Lisa geht zum Teufel (German Edition)
halten?«, fragte Delia.
»Vielleicht ein Abendessen? Auf einer so großen Hazienda kann es manchmal recht einsam werden«, sagte er mit gespielter Leidensmiene.
Delia lachte. Lisa, Luke und Yolanda waren noch hier, ebenso Andreas und Mercedes, ganz abgesehen von einer Heerschar Dienstpersonal. Ein Dinner for two konnte er sich somit abschminken. Warum also nicht zusagen?
»Ich hatte schon immer Mitleid mit einsamen Männern«, sagte sie deshalb gut gelaunt.
»Also, bleiben Sie?«
»Vielleicht«, erwiderte Delia und war sich sicher, dass er sich im Moment wünschte, dass sie blieb.
Lukes gute Laune war regelrecht ansteckend und erinnerte Lisa daran, wie unbeschwert und glücklich ihr Leben in seinem Alter gewesen war. Für ihn gab es im Moment nur die gesattelten Pferde vor den Stallungen, die prächtigen Blumenstauden, die an den Gebäuden rankten, und den Flug eines Zitronenfalters, der sich sogar für einen Augenblick auf seinem Kopf niederließ. Warum nur verlor man im Laufe seines Lebens die Fähigkeit, im Hier und Jetzt zu leben und unbekümmert das Schöne zu sehen, wo es doch überall zu finden war? Sicher lag es daran, dass Kinder weniger Verantwortung zu tragen hatten und in jungen Jahren das Leben weniger komplex und kompliziert war. Vermutlich stand man sich aber auch selbst im Weg. Und wie sie sich in den letzten Jahren selbst im Weg gestanden hatte! Der ganze Stress, sich täglich möglichst gut verkaufen zu müssen, ob im Berufsleben oder privat – er war von ihr abgefallen. Das »Marbella-Debakel«, wie sie es nun begrifflich dingfest machte, hatte sich in Luft aufgelöst, genau wie ihre Freunde, die wahrscheinlich nie gute Freunde gewesen waren. Mit einem solchen Gefühl der Leichtigkeit gab es überhaupt keinen Grund mehr, diesen herrlichen Morgen nicht aus vollen Zügen zu genießen. Andreas war wohlauf und hatte mit Mercedes gemeinsam auf der Terrasse der Hazienda gefrühstückt. Die Zeichen standen also auf Neuanfang, und wie es schien, hatten sich selbst Delia und Felipe näher bekannt gemacht. Delia kam ihnen entgegen und wirkte bestens gelaunt, was nach einer Begegnung mit Felipe, insbesondere, wenn man sich als seine »Freundin« ausgegeben hatte, nicht selbstverständlich war.
»Morgen, Lisa«, begrüßte Delia sie, bevor sie sich Luke zuwandte. »Na, junger Mann? Freust du dich schon auf den Ausritt?«
»Und wie!« Luke strahlte übers ganze Gesicht, was weniger an Delias Frage als vielmehr daran lag, dass Felipe ihm bereits zuwinkte. Für den Jungen gab es kein Halten mehr. So schnell er nur konnte, lief er hinüber zu den Stallungen.
»Felipe scheint gut mit Kindern zu können. Das hätte ich nicht gedacht«, sagte Delia. »War er schon immer so?«
»Das kann ich nicht beurteilen. Wir hatten keine«, erwiderte Lisa und bereute ihre Freimütigkeit bereits.
Prompt frage Delia nach. »Wolltet ihr damals keine Kinder?«
»Er schon … aber … Es hat nicht geklappt«, erklärte sie und wechselte abrupt das Thema, in der Hoffnung, das Gespräch über Felipes Kinderwunsch nicht weiter vertiefen zu müssen. »Fährst du später mit mir zurück?«
»Er hat mich zum Abendessen eingeladen«, entgegnete Delia und lächelte dabei vielsagend.
Felipe auf Flirtkurs? Lisa überraschte das ganz und gar nicht. Delia sah gut aus. Sie war ihm gewachsen. So tickte Felipe nun mal.
»Wer weiß, vielleicht braucht er gelegentlich mal eine starke Hand«, sagte Lisa augenzwinkernd.
»Er hat auch Yolanda eingeladen«, schränkte Delia ein.
»Ich kenne Felipe …«, meinte Lisa nur.
Auch Delia blickte nun wieder zu ihm hinüber. Es war erstaunlich, mit welcher Hingabe er sich um Luke kümmerte.
»Lisa. Komm! Du musst dein Pferd noch satteln«, rief ihr Luke zu.
Felipe winkte ihr zu. Das Ganze hatte etwas von Familienidylle.
Wer weiß, vielleicht wäre ja alles ganz anders gekommen, wenn ich ihm den Kinderwunsch erfüllt hätte, überlegte Lisa, nahm sich aber vor, diesem Gedanken nicht weiter nachzugehen.
Kapitel 16
Roberta schien sich schnell an das neue Leben in wohnlichen Räumen gewöhnt zu haben, wenngleich fraglich war, ob man bei einem Zimmer in einer billigen Absteige in Madrid von »wohnlich« sprechen konnte. Für sie war im Vergleich mit ihrem Streunerleben ein Baststuhl mit einem weichen Kissen sicher purer Luxus. Wobei gegen weichen Sand auch nichts einzuwenden war, und dies nicht nur aus der Sicht einer Katze. Vielleicht vermisst sie es sogar, überlegte Rafael, setzte sich auf
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