Lisa geht zum Teufel (German Edition)
würde er ihnen nicht tun. Und Lisa schon gar nicht.
Rafael fiel ad hoc kein Tag in jüngster Vergangenheit ein, an dem er sich so gut gefühlt hatte wie heute; er war heiter und rundum zufrieden, was sicherlich auch daran lag, dass er Lisa einen unvergesslichen Moment bereitet hatte.
»Kann ich meine Steinschleuder jetzt wiederhaben?«, fragte der kleine Junge, von dem Rafael sie sich für einen Moment ausgeliehen hatte. Ein Deal unter Männern, die hinter einem Gebüsch am Wegrand nun Geld, einen Obolus von fünf Euro, gegen die Steinschleuder tauschten.
»Steck sie am besten ein, sonst denkt noch jemand, du warst das«, riet Rafael ihm.
Der Junge nickte verschmitzt, ließ die Steinschleuder in seiner Hosentasche verschwinden und ging zurück zum Losstand, wo Rafael ihn angesprochen hatte. Erst jetzt wurde Rafael so richtig bewusst, dass sich Felipe bei dieser Aktion auch das Genick hätte brechen können. Der Impuls, es diesem arroganten Schnösel heimzuzahlen, war stärker gewesen als die Vernunft, zumal Rafael bei dem Wortwechsel zwischen Felipe und Lisa klargeworden war, wer da vor ihm auf dem Pferd saß. Wie gut, dass er am Losstand auf Delia gewartet hatte und dort auf den Jungen getroffen war. Ein aufgewecktes Bürschchen, das den Nachmittag damit verbrachte, Passanten um Kleingeld anzuhauen, damit es sich Lose kaufen konnte. Hätte er ihm nicht erzählt, wie furchtbar enttäuscht er sei, bisher nur einen Trostpreis, die Steinschleuder, gewonnen zu haben, wäre Rafael um eine Genugtuung ärmer. Schicksalhafte Gerechtigkeit also, von oben orchestriert und amüsant noch dazu. Nun tauchte Delia aus dem Zelt auf und gesellte sich zu Lisa. Sie hatte die große Show leider verpasst – kein Wunder, angesichts der endlosen Schlangen vor den Frauentoiletten. In manchen Situationen war es eben doch ein Vorteil, ein Mann zu sein. Nun hielten beide nach ihm Ausschau. Rafael schlenderte gemütlich zu ihnen hinüber, als wenn nichts passiert wäre. Delia sah ihn zuerst.
» Felipe war hier, stellen Sie sich das mal vor. «, sagte Lisa aufgeregt.
»Felipe?«, tat Rafael verwundert.
»Taucht einfach aus dem Nichts auf. Sein Pferd hat gescheut und ihn abgeworfen. Dass ich diesen Moment noch erleben durfte«, frohlockte Lisa.
»Hoffentlich ist ihm nichts passiert«, sagte Rafael mit theatralisch besorgter Miene.
»Lasst uns noch ein bisschen herumlaufen, was essen, Spaß haben …«, schlug Delia vor.
»Mein Bedarf an Unterhaltung ist für heute gedeckt«, gestand Lisa. »Ich werde mir ein Taxi nehmen und nach Hause fahren. Aber Sie können ja noch bleiben. Vielleicht braucht Felipe ein wenig Trost …«
Rafael tauschte einen Blick mit Delia, die den Kopf schüttelte.
»Also, meinetwegen nicht …«, sagte sie.
»Ich bin auch nicht scharf darauf. Außerdem kommt Felipe bestimmt gut alleine klar«, sagte Rafael, und Delia verstand sofort, dass von nun an Distanz zu ihrem »Freund« Felipe angesagt war.
»Verdient hat er es ja«, sagte Delia prompt und erntete dafür von Lisa einen verwunderten Blick. »Er ist ganz schön über Sie hergezogen, und ich mag es nicht sonderlich, wenn man mich belügt«, erklärte Delia.
»Ach, ich bin also gar nicht so schlimm, wie er mich hingestellt hat«, schlussfolgerte Lisa und lächelte.
»Er hätte fairerweise auch Ihre netten Seiten erwähnen können«, fuhr Delia fort.
Rafael war dankbar, dass Delia nun sogar so etwas wie Verärgerung über Felipe erkennen ließ, auch wenn sie letztlich über Andreas sprach.
»Zu Hause hab ich noch jede Menge Sangria. Wäre doch schade, wenn ich die alleine trinken müsste«, bot Lisa an.
»Aber bitte ohne Zimt«, sagte Rafael, und Lisa lachte so herzlich auf, dass Rafael in diesem Moment immer sicherer wurde, die neue Lisa schneller als vermutet in sein Herz schließen zu können.
Kapitel 9
Um Mercedes glücklich zu sehen, lohnte jeder Aufwand, doch auch mit den kleinen Freuden des Lebens konnte man bei ihr punkten. Die Wahl der Schönheitskönigin schien ihr jedenfalls zu gefallen. Warum sonst spendete sie als eine der Ersten im Zelt Applaus, noch bevor der Moderator das Publikum dazu aufgefordert hatte? »Un gran aplauso para las contestadores«, schrie er frenetisch in die Menge. Dank Mercedes’ Stehvermögen hatten sie die besten Plätze ergattert, direkt vor der Bühne. Und das Beste an diesem Abend war die süße Erkenntnis, dass es keine der jungen Frauen, die sich bisher in allen möglichen Outfits, vom Abendkleid bis hin
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