Lisa geht zum Teufel (German Edition)
zum Bikini, auf der Bühne präsentiert hatten, mit seiner Mercedes aufnehmen konnte. Überhaupt war die Veranstaltung ein schöner Rahmen für einen gelungenen Abend. Andreas gefiel die Parade der Schönheiten, die gute Stimmung und Mercedes’ Lachen. Alles war perfekt – bis auf den Wermutstropfen namens Lisa, den er auszublenden versuchte, indem er sich einredete, dass Lisa früher oder später von seinem Angebot Gebrauch machen würde, allein schon, um die vermeintlichen Pläne seines Vaters zu durchkreuzen. Entscheidungen dieser Art fällte der Mensch in der Regel nicht nur nach rein ökonomischen Erwägungen. Alles war eine Frage der Psychologie, und wer wie er darin geschult war und ein Händchen dafür hatte, konnte sich ins Spiel des Lebens wagen, ohne fürchten zu müssen, dabei baden zu gehen.
»Das war wunderschön«, schwärmte Mercedes nach der Veranstaltung bei ihrem kleinen Stopp an einem der Tapas-Stände. Besser konnte man den jüngsten Verlauf des Abends nicht zusammenfassen, jedenfalls bis zu dem Moment, als sein Vater sich auf dem Handy meldete.
»Andreas! Wieso warst du die ganze Zeit nicht zu erreichen? Ich möchte dich heute noch sprechen. Persönlich – und zwar so schnell wie möglich.«
»Papaíto. Ist irgendwas?« So wütend hatte er seinen Vater schon lange nicht mehr erlebt.
»Es geht um das Haus«, sagte sein Vater geradeheraus.
Er musste irgendwie Lunte gerochen haben, dass etwas mit Lisas Verkaufsplänen nicht stimmte. Nur wie?
»Soll ich heute noch nach Jerez fahren?«, fragte Andreas kleinlaut.
»Ich bin in Marbella«, gab sein Vater mit eisiger Stimme zurück und beantwortete damit zugleich die Frage nach dem Wie. Er war also hier. Er musste Lisa besucht und mit ihr gesprochen haben.
»Puerto Banús am Leuchtturm. Sagen wir, in einer halben Stunde. Allein!« Klick. Er legte einfach auf.
»Was ist los?«, fragte Mercedes besorgt.
»Es ist geschäftlich … Ich bring dich zum Taxi. Fahr schon mal vor. Es dauert nicht lange«, versuchte er, sie zu beruhigen.
Mercedes nickte, ohne weitere Fragen zu stellen, und hängte sich bei ihm ein. Für sie lohnte es sich zu kämpfen – und wenn es mit seinem Vater war.
Lisa bereute keine Sekunde, Delia und Rafael noch zu einem abendlichen Umtrunk auf ihre Terrasse eingeladen zu haben. Zur Sangria gab es noch etwas Flamencomusik aus Delias tragbarer Stereoanlage – diesmal allerdings einen Tick leiser als zu Zeiten ihres kalten Kriegs, die ja noch gar nicht so lange her waren. Delia beherrschte den Tanz meisterhaft, soweit Lisa dies beurteilen konnte. Mit keinem anderen Tanz der Welt konnte man einer so breiten Palette an Gefühlen Ausdruck verleihen. Leid, Leidenschaft, Stolz, Mut, Trauer und Lebensfreude verschmolzen in Delias magisch anmutenden fließenden Bewegungen zu einem Ganzen. Das positive Lebensgefühl, das Delia dabei vermittelte, war äußerst ansteckend.
»Los, versuchen Sie’s doch auch mal«, sagte Delia und griff nach ihrer Hand.
An sich machte sich Lisa nicht gern vor Publikum lächerlich. Yolanda und Luke standen schon eine ganze Weile am Durchgang zum Nachbargrundstück und sahen in Delias Performance sicher eine Show, die man sich nicht entgehen ließ.
»Mach schon, Lisa, tanz für uns!«, forderte Yolanda sie nun auf.
Luke jubelte begeistert, und auch Rafael sah sie erwartungsfroh an.
Dieser blöde Gruppenzwang! Also gut, wenn sie schon mal ein Flamencokleid anhatte, konnte sie es auch angemessen nutzen. Es kostete sie trotzdem einige Überwindung, sich neben Delia zu stellen und ihren Bewegungen zu folgen. Yolanda und Luke klatschten im Takt der Musik. Es war gar nicht so schwer, wie sie dachte. Lisa stellte fest, dass man die Schritte sehr einfach erlernen konnte. Auf den Ausdruck kam es an, aber genau da haperte es. Im Nu kam Lisa sich wie ein Fremdkörper in ihrem Kleid vor, was Delia ihr ansah.
»Schauen Sie nicht auf meine Füße«, sagte Delia und legte ihre Hand auf Lisas Bauch. »Sie müssen es hier drin fühlen. Lassen Sie sich fallen, und sehen Sie mir nur in die Augen.« Zuletzt hatte Lisa so einen ähnlichen Spruch in Dirty Dancing gehört, aber im Gegensatz zu ihr tanzten Johnny und »Baby« Mambo, bei dem es genügte, verwegen mit der Hüfte zu wippen und sich dabei möglichst ernst und zu baldigem Beischlaf entschlossen in die Augen zu schauen. Flamenco erforderte jedoch facettenreicheren Körpereinsatz – und der war anstrengend. Lisa spürte, wie ihr Körper langsam gegen ihren Kopf
Weitere Kostenlose Bücher