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Lockruf Der Nacht

Lockruf Der Nacht

Titel: Lockruf Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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zwingen, den Blick gesenkt zu halten.
     

26.
    Die Segeljacht trägt den Namen Isabella, ist etwa zwanzig Meter lang und hat zwei Segelmasten. Die drei Männer sind ein eingespieltes Team und haben das Boot im Handumdrehen zum Auslaufen bereit gemacht. Zu meiner größten Freude ist Christine nicht mitgekommen. So kann ich unbemerkt den Kopf nach links drehen und unter meinen schwarz getönten Brillengläsern schielend nach rechts sehen, um Mo bei seiner Arbeit zu sehen. Er sieht so verdammt gut aus, dass ich, auch wenn ich es wollte, gar nicht wegschauen könnte. Wie unsichtbare Hände fährt der Wind durch seine Haare, und als er sich nach oben streckt, um ein Seil zu befestigen, wird ein Teil seines muskulösen Bauches sichtbar. Ich komme mir vor wie ein Perverser in einer Peepshow.
    Mo sieht zu mir rüber und schmunzelt. Wieder habe ich dieses seltsame Gefühl, dass er meine Gedanken lesen kann.
    Ich sitze auf einem sicheren Plätzchen am Heck, dort wo das Boot am tiefsten liegt und sich am wenigsten bewegt. Das Schiff schlingert auf dem Wasser leicht hin und her, aber ich lasse mir nicht anmerken, dass mein Magen schon eine rebellische Haltung eingenommen hat und nur darauf wartet, sich an mir für meine Entscheidung zu rächen.
    Als wir schließlich an Fahrt zunehmen, unter der Newport Bridge hindurch auf das offene Meer zusteuern, geht es mir langsam wieder besser. Unauffällig kralle ich mich an den dünnen Drähten der sogenannten Reling fest, unter der man, wenn ich es genauer betrachte, locker durchrutschen könnte.
    Ich bin weder ein Freund von Schiffen noch von Wasser, das hier sehr dunkel ist, demnach also auch sehr tief ist. Die schlimmste Vorstellung für mich wäre, da hineinzufallen. Ich glaube sie rührt davon, dass ich als Kind eindeutig zu früh den ` Weißen Hai ´ gesehen habe. Seitdem gehe ich nur noch bis zu den Oberschenkeln ins Wasser.
    Lilith ist völlig aufgekratzt und ich habe den Verdacht, dass sie wieder irgendeine ihrer Wunderpillen geschluckt hat, aber vielleicht tue ich ihr auch Unrecht und es ist der Dopamin-und Serotonincocktail des Verliebtseins, der sie in diese Hochstimmung versetzt. Sie hat ihre Sonnenbrille hochgeschoben und ein permanentes Lächeln im Gesicht.
    Vor uns an einem Mast gelehnt steht Payton und sieht dem Sonnenuntergang entgegen, der sich heute in dezenteren Farben zeigt. Ich kann Lilith verstehen, dass sie verrückt nach ihm ist. Er hat wie Mo sanfte, fast weibliche Züge, längere Haare, einen schönen, definierten Körper und ebenfalls diese stechend blauengrünen Augen. Auch macht er den Anschein als wäre er in Lilith verliebt, aber irgendwie nehme ich ihm das nicht ab und das liegt daran, dass in seinen Augen etwas ist, das mir Angst bereitet. Jetzt sehe ich, dass auch er dieses Amulett an einem schwarzen Lederband um den Hals hängen hat. Es scheint aus Metall zu sein und schimmert abwechselnd kupfern, silbern und eigentümlich bläulich.
    »Ich habe sie streiten gehört.«
    »Wen?«
    »Mo und seine Frau.«
    Mein Herz fängt an zu klopfen. Frauen haben feine Antennen. Sie muss irgendetwas gemerkt haben.
    »Sie sagte, dass sie genau gesehen hätte, wie er sie angesehen hätte.«
    »Sie?«
    »Sie meinte wohl eine andere Frau.«
    Christine muss unseren Blickaustausch nach dem Polo mitbekommen haben.
    »Sie vermutet, dass er die andere Frau kennt und wollte sie zur Rede stellen. Was meinst du, wer das ist?«
    Das fehlte mir gerade noch. Was sollte ich Mos Frau sagen? Dass ich ab und zu von ihrem Mann träume und total in ihn verknallt bin? Himmel behüte mich. »Woher weißt du das?«
    »Ich habe gute Ohren.« Lilith verstummt, als sie Mo aus der Kajüte kommen sieht. Er hat vier Flaschen Bier in der Hand, wovon er eine an Payton gibt. »Möchtet ihr?« Es ist das erste Mal, dass er das Wort an mich richtet, was bei mir sofort ein heftiges Herzrasen und unkontrollierte Hitzewellen in meinem Inneren auslöst.
    Lilith greift sich eine Flasche und geht rüber zu Payton.
    »Danke.« Wieder habe ich eine Bierflasche in der Hand, obwohl ich gar kein Bier trinke. Aber ich würde auch Säure trinken, wenn sie von ihm ist.
    Zu meiner großen Überraschung setzt Mo sich zu mir. Ich hoffe ich werde nicht gleich ohnmächtig. Die Situation ist so seltsam. Auf der einen Seite ist er mir so vertraut, auf der anderen so fremd, dass ich in seiner Gegenwart völlig eingeschüchtert bin.
    »Warum bist du mitgekommen, wenn du panische Angst vor dem Wasser hast?«
    Meine Wangen

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