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Loch

Loch

Titel: Loch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Laymon
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er der Einzige hier, der dafür infrage kommt.
    Sie erwog die Möglichkeit, dass ihr Retter Rodney erschossen hatte und dann verschwunden war, dass der Bus erst später vorbeigekommen war und es keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen gab.
    Doch das schien nicht sehr wahrscheinlich.
    Der Fahrer musste so gut wie sicher derjenige sein, der sie gerettet hatte. Sie stützte sich auf die Armlehne und blickte den Gang entlang. Von dem Fahrer konnte sie nur den Hinterkopf sehen.
    Was, wenn es kein guter Mensch ist?, fragte sie sich. Er streift mit einem Bus voller Puppen und einem Präzisionsgewehr durch die Wüste. Pamela hatte das Gewehr nicht gesehen, doch er musste aus großer Ferne geschossen haben; die Kugel hatte Rodney getroffen, lange bevor sie den Schuss gehört hatte. Der Typ muss zumindest seltsam sein, dachte sie. Aber er hat mich gerettet. Vielleicht hat er es auf mich abgesehen. Mal ehrlich, was macht er auf so einer unbefestigten Straße? Er sollte mich in den nächsten Ort bringen, nicht tiefer in die Wüste hinein.
    »Das sieht nicht besonders gut aus«, murmelte sie.

6
    Sie befanden sich in einem Canyon, als der Bus schließlich anhielt. Der Fahrer griff nach rechts und betätigte einen Hebel, um die vordere Tür zu öffnen. Dann schaltete er den Motor aus.
    Pamela war überwältigt von der plötzlichen Stille.
    Der Fahrer stand auf und wandte sich um. Sie sah ihn an.
    Pamela hatte Angst und war erschöpft. Sie waren mindestens eine halbe Stunde über die holprige Straße gefahren. Sie hatte sich den Kopf über den Fahrer zerbrochen, sich all die Dinge vorgestellt, die er mit ihr anstellen könnte, und überlegt, wie sie sich am besten verhalten sollte.
    Ihre neuesten Einsichten: Es könnte sein, dass er sie vergewaltigen oder ermorden wollte, oder auch nicht; sie sollte nicht versuchen, ihn anzugreifen oder zu fliehen, ehe sie Genaueres wusste – dann könnte es allerdings zu spät sein; sie könnte einfach geduldig abwarten, was passierte; er könnte ein Freund sein; falls sich herausstellte, dass er ein übler Kerl war, würde sie sich bis zum Schluss wehren.
    Er begann, den Gang entlangzugehen. O Gott, jetzt kommt er.
    Er war kein massiger Mann, nicht wie Rodney. Mittelgroß und schlank. Er trug ein graues kurzärmliges Hemd. Es steckte im Bund einer blauen Hose, die er sich mit einem schwarzen Ledergürtel um die Hüften geschnallt hatte.
    Eine Busfahreruniform?
    Warum sind seine Klamotten nicht zerknittert und verschwitzt und blutig?, fragte sich Pamela. Wenn er Rodney in den Bus geschleppt hat, müssten sie es doch sein. Von mir ganz zu schweigen. Aber seine Uniform sieht ordentlich und sauber aus, als hätte er nichts anderes getan, als hinter dem Lenkrad zu sitzen …
    Er ist fast da. Mach dich bereit.
    Er ging an ihr vorbei, als nähme er sie überhaupt nicht wahr. Pamela konnte es nicht fassen. Sie drehte sich auf ihrem Sitz um und beobachtete ihn. Hinten im Bus bückte er sich und packte Rodney an den Fußgelenken.
    Los!
    Sie sprang von ihrem Sitz und stürmte den Gang entlang. Der nächste Ausgang war die Seitentür, gleich vor ihr und dann rechts die Treppe hinunter. Doch sie war geschlossen, und Pamela wusste nicht, ob sie sie aufbekäme, deshalb rannte sie daran vorbei. Lief zur offenen Vordertür. Bei jedem Schritt zuckte sie vor Schmerz. Sie biss die Zähne zusammen und versuchte, schneller zu rennen.
    »Passen Sie auf, dass Sie nicht hinfallen und sich wehtun«, rief der Fahrer.
    Als sie die Vordertür erreichte, warf sie einen Blick zurück. Er sah nicht einmal zu ihr hin. Er war immer noch ganz hinten im Bus und zerrte Rodneys Leiche in den Gang.
    Interessiert es ihn nicht, dass ich abhaue? Vielleicht nicht. Vielleicht interessiert es ihn nicht, weil er weiß, dass ich nicht entkommen kann. Es gibt nichts, wo ich hingehen kann.
    Wir werden sehen, sagte sie sich, stürmte die Stufen hinunter und sprang aus dem Bus. Die Hitze der Wüste traf sie wie ein Schlag.
    Jetzt geht das wieder los, dachte sie. Sie lief auf die nächste Erhebung zu, eine nicht weit entfernte Felskuppe. Wenn sie es dort hinauf schaffte, könnte sie sich in den Spalten zwischen den Felsen verbergen. Am Fuß des Hangs sah sie zurück.
    Keine Spur vom Fahrer.
    Sie konnte wegen der improvisierten gelben Vorhänge nicht in den Bus blicken, doch die Seitentür war geschlossen, und die Vordertür hatte er noch nicht erreicht. Sie wusste nicht, ob der Bus ganz hinten vielleicht einen Notausgang

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