Lisa Kleypas
angefangen habe zu
arbeiten, wollte ich einfach mal was anderes tun. Etwas, was mir Spaß
macht.«
Sie sah ihm
an, dass er weitere Fragen stellen wollte. Vielleicht nach ihrem Mann. Um ihm
zuvorzukommen, fragte sie rasch: »Und was tun Sie?«
»Ich habe
eine Kaffeerösterei.«
»Einen
kleinen Einmannbetrieb oder ...«
»Ich habe
zwei Partner und eine Rösterei in Friday Harbor. Dort stehen große Röstöfen,
in denen wir rund hundert Pfund Kaffee pro Stunde rösten können. Wir bieten
etwa ein halbes Dutzend Röstungen an, die wir unter eigener Marke verkaufen.
Aber wir produzieren auch ein Sortiment für Läden auf der Insel, in Seattle,
Lynnwood ... und sogar für ein Restaurant in Bellingham.«
»Ach,
tatsächlich? Für welches?«
»Für ein
vegetarisches: das Garden Variety.«
»Oh, ich
liebe dieses Restaurant! Aber den Kaffee habe ich noch nie probiert.«
»Warum
nicht?«
»Ich trinke
schon seit ein paar Jahren keinen Kaffee mehr. Seit ich in einer Zeitschrift
gelesen habe, Kaffee sei ungesund.«
»Nicht
doch, Kaffee ist sozusagen ein Gesundheitselixier«, widersprach Mark
empört. »Voller Antioxidantien und heilsamer pflanzlicher Wirkstoffe. Man kann
damit das Risiko senken, an bestimmten Krebsarten zu erkranken. Wussten Sie,
dass das Wort Kaffee aus dem Arabischen stammt? Das arabische' Wort ,qahwa`
bedeutet gleichzeitig auch ,Wein`.«
»Nein, das
wusste ich nicht«, gab Maggie lächelnd zurück. »Sie nehmen Ihren Kaffee
sehr ernst, nicht wahr?«
»Jeden Morgen laufe ich so erwartungsvoll zur
Kaffee maschine wie ein Soldat, der nach dem Krieg zu seiner Geliebten
zurückkehrt.«
Maggie
schmunzelte. Seine Stimme gefiel ihr, sie war leise, aber durchdringend. »Wie
lange trinken Sie schon Kaffee?«
»Seit der
Highschool. Bei den Prüfungsvorbereitungen probierte ich meine erste Tasse
Kaffee, weil ich glaubte, das könne mich wach halten.«
»Was
gefällt Ihnen am besten daran? Der Geschmack? Das Aroma? Das Koffein?«
»Am
liebsten beginne ich den Tag mit der Zeitung und einem Jamaica Blue Mountain.
Am Nachmittag trinke ich gern eine Tasse, wenn ich mich über die Mariners oder
die Seahawks aufrege. Es ist einfach schön zu wissen, dass eine Tasse Kaffee
Geschmacksnoten aus Gegenden enthält, die die meisten von uns nie zu sehen
bekommen. Von den unteren Berghängen des Kilimandscharo in Tansania. Von den
Inseln Indonesiens. Aus Kolumbien, Äthiopien, Brasilien, Kamerun ... Mir gefällt
der Gedanke, dass ein Lkw-Fahrer genauso guten Kaffee trinken kann wie ein
Millionär. Aber vor allem liebe ich das Ritual. Beim Kaffee kommen Freunde zusammen.
Eine Tasse Kaffee ist der vollkommene Abschluss für ein gutes Essen. Und
gelegentlich kann man damit eine schöne Frau verführen, mit in die Wohnung zu
kommen.«
»Das hat
nichts mit dem Kaffee zu tun. Sie könnten eine Frau mit einem Glas
Leitungswasser verführen.« Kaum hatte Maggie das ausgesprochen, weiteten
sich ihre Augen erschrocken, und sie schlug die Hand vor den Mund. »Oh Gott,
ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe«, entfuhr es ihr, ebenso peinlich
berührt wie erstaunt über sich selbst.
Für einen
winzigen Moment begegneten sich ihre Blicke, und zwischen ihnen sprühten die
Funken. Dann huschte ein Lächeln über seine Lippen, und Maggie spürte, wie ihr
Herz kurz aussetzte. Mark schüttelte den Kopf. Kein Problem, sollte das heißen.
»Sie haben mich ja gewarnt: In Flugzeugen – und auf Fähren – verlieren Sie
alle Hemmungen.«
»Ja.«
Wie hypnotisiert von seinen warm leuchtenden blaugrünen Augen bemühte Maggie
sich, den Faden wiederzufinden. »Worüber sprachen wir gerade? Ach ja, Kaffee.
Ich habe noch nie einen Kaffee getrunken, der so gut schmeckt, wie die
gerösteten Bohnen duften.«
»Eines
Tages bereite ich Ihnen den besten Kaffee, den Sie je getrunken haben. Und dann
werden Sie mir nur noch nachrennen und um mehr heißes Wasser betteln, das durch
gemahlene Robusta-Bohnen gefiltert wurde.«
Maggie
lachte, erfüllt von dem Gefühl, dass etwas in der Luft um sie herum vibrierte.
Verwundert stellte sie fest, dass sie sich zu diesem Mann hingezogen fühlte. Eigentlich
war sie davon überzeugt gewesen, für Derartiges nicht mehr empfänglich zu sein,
die Gegenwart eines anderen Menschen nicht mehr so lebhaft und mit allen Sinnen
wahrnehmen zu können.
Die Fähre
setzte sich in Bewegung. Sie hatte nicht einmal die Schiffssirene gehört. Die
kraftvolle Maschine ließ das Schiff erzittern, und langsamere Schwingungen,
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