Lisa geht zum Teufel (German Edition)
nachhaltig gestört, und wenn die Ereignisse ihn dazu zwangen, sich zwischen Andreas und Lisa entscheiden zu müssen, gab es keine Qual der Wahl.
Lisa schenkte Rafael noch etwas Sangria nach. Auch wenn es bereits spät war, wollte keiner von ihnen das gemütliche Beisammensein unter sternenklarem Himmel schon beenden. Auffällig war, dass Rafael und Delia immer schlechter über Felipe redeten, was sicherlich nicht nur der Sangria geschuldet war, die auch Lisas Zunge etwas gelockert hatte. Ein paar besonders markante Episoden aus ihrem Rosenkrieg, die sie Rafael und Delia nicht vorenthalten wollte, stellten Felipe, ihren »guten Bekannten« – von »Freund« war schon seit über zwei Stunden nicht mehr die Rede gewesen –, in einem völlig neuen Licht dar und resultierten schließlich in überraschender Solidarität, bis sie sich sogar gegenseitig das Du anboten.
»Also, mal ganz ehrlich. Jetzt, wo ich das alles weiß … Ich würde das Haus an deiner Stelle auch nicht mehr hergeben«, sagte Delia und blickte zu Rafael hinüber, der einhellig nickte.
Felipes Plan war gescheitert. Und das war noch einen Schluck wert.
»Nach heutigem Scheidungsrecht würde dir das Haus sowieso gehören«, fuhr Delia fort. Auch damit hatte sie recht, aber nachdem sie allein »schuld« am Scheitern ihrer Ehe gewesen war, hatte »sein« Richter das damals natürlich anders gesehen.
»Wir haben das Grundstück sogar gemeinsam ausgesucht, und ich hab alles geplant, von unseren Möbeln bis zum Garten … Damals hatte er hier noch ein Büro. Wir wollten hier leben«, erinnerte Lisa sich diesmal mit wesentlich weniger Bitterkeit, als es sonst der Fall war.
»Was ist damals passiert?«, fragte Delia ohne Umschweife. »Du hast ihn immerhin geheiratet.«
»Anfangs lief auch alles gut. Ich hab sogar in seiner Firma gearbeitet, für jede Menge Umsatz gesorgt. Als Deutsche hatte ich einen viel besseren Zugang zu seinen überwiegend deutschen Kunden. Wir waren ein Team, aber er hat sich im Laufe der Zeit verändert, ging immer mehr auf Abstand«, erklärte Lisa.
»Das ist nichts Ungewöhnliches«, sagte Delia. »Ich kenne viele dieser Geschichten von meiner damaligen Kundschaft.«
»Ich dachte, du …« War Delia nun Therapeutin oder eine Prostituierte gewesen?
»Redest du etwa nicht vor oder nach dem Sex?«, fragte Delia prompt. »Die meisten meiner Kunden wollten sowieso nur reden. Zumindest diejenigen, die verheiratet waren.«
»Was haben die Männer dir erzählt?«, fragte Lisa. Wer weiß, vielleicht konnten Delias Erfahrungen ihr dabei helfen, Felipes damalige Veränderungen besser zu verstehen.
»Die übliche Leier. Sie hätten sich ›auseinandergelebt‹. Letztlich steckte aber meist ein tiefer liegender Grund dahinter.«
»Zum Beispiel?«, hakte Lisa nach.
»Unterschiedliche Lebensinteressen. Zu schnell geheiratet. Das Gefühl, im Leben etwas verpasst zu haben. Natürlich der Klassiker: die ganze Midlife-Crisis-Kiste. Er kriegt daheim keinen mehr hoch und schnappt sich ’ne Jüngere. Ach ja, und dann natürlich noch die Kinderlosen, bei denen einer von beiden ›schuld‹ daran war, dass der Klapperstorch an ihnen vorbeizog. Es gab immer irgendwelche Gründe …« Delia riss damit genau jene Frage an, die Lisa jahrelang beschäftigt hatte und ihr letztlich das Gefühl gab, im Grunde genommen schuld am Scheitern ihrer Ehe zu sein. Am Ende wäre alles nicht passiert, wenn sie Felipe Kinder geschenkt hätte. Diesen Wunsch hatte sie ihm nicht erfüllen können.
»Wobei, seien wir mal ehrlich … Um die ›tiefer liegenden Gründe‹ beim Mann dingfest zu machen, muss man ihm nur zwischen die Beine fassen«, fügte Delia amüsiert hinzu und erntete dafür Lisas Zustimmung.
Rafaels skeptischer Miene nach zu urteilen, sah er das offenkundig anders.
»Manche Männer verraten ihre Frauen sogar für ein bisschen mehr Macht. Und bei mir haben sie dann ihre devote Ader raushängen lassen«, führte Delia weiter aus.
»Warum denkst du, dass Männern Macht so wichtig ist?«, fragte Lisa und dachte dabei an das Paradebeispiel, von dem sie gottlob geschieden war. Nun schien sich Rafael auf einmal doch mehr für das Gespräch unter Frauen zu interessieren. Er hörte mit gespitzten Ohren zu.
»Sie haben Angst vor dem Tod«, fasste Delia zusammen.
Doch so ganz einleuchtend war ihre Begründung nicht, und dass Lisa ihr nicht unmittelbar folgen konnte, schrie förmlich nach einer Erklärung, die Delia bereits parat hatte.
»Macht verleiht
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