Lisa geht zum Teufel (German Edition)
sowieso kein Auge zumachen würde.
Rafael hatte Lisa schon die ganze Zeit über im Schlaf beobachtet, genau, wie er es früher bei seiner Frau gemacht hatte. Den anderen mit entspannten Gesichtszügen neben sich schlafen zu sehen gab einem das Gefühl von Geborgenheit. Obwohl sich diese Nacht sicherlich nicht wiederholen würde und Lisa nicht ganz freiwillig neben ihm lag, empfand er diesmal nicht die Wehmut, die oft genug in ihm aufgestiegen war, wenn er glückliche Paare Hand in Hand gesehen und sich dabei an die Zeit seines eigenen Glücks erinnert hatte. Das Hier und Jetzt war trotzdem nicht das von anderen. Er erlebte es selbst. Es waren Lisas entspannte Gesichtszüge, die ihm dieses Gefühl gaben. Vielleicht war es ihr ähnlich ergangen, als sie aus ihrem Traum erwacht war, auch wenn sie nicht die geringste Andeutung gemacht und sich ins Badezimmer verzogen hatte. Ein flüchtiges, aber eher verlegenes Lächeln hatte sie ihm dennoch geschenkt, als sie sich hingelegt und ihm eine gute Nacht gewünscht hatte. Wie gern hätte er mit ihr über seine Gefühle gesprochen, doch wer einem den Rücken zuwendet und sich an die äußerste Bettkante legt, sah nicht danach aus, als ob ihm nach Reden zumute sei. Ihren regelmäßigen Atemzügen nach zu urteilen, war sie schnell eingeschlafen. Nun lag sie entspannt neben ihm. Ihre Gesichtszüge wirkten friedlich. Rafael konnte seinen Blick nicht von ihr abwenden, musste sie beobachten, ihren wohlgeformten Mund, dessen Lippen leicht geöffnet waren, eine blonde Haarsträhne, die ihr ins Gesicht fiel, die langen Wimpern, ihre hohen Wangenknochen, die vom gestrigen Tag in der Sonne etwas gerötet waren. Rafael erinnerte sich an den warmen Strom, den er verspürt hatte, als Lisa ihm im Park die Hand gereicht hatte. Was war das für ein tolles Gefühl gewesen. Und wie schön ihre Hand war, wie geschmeidig ihre Haut, wie zart die Glieder ihrer schmalen Finger, an denen er trotzdem Halt gefunden hatte. Ganz entspannt und nach oben geöffnet, lag Lisas Hand neben ihrem Körper. Rafael musste sie einfach berühren, von der Hoffnung getrieben, noch einmal diesen warmen Strom fließen zu lassen, von ihr zu ihm. Es gelang und fühlte sich noch besser an als am vergangenen Nachmittag. Jedenfalls bis zu dem Moment, in dem Lisa die Augen aufschlug. Rafael zog seine Hand sofort zurück. Sie sah ihn nur an und lächelte sanft. Rafael war unfähig, seinen Blick von ihren Augen abzuwenden, so dass er zunächst gar nicht bemerkte, dass sich ihre Hand wieder seiner näherte. Erst als sie sie berührte und ein Hauch von Sanftmut und Zuneigung in ihren Augen schimmerte, war er sicher, dass auch sie dieses Gefühl genoss.
»Du bist so schön«, flüsterte er ihr leise zu und hoffte, dass sie diese Worte einfach so annehmen konnte, wie sie gemeint waren, und nicht dahingehend missverstand, dass er mehr Zärtlichkeit und Nähe von ihr erwartete. Letzteres war ihm in den Jahren des Alleinseins sowieso fremd geworden. Er hatte keine Frau mehr gestreichelt, nur noch seine Katze. Der Gedanke daran, dass Roberta zu einer Art Ersatzpartnerin geworden war, entlockte ihm ein Schmunzeln, das Lisa verunsicherte.
»Ich hab so lange keine Frau mehr gespürt. Deine Hand, sie …«, versuchte er zu erklären, doch die Art, wie Lisa ihn nun ansah, machte ihm klar, dass es keiner weiteren Erklärung bedurfte. Sie löste ihren Griff und fuhr neugierig an seinem Arm entlang. Ein elektrisierendes Gefühl. Rafael wagte es nun auch, ihren Arm zu streicheln, ihre Schultern und ihr Dekolleté zu erkunden. Nicht der Hauch von Widerstand. Ganz im Gegenteil. Ihr ganzer Körper schien sich zu entspannen. Ein vertrautes, aber längst vergessenes Gefühl der Nähe, der Erregung ergriff von ihm Besitz, zugleich aber auch die Angst, ihr nicht das geben zu können, was sie vielleicht von ihm erwartete. Der Gedanke, eine Frau so berühren und spüren zu dürfen, schnürte ihm augenblicklich die Luft zum Atmen ab. Er hatte sie nicht verdient. Er hatte kein Glück verdient, schon gar nicht an der Seite einer Frau, die er belogen hatte. Die Lust an ihrer Nähe trotzte seinen Gedanken, doch war sie nicht stark genug, um mehr zu wagen. Er war kein junger Mann mehr, und wenn man sich an die letzte Erektion schon gar nicht mehr erinnern konnte, war dies ein untrügliches Zeichen dafür, es besser beim Händchenhalten zu belassen. In ihren Augen schimmerte aber die Frage, warum er aufhörte.
»Ich hab das schon lange nicht mehr gemacht«,
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