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Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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baumeln lassen. Wir bieten Ihnen außerdem folgende Vitalanwendungen: Schröpfbehandlung – Atemtherapie-Relaxmassage – Russische Honigmassage – Ganzkörper-Schokoladenbad – Hot Stone – Indianische Ohrenkerzenbehandlung – Maniküre/Pediküre.
    O der besuchen Sie einfach unsere Sauna- und Solarienlandschaft.
    Es ist Viertel vor acht. Genug Zeit also bis zu dem Treffen mit den Schwänzen. Ich blicke an meinem schneeweißen Milchglas-Körper hinab.
    Ein wenig Sonne würde mir weiß Gott nicht schaden.

35 Nutella-Wellness
    F rau Helga Herrmann, so wird sie mir auf ihrem Namensschild vorgestellt, sitzt im Wellnessbereich unter einem Messingschild mit der Aufschrift Rezeption/Wellnesstempel . Sie begrüßt mich mit einem gut geschulten Rundum-Lächeln. Das Wellnessprogramm ist bei Frau Herrmann aber allem Anschein nach kurz vor dem Mund eingestellt worden, denn ihre Zahnsammlung ist eine Art Gebissadventskalender: Hinter jedem Türchen wartet eine neue Überraschung.
    »Wunderschönen guten Tag. Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Ja, das können Sie in der Tat«, antworte ich ebenso höflich, »ich suche die Sauna- und Solarienlandschaft.«
    »Zweite Tür links, dort finden Sie auch die Umkleidekabinen und die Spinde für Ihre Kleidung.«
    »Okay, prima.«
    »Falls Sie sich auch für unsere Wellness-Pakete interessieren, wir hätten heute noch ein paar Termine für Indianische Ohrenkerzenbehandlung frei.«
    »Ich denke eher nicht.«
    »Eine halbe Stunde Ganzkörper-Schokoladenbad kann ich Ihnen auch noch anbieten.«
    Ich rümpfe die Nase und lehne ab.
    »Danke, auch das ist nicht so mein Fall.«
    »Wie Sie meinen. Dann wünsche ich Ihnen eine entspannte Zeit und viel Spaß bei uns.«
    Wieder schenkt sie mir ein Lächeln des Grauens, woraufhin ich sofort in die zweite Tür links abbiege. Was ich dort vorfinde, ist eher ernüchternd. Die Sauna- und Solarienlandschaft beschränkt sich auf eine schlichte Sechziggradsauna ohne Aufguss, dafür aber mit umso mehr Schweißflecken auf den Holzbänken und drei Solarien mit Automatenschaltung. Egal, eine kleine Runde in der Klapp-Karibik dürfte meinem Teint guttun und meinem Kreislauf ein wenig auf die Sprünge helfen. Ich entledige mich meiner Kleidung, verstaue sie im Spind und werfe eine Münze in den hintersten Automaten. Zwanzig Minuten sollten genügen. Die Tür zur Kabine ist bereits geöffnet. Ich besteige den Röhrensarkophag und schließe die Klappe über mir. Sofort beginnen die Lichter über mir zu wummern, und das Gefühl von Wärme breitet sich wohltuend aus. Selbst der kleine Süßemilch reckt fröhlich das Köpfchen in Richtung der wärmenden Halogenröhren. Ach, schau an, meine Libido kehrt zurück, denke ich, dann werden meine Augen auch schon schwer, und ich nicke ein.
    Der schrille Piepton eines Handys reißt mich aus dem Schlaf. Erschrocken fahre ich auf und stoße mir die Stirn schmerzhaft am immer noch ordentlich ballernden Gesichtsbräuner. Aua!
    »Nein, der Kundenservice kommt erst morgen Mittag«, bestätigt die bekannte Stimme von Frau Herrmann dem Anrufer. »Ja, ich habe ein Schild an die hintere Tür geklebt, das sieht jeder Trottel.« Dann verschwindet ihre Stimme wieder in Richtung Rezeption, und ich schiebe den Deckel des Assi-Toasters nach oben, steige aus und strecke mich wohlig. Dabei kratze ich mir über den Bauch und den Hintern und bewundere mich im Spiegel. Alles super. Nur zehn weiße Kratzstriemen zieren plötzlich meinen Bauch und gleichen sich nur sehr langsam wieder der bestimmenden Restfarbe Rot an, die meinen ganzen Körper ziert.
    Scheiße!
    Ich drehe mich um. Auch mein Arsch ähnelt mit den Kratzstreifen und dem obligatorischen weißen Arschdreieck eher einem Zebrastreifen als einem handelsüblichen Gesäß.
    Scheiße! Scheiße!
    Doch das Schlimmste wird mir erst allmählich bewusst. Der kleine Süßemilch! Meine vorfreudige Erektion hatte zur Folge, dass meine Eichel die ganze Zeit über eine geschlossene Einheit mit der Plastikummantelung der Röhren einging und nun mit dem feuerroten Kopf eines Zündholzes konkurrieren könnte.
    Scheiße! Scheiße! Scheiße!
    Sofort reiße ich die Tür auf und blicke mich Hilfe suchend um, kann aber nichts erkennen, was meine missliche Lage verbessern könnte. Doch etwas anderes sehe ich: das von Frau Herrmann angesprochene Hinweisschild, das mithilfe von Tesafilm an die Außentür der letzten Kabine geklebt und von mir daher leider übersehen wurde:
    BITTE NICHT BENUTZEN: ZEITSCHALTER

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