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Lockruf der Finsternis

Lockruf der Finsternis

Titel: Lockruf der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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bewegt hatte und noch immer auf dem Boden saß. Das war für ihre Verhältnisse sehr seltsam. Er biss die Zähne zusammen, als er sah, dass ihr Hals von Deimos’ Angriff ganz rot war. Auch ihre Wangen waren vor Ärger gerötet.
    »Geht es dir gut?«, fragte er.
    »Als ob dich das interessieren würde«, fuhr sie ihn an. »Du würdest mich doch genauso verletzen.«
    Er verkniff sich einen sarkastischen zustimmenden Kommentar, als er den Schmerz in ihren Augen sah. Obwohl sie beide alles andere als eine harmonische Beziehung hatten, lag es ihm nicht, ihr einen Tritt zu versetzen, wenn sie ohnehin schon verletzt am Boden saß. Er war in seinem Leben oft genug verletzt worden und wollte das Gleiche nicht jemand anders antun.
    Er setzte sich neben sie auf den Boden. »Was ist denn passiert?«
    Die Schnute, die sie zog, hätte jedem Kleinkind zur Ehre gereicht. »Gar nichts.«
    Er holte tief Luft, als er ahnte, wie dieses Gespräch ablaufen würde. Sie wollte reden, aber er würde ihr jedes Wort aus der Nase ziehen müssen. Ganz wunderbar. Genau so wollte er seine Zeit hier verbringen. Andererseits: Verglichen mit dem, was sie normalerweise tat, wenn sie mit ihm zusammen war, war das hier eindeutig eine Verbesserung. »Komm schon, Artie, ich kenne dich doch. Du hast Sin Deimos auf den Hals gehetzt, oder?«
    Sie verzog den Mund noch mehr, dann schniefte sie leicht. »Welche Wahl hatte ich denn? Du hast ja nichts getan.«
    Würde sie denn niemals erwachsen werden? Nur ein einziges Mal hätte er es gern mit einem erwachsenen Menschen zu tun gehabt … »Das kann ich nicht, während ich hier bin, und du weißt es. Du hast dich geweigert, mir eine Pause zu gewähren, sonst hätte ich gehen und mit ihm reden können.«
    »Du würdest auch dann nichts tun, wenn du nicht hier wärst.«
    Da hatte sie wahrscheinlich recht.
    Sie schniefte wieder und sah ihn von der Seite an. »Allen ist es egal, was mit mir passiert.«
    »Lass das, Artemis«, zischte er. »Ich spiele dieses Mitleid-Spielchen nicht mit, das weißt du genau. Wenn du von Vater behandelt werden willst wie ein Baby, dann bitte: Er ist in dem großen Saal oben auf dem Hügel.«
    Der Ärger kehrte in ihre Augen zurück. »Warum bleibst du denn bei mir, wenn du das so siehst?«
    Komisch, das Gleiche fragte er sich auch jeden Tag. »Du weißt, warum.«
    Sie wich ihm aus. »Du hasst mich, oder?«
    Manchmal. Nein, eigentlich meistens. Aber er spürte, wie verwundbar sie gerade jetzt war, und aus einem Grund, den er nicht begriff, hatte er das Bedürfnis, sie zu trösten. Ja, er war schon ein ganz schön kranker Typ. »Nein, Artie, das tue ich nicht.«
    »Du lügst«, klagte sie ihn an. »Glaubst du, dass ich den Unterschied nicht bemerke?« Eine einzelne Träne glitt über ihre Wange, während sie ihn anstarrte. »Früher hast du mich so umarmt, als ob ich dir etwas bedeuten würde.«
    Sie hatte recht, und das Traurige war, dass sie ihm damals mehr bedeutet hatte als sein Leben. Aber das war elftausend Jahre her – und seitdem hatten sich unzählige Dinge zwischen ihnen geändert. »Damals hast du mich auch noch nicht geschlagen, erinnerst du dich?«
    Artemis schüttelte den Kopf. »Du hast dich schon vorher verändert. Du warst bereits wütend auf mich, ehe du gestorben bist.«
    Ash wollte sich ganz und gar nicht damit beschäftigen. Seine Vergangenheit war schon schmerzhaft genug gewesen, als er sie zum ersten Mal erlebt hatte. Das Letzte, was er wollte, war, sie noch einmal zu erleben.
    Er stand auf und ging zurück ins Schlafzimmer, aber Artemis folgte ihm.
    »Was ist mit dir geschehen?«, fragte sie.
    Er lachte über diese dumme Frage, dann drehte er sich um und sah ihr ins Gesicht. Sie schien tatsächlich völlig ahnungslos zu sein. »Wie hast du das nur vergessen können? Es war an dem Tag, als du mir sagtest, dass ich für dich nicht mehr gewesen bin als ein kleines sexuelles Abenteuer zwischendurch. Warte mal … wie hast du das noch mal formuliert? ›Wenn du je irgendjemandem von uns erzählst, werde ich dich in meinem Tempel auspeitschen lassen, bis dein Blut über den Boden läuft.‹ Das war ganz schön abtörnend, was? Und als du dein Versprechen dann wahrgemacht hast, obwohl ich nicht ein Wort von uns verraten hatte, hat das den Teil in mir zerstört, dem du etwas bedeutet hast, Artemis.«
    »Ich entschuldige mich für die Schläge.«
    Ash wand sich bei ihren Worten. Worte! Sie glaubte tatsächlich, dass Worte ausreichten, um den Schmerz und die Demütigung

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