Lockruf der Finsternis
gelogen?«
»Nein«, sagte sie ehrlich, »er ist der Sohn von Alekto. Sie ist die Erinye, die für unaufhörliche Wut zuständig ist, und den Zorn seiner Mutter hat auch er in den Adern. Aber darüber hinaus nennt man die Furien auch die Eumeniden – die Gnädigen Göttinnen. Sie sind rachsüchtig, aber fair. Wie Deimos gesagt hat: Ich glaube, dass du dich ihm gegenüber bewährt hast.«
»Gut«, flüsterte er. »Damit hätte ich eine Laus aus dem Pelz. Und wie viele sind noch da?«
Sie dachte kurz nach. »Wenn man deinen Bruder mit einrechnet … ein paar Dutzend. Mindestens.«
Er sah nicht gerade erfreut aus. »Danke, dass du mich daran erinnerst.« Aber obwohl seine Antwort sarkastisch war, hatte sie das Gefühl, dass er nicht so verärgert war, wie er vorgab.
»Tut mir leid.«
Er rieb sich die Augen, als wäre er erschöpft. Dann sagte er plötzlich: »Wo sind die Dämonen?«
»Ich denke, du hast sie alle umgebracht.«
»Nicht meine – deine. Die Charonte. Wohin sind sie verschwunden?«
Das war allerdings eine gute Frage. In dem ganzen Chaos hatte Kat sie vollkommen vergessen. »Hoffentlich fressen sie niemanden.«
Erschrocken versetzten sie sich beide hinauf in das Zimmer, in dem Simi und Xirena wohnten. Kats Augen brauchten einen Moment, um sich an das Dunkel anzupassen.
Aber dann musste Kat ein Lachen unterdrücken, als sie die beiden schlafend dort liegen sah. Simis Beine waren an der Wand abgestützt, und ihr Körper war völlig verdreht: Ihr Kopf und ein Arm hingen über die Bettkante auf den Boden hinab. Xirena lag mit dem Gesicht nach unten, ihr Scheitel berührte den Boden, während ihr Körper diagonal über das Bett ausgestreckt war. Ihre Flügel lagen über ihr wie eine Decke.
Sin verdrehte den Kopf, als ob er versuchte, ihre Positionen nachzuempfinden. »Wie können sie nur so schlafen? Steigt ihnen nicht das ganze Blut in den Kopf und schmerzt?«
»Ich habe keine Ahnung«, flüsterte Kat und schob ihn zur Tür. »Aber wir sollten sie schlafen lassen.«
Er ging durch die Tür – wortwörtlich, er öffnete sie nicht, und zog Kat hinter sich her. Ein Schauer überlief sie. »Das war gruselig.«
»Ja, aber du musst zugeben, dass es irgendwie Spaß macht. Ich habe das früher oft an Halloween gemacht, um den Kindern Angst einzujagen.«
Kat lachte über den teuflischen Ausdruck auf seinem schönen Gesicht. »Du bist schrecklich.«
»Ich habe nie etwas anderes behauptet.« Er öffnete die Tür zu seinem Penthouse und ließ ihr den Vortritt.
Sie konnte seine Erschöpfung spüren – und auch die Sorge um seinen Bruder, als Sin zu ihr trat und die Tür hinter ihnen schloss. »Er wird wieder auftauchen.«
»Ja – aber wie? Ich habe bei der Sache ein schlechtes Gefühl, Katra. Habe ich einen Fehler gemacht, als ich ihn befreit habe?«
Sie nahm sein Gesicht zwischen die Hände. Sie wollte ihm etwas von der Schuld abnehmen, die sie bei ihm spürte. »Oh, Sin, du weißt es doch besser. Du hättest ihn auf keinen Fall so dort lassen können.«
Die schönen Augen blickten sie gequält an. »Ich weiß. Aber …«
»Denk nicht darüber nach«, flüsterte sie und gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange.
Sin nickte. Er fühlte sich schrecklich. Ein Gefühl, das nicht besser wurde, als er sah, wie Kat sich die Hand auf den Kopf legte, als ob sie hinter ihrem linken Auge einen scharfen Schmerz verspürte. »Alles klar bei dir?«
»Ja, aber mein Kopf tut plötzlich so weh.«
»Willst du ein Aspirin?«
Sie hatte nur noch das rechte Auge geöffnet und sah ihn mit einem charmanten Lächeln an. »Ich wünschte, das würde funktionieren. Nein, ich glaube, ich muss mich mal einen Moment hinlegen.«
Er fragte sich, was mit ihr nicht stimmte, führte sie ins Schlafzimmer und half ihr ins Bett. »Ist es schon besser?«
»Nein, jetzt wird mir richtig schlecht.«
Er schnappte den Papierkorb aus Plastik und hielt ihn ihr hin.
Kat stöhnte, als sie ihn sah. »Weißt du, Liebe ist, wenn der Mann dir einen Kübel hinhält und wartet, dass du reinkotzt.«
»Bitte nimm es mir nicht übel, aber wenn du anfängst zu kotzen, dann werde ich plötzlich ganz dringend unten im Kasino gebraucht … das kann ich dir garantieren.«
Sie starrte ihn mit ihrem einen geöffneten Auge an. »Besonders romantisch ist das aber nicht.«
Bei ihrem gereizten Ton spottete er: »Wie bitte? Hab ich hier irgendwas verpasst? War jemals etwas romantisch daran, wenn jemand kotzt?«
»Ein Mann, der dir zur Seite steht, wenn dir
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