Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
Vom Netzwerk:
den dünnen Hals hängen, damit er durch den nächsten Winter kommt. Außerdem trägt er die Haare oberhalb seiner Klassensprecherfresse in der betonierten Form eines Playmobilmännchens. Ich nicke ihm zu und überlege, ihm eine Walnuss zuzuwerfen, als die schwangere Nora nach vorn drängt und damit beginnt, meine Freundin zu herzen.
    »Hallo, Liebes. Mensch, wir haben uns ja ewig nicht gesehen … Wie lange ist das her? Vier, fünf Jahre? Hihihi-Hähähä.«
    Ich kann an Janas Gesicht ablesen, dass sie diesen Zeitraum auch gerne noch länger ausgeweitet hätte. Doch sie zwingt sich zu einem Lächeln und herzt halb gar zurück.
    »Absolut, Nora. Lass dich anschauen.« Nora dreht sich, und Jana erkennt ihre eigene Kleidung an ihr wieder. »Du siehst … du siehst … toll aus.«
    »Findest du?« Nora dreht sich wie ein Brummkreisel um die eigene Achse. »Habe ich mir neu gekauft.«
    »Wirklich?«, piept Jana in aufreizend hoher Tonlage. »Also nein, wo du diese Kleider immer findest. Die würden mir auch gefallen.«
    Das Playmobilmännchen kommt auf mich zu und grinst mich mit dem unschuldigen Gesicht eines Salamibrötchentauschers vom Schulhof an.
    »Schwanz.«
    »Wie bitte?« Ich glaube, mich verhört zu haben. Hat der Typ mich eben beleidigt und mich tatsächlich als Schwanz bezeichnet? Das gibt’s doch nicht. Mut hat er ja. Kommt hier dünn wie eine Dehnungsfuge hereingeschneit und sucht gleich mal Stunk. Im nächsten Moment streckt er mir jedoch einen Playmobilarm entgegen.
    »Schwanz. Falco Schwanz.«
    Zunächst zögere ich noch. Will er mich verarschen? Seine Worte klingen aber ernsthaft und wenig provokativ. Erst langsam verstehe ich, dass seine beschwanzte Ansage keine Beleidigung, sondern einen Namen darstellt. Seinen Nachnamen. Jetzt weiß ich, warum Jana das Thema nicht weiter ausführen wollte. Zur Sicherheit frage ich dennoch nach.
    »Schwanz?«
    »Ja. Falco Schwanz.«
    »Du heißt echt Schwanz? So wie Glied?«
    »Genau. Aber ist schon okay. Das passiert ständig, wenn ich mich vorstelle. Weißt du, im Umfeld von Apolda ist das kein seltener Name. Da gibt es ganz viele Schwänze.«
    Falco Schwanz. Ich sehe den Namen wie bei einer PowerPoint-Präsentation vor meinem inneren Auge auf und ab hüpfen. Und ich dachte, mein Name wäre schon eine Strafe. Reiß dich zusammen, Robert, sage ich mir und versuche, das Gespräch wieder auf ein unverfänglicheres Thema zu lenken, um einem Lachanfall zu entgehen.
    »Und was machst du so, Falco?«
    Herr Schwanz blickt mir mit größtmöglicher Ernsthaftigkeit in die Augen und antwortet wahrheitsgetreu: »Ich bin Besamer.«
    »Du bist was?«
    »Besamer.«
    »Was?«
    Herr Schwanz buchstabiert mir das Ganze.
    »Be. E. Es. A. Em. E. Er. – Besamer.«
    Okay, ich habe mich also nicht verhört. Er sagte wirklich Besamer. Sogar drei Mal. Das ist zu viel für mich. Bestatter, die Loch heißen, und Ärzte, die den Nachnamen Pfusch ihr Eigen nennen, sind mir schon suspekt, aber das setzt dem Ganzen doch wohl die Krone auf. Ich spüre, wie sich ein Aufschrei in meiner Kehle ballt. Mit aller Kraft versuche ich, ihn zu unterdrücken.
    »Du heißt Schwanz und bist Besamer?«
    »Ja.«
    Ich kann mich zwar beherrschen, aber ein klitzekleiner Spruch muss doch drin sein: »Okay, Falco. Ich meine, ich sehe ja, dass Nora schwanger ist, aber das ist doch trotzdem kein richtiger Job.«
    Falco Schwanz versteht jedoch keinen Sarkasmus. Stattdessen schüttelt er seine Playmobilfrisur. »Nein, das verstehst du falsch. Ich besame keine Menschen …«
    »Ach sooooo, ich dachte schon.«
    »… sondern Pferde. Ich besame Stuten.«
    »Ist das nicht verboten? Sex mit Tieren?«
    »Aber doch nicht mit meinem Sperma, Robert. Ich befruchte die Stuten künstlich mit Hengstsperma für Zuchtprogramme. Dazu führe ich das Sperma mit meinem Arm künstlich in die Stute ein.«
    Ich weiß nicht, welchen Gedanken ich gerade ekliger finde: dass Falco die Pferdchen bespringt oder dass er mit seinem Arm bis zur Schulter in Black Beauty abtaucht.
    Nora dagegen scheint schrecklich stolz auf den Beruf ihres Verlobten zu sein, und sie nickt eifrig zu Falcos Ausführungen. »Und nicht nur das, Robert«, sagt sie. »Falco vertreibt dazu auch Stutenmilchprodukte. Die sind wahnsinnig gesund. Egal, ob als Balsam für die Haut oder als Tee … Wir haben bestimmt auch was für euch zum Probieren dabei.«
    »Ach, ich weiß nicht …« Ich winke dankend ab. »Ich bin eher so ein Kamille- und Hagebuttentyp.«
    Jana rettet mich und

Weitere Kostenlose Bücher