träumen. Damit er etwas Schlaf bekommt.«
    »Wer?« fragte ich, wußte aber schon die Antwort.
    »Robert E. Lee. Es sind seine Träume, nicht wahr?« sagte sie, und es war nicht einmal eine Frage. »Ich träume Robert

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