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Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Und so bleibt uns nur eine Entscheidung übrig, um noch zu retten, was zu retten ist: Wir müssen zur standesamtlichen Trauung von Nora und Falco nach Apolda! Wir sind sogar zum Äußersten bereit und reisen ein paar Tage früher an, um Falcos Geheimnis doch noch lüften zu können. Und so rollen wir mit dem Auto einige Tage später vorbei an Fulda, Eisenach und Weimar nach Apolda. Ganz nebenbei stellen wir einen neuen Pinkelrekord auf. Jana musste bislang sage und schreibe sieben Mal an einer Raststätte auf die Toilette. Und da sie dafür immer einen Sanicare-Wertbon einlöste, hat sie auf ihrem Schoß eine beachtliche Anzahl von Süßwaren angehäuft.
    »Mir ist schlecht, Robert.«
    »Von was das wohl nur kommt?«, scherze ich.
    »Ja, ich weiß. Außerdem muss ich schon wieder auf die Toilette. Können wir irgendwo halten?«
    »Schon wieder? Wir waren doch erst vor zehn Minuten.«
    »Ich bin schwanger und such mir das ja nicht aus. Wie lange brauchen wir denn noch?«
    Das blaue Autobahnschild am Straßenrand erklärt uns, dass unser Ziel nur noch zwanzig Kilometer entfernt liegt.
    »Laut Schild müssten wir bald da sein. Warte, ich tippe sicherheitshalber die Zieladresse ein.«
    Gerade als ich den Holunderweg 21 in Pfiffelbach bei Apolda in das Navigationsgerät eingeben möchte, kommen mir berechtigte Zweifel.
    »Sag mal, ist unser Navi überhaupt osttauglich? Oder hätte ich mir aus dem Netz erst noch irgendeine Erweiterungsoption herunterladen müssen?«
    »Robert, wir fahren nach Apolda und nicht nach Kirgisien. Logisch ist das da drin.«
    »Pfiffelbach klingt aber nicht sehr navigationsfreundlich.«
    »Es wird schon drin sein.«
    »Na, wenn du meinst.«
    Ich nicke und tippe den Straßen- und Stadtnamen komplett ein: Apolda , das Paris Thüringens, die flirrende Metropole oder wie ein weiteres Schild am Straßenrand erklärt: Apolda – die Glockenstadt.
    »Apolda«, lese ich langsam mit der Impulsivität einer Narkosespritze und ernte dafür einen Schubser vom Beifahrersitz.
    »He, jetzt hör doch mal auf. Du sprichst hier immerhin von meiner Heimatstadt. Ich bin dort geboren und aufgewachsen.«
    »Ich sag ja gar nichts«, antworte ich und murmele: »Ich wüsste auch gar nicht, was man über Apolda sagen sollte.«
    Das Murmeln war jedoch laut genug, dass Jana sich dazu genötigt sieht, ihre Heimatstadt erneut zu verteidigen.
    »Apolda hat echt einiges zu bieten.«
    »Ach, wirklich?«
    »Ja.«
    »Was denn?«
    Jana richtet sich auf, nestelt an ihrem Gurt herum und spitzt die Lippen. Offenbar sucht sie gerade selbst verzweifelt nach irgendwelchen Argumenten für ihre These.
    »Na ja, zunächst mal ist Apolda echt schön.«
    »Echt schön?«, plappere ich nach. »Ist das alles, was du zu bieten hast? Echt schön? Das macht sich bestimmt super in einer Werbebroschüre: Kommen Sie nach Apolda, weil Apolda … ist echt schön.«
    »Du bist doof.«
    »Dann sag mir mal, was Apolda Schönes hervorgebracht hat? Künstler? Politiker oder wenigstens einen brauchbaren Fußballer?«
    Jana reckt ihren Zeigefinger empor. »Immerhin wurde in Apolda der Dobermann erstmalig gezüchtet. Zählt das?«
    Ich bin nicht wirklich beeindruckt und kann dies auch nicht leugnen. »Unbedingt.« Meine Antwort klingt ebenso sarkastisch, wie sie gemeint ist. Ich führe Janas Idee weiter aus. »Die Erfolgsgeschichte des Dobermanns. Eine Errungenschaft, ohne die die Welt und Deutschland nicht mehr dieselbe wären. Was zählen schon Einstein, Goethe oder Bismarck, wenn doch in Apolda der Dobermann gezüchtet werden konnte.«
    »Ich sag ja, du bist doof.«
    Wir schweigen eine Zeit lang, dann gebe ich Jana eine weitere Chance, mich von unserem Ausflug nach Thüringen zu überzeugen. Bislang war ich noch nie in den neuen Bundesländern. Ich möchte gut vorbereitet sein.
    »Sag mal, Jana, was muss ich eigentlich noch wissen? Für meine Mission benötige ich vielleicht noch ein paar Interna und Informationen. Gibt es irgendwelche Familienangehörige, vor denen ich mich besonders in Acht nehmen sollte?«
    »Meinst du das jetzt ernst, oder willst du mich nur wieder verarschen.«
    »Todernst«, beteuere ich.
    »Na gut. Mal sehen, wen haben wir denn da alles?« Jana überlegt. Dann zählt sie mit ihren Fingern laut mit. »Als Erstes hätten wir da meinen Opa, Karlo Gurke. Er hat zwei Töchter. Meine Mami und Peggy, die Mutter von Nora.«
    »Die komplette Gurkentruppe also.«
    »He, du wolltest mich nicht verarschen.«
    »Sorry. Und dein Opa ist was für

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