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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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diese Klagen vorbringt?«
    »Ich bin die Bündnisdienerin des Hauses Y’Zir, gesandt, um die Ankunft der Karmesinkaiserin vorzubereiten. Ich bin die Machtvolk-Königin Winteria bat Mardic, die Heimbringerin.«
    »Ich erkenne Eure Ermächtigung in dieser Angelegenheit nicht an«, sagte er und wies mit einem Nicken auf Winters. »Winteria bat Mardic ist die rechtmäßige Königin des Sumpfvolks.«
    »Das braucht Ihr nicht. Meine Ermächtigung ist dieses Messer. « Sie lächelte. »Und die Dinge sind nicht, was sie scheinen. Meine kleine Schwester und ich teilen vielleicht den Namen, aber seid versichert, dass der Thron unseres Vaters durch das Recht der Geburt mein ist.«
    Er sah aus dem Augenwinkel, wie Jin Li Tams Hände sich bewegten. Spielt ihr nicht in die Hände , sagte sie in der whymerischen Zeichensprache. Es muss einen anderen Weg geben.
    Er nickte, damit sie wusste, dass er die Nachricht erhalten hatte, hatte aber nicht die Absicht, einen anderen Kurs einzuschlagen. Das Mädchen hielt das Messer genau so, wie er es gehalten hatte, unter den Gewändern verborgen, während er auf den richtigen Augenblick gewartet hatte. Dies ist meine Abrechnung , dachte er.
    »Was verlangt Ihr von mir?«, fragte er.
    Sie lächelte. »Ich verlange eine Verteidigung von Euch, Letzter Sohn.«

    Petronus blickte auf das Kind. »Und wenn ich Euch gebe, was Ihr verlangt, wird man diesem Kind nichts antun?«
    Sie lachte. »Was Ihr gebt, werdet Ihr für Jakob und für uns alle geben.« Hätte er es nicht besser gewusst, er hätte geglaubt, es wäre Liebe, die aus ihren Augen leuchtete. »Was Ihr gebt, gebt Ihr sogar für Euch selbst.«
    Sein Blick verengte sich. Ein Teil von ihm wollte fliehen, und seine Blase verlangte plötzlich nach Erleichterung. Er erinnerte sich an die Stelle, an der er gestanden hatte, als Sethbert der Angeklagte gewesen war, erinnerte sich an den Ausdruck in den Augen des entthronten Aufsehers, als er merkte, dass ihm das Messer die Kehle durchgeschnitten hatte, und abermals spürte er Reue für den Preis, den er eingefordert hatte – den Preis, den er bezahlt hatte –, um den Orden und seinen rückwärtsgewandten Traum zur Ruhe zu legen.
    Er hatte das Richtige getan, erkannte er, genauso wie er jetzt wusste, dass dies das Richtige war.
    »Dann bringe ich meine Verteidigung vor«, sagte Petronus. »Ich bin schuldig.«
    Die Frau lächelte.
    Er hätte nicht gedacht, dass er das Messer spüren würde, aber er spürte es. Es war ein stumpfes Reißen und eine plötzliche Kälte in seiner geöffneten Kehle. Er spürte, wie seine Knie nachgaben und sah sein eigenes Blut.
    So sollen die Sünden des P’Andro Whym seine Kinder heimsuchen.
    Er sah Esarov um den Tisch laufen, sein Gesicht vor Zorn verzerrt. Er sah Erlunds entsetzten Ausdruck und die Verzückung auf dem Gesicht seines Geheimdienstleiters. Und er sah das Kind, emporgereckt wie eine Standarte, so dass sein Schatten über Petronus glitt.
    Ein säubernder Wind aus Blut; eine tilgende Klinge aus Eisen.
    Er hörte die Schreie der Umstehenden, hörte, wie die Luft aus seiner Wunde gurgelte. Und über allem anderen hörte Petronus,
wie das Kind der Verheißung seine Stimme erhob und heulte, als litte es großen Kummer.
    Dann lächelte der Letzte Sohn des P’Andro Whym seiner Abrechnung entgegen und umarmte das Licht, das ihn ergriff.
    Jin Li Tam
    Jin Li Tam riss ihren Blick von Petronus’ zuckendem Körper los, als sie den Schrei ihres Kindes hörte, ihr Körper und ihr Geist wurden von Gefühlen überflutet, als die Last der Ereignisse dieses Tages sie schließlich zermalmte.
    Es hatte mit dem Vogel angefangen. Mit wochenlanger Verzögerung war vor der Morgendämmerung endlich eine Antwort von Rae Li Tam eingetroffen. Der Wachhauptmann hatte sie in ihre bebenden Hände gelegt, Jin hatte sie bei Feuerlicht gelesen und geweint.
    Die Nachricht war kurz, aber Jin hatte die Handschrift als die ihrer Schwester erkannt, und die dreifach verschlüsselte Antwort war in der Standardschrift des Hauses Li Tam verfasst. Es gibt kein Heilmittel. Ich trauere mit dir, Schwester.
    Abgesehen von diesen knappen Worten hatte es keine weiteren Informationen und auch keine Nachricht von Rudolfo gegeben, schon seit Wochen nicht mehr. Sie hatte weiterhin Botschaften an ihn geschickt, in der Hoffnung, dass eine zu ihm durchkommen würde. Keine hatte ihn erreicht – und falls doch, hatte er nicht geantwortet.
    Sie trug die Nachricht bei sich in der Tasche und hatte den Tag damit

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