Lodernde Träume
war nicht nur die Nervosität am Vorabend der Trauung, obwohl auch das sicher eine Rolle spielte. Etwas anderes machte ihr viel mehr zu schaffen: In den letzten Tagen ging ihr dauernd der Gedanke im Kopf herum, dass von morgen an Devlin über ihr Leben bestimmen würde. Bei irgend einem anderen Mann wäre das nicht so schlimm gewesen, aber bei Devlin... Er liebte sie ja nicht einmal! Er wollte sie ja gar nicht heiraten, und deshalb würde er ihr das Leben zur Hölle machen.
»Du wirst doch nicht etwa gleich weinen, oder?«
Sie schaute zu ihm hinüber und bemerkte, dass er sie mit seinen türkisblauen Augen prüfend ansah. Wie lange er sie wohl schon so beobachtet hatte? »Ganz bestimmt nicht, wieso sollte ich denn?« widersprach sie ihm.
»Ich hatte den Eindruck, als ginge es gleich los.«
»Wirklich nicht, wenn ich es doch sage!« Megans Unterlippe zitterte.
»Ist dir der bloße Gedanke, mit mir verheiratet zu sein, ein solches Greuel, Megan?« fragte er leise.
»Ja!« rief sie und brach in Tränen aus. Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen und konnte so nicht sehen, wie gequält er dreinschaute. Doch dann wurde sein Blick finster und entschlossen, und er sagte mit schneidender Stimme in ihr Schluchzen hinein: »Ich versteh' gar nicht, wieso du hier herumheulst. Unsere Ehe wird nur auf dem Papier stehen.«
Verwundert hob sie den Kopf und fragte: »Was willst du damit sagen?«
»Ich will damit sagen, dass ich unser sexuelles Erlebnis genauso unbefriedigend gefunden habe wie du und dass wir diesen Fehler deshalb nicht wiederholen sollten.«
Megan richtete sich steif auf, die Schamröte schoss ihr ins Gesicht. Er begehrte sie also nicht einmal mehr! Was für eine Demütigung!
»Das ist ganz in meinem Sinne!«
»Das dachte ich mir.«
Doch in diesem Moment rollte die Kutsche plötzlich über ein Hindernis, so dass sie beinahe von den Sitzbänken geschleudert wurden. Als nächstes hörten sie den Kutscher fluchen, und dann geriet die Kutsche ins Schlingern.
»Was zum Teu...?« wollte Devlin sagen, doch dann unterbrach er sich und rief Megan zu: »Geh in Deckung!«
»Wo soll ich denn in Deckung gehen?«
»Auf dem Boden!«
»So ein Blöd...«
Er ließ sie gar nicht ausreden, sondern zog sie einfach auf den Boden, um sich schützend über sie zu werfen. Megan war so verblüfft, dass es ihr schier die Sprache verschlug. Doch Devlin konnte sich nicht in dieser Position halten. Die Kutsche schlingerte wie verrückt und wurde dabei immer schneller. Plötzlich neigte sie sich in einem unglaublichen Winkel, Devlin wurde zur Seite geworfen und knallte hart gegen die hölzerne Verkleidung der Sitzbank. Gleich darauf flog Megan zunächst gegen Devlin, dann gegen die Sitzbank, ehe sie kopfüber gegen die Seitenverkleidung rutschte. Nun erst kam die Kutsche zum Stehen. Einen Moment lang herrschte atemlose Stille.
»Bist du verletzt, Megan?«
Sie war sich nicht ganz sicher. Es dauerte eine Weile, bis sie ihren Rock geordnet hatte und sich aufrichten konnte. Dann erst stellte sie erleichtert fest, dass sie lediglich ihren Hut verloren hatte.
»Ich glaube nicht«, antwortete sie. »Und du? War das dein Kopf, der da so geknackt hat?«
»Sehr lustig!« knurrte Devlin, während er sich hochrappelte. »Ich glaube, dass ein Rad gebrochen ist. Bleib hier, ich schau mal nach, was los ist.« Die Kutsche lag fast ganz auf der Seite. Als Devlin die untere Türe aufmachte, stieß sie sofort gegen den Boden. Nur ein fußbreiter Spalt öffnete sich, durch den sich ein großer Mann wie er unmöglich hindurchzwängen konnte. Er musste die obere Türe aufwuchten und sich hinaufziehen, um hinauszuklettern, was ihm jedoch nicht die geringsten Probleme machte. Megan hatte da schon mehr Schwierigkeiten, allein nur den Kopf aus der oberen Türe zu strecken, um zu sehen, was los war. Sie war nicht groß genug, um im Stehen hinausschauen zu können, und musste sich deshalb zur Türöffnung hochziehen.
Die Kutsche lag im Straßengraben. Die Straße war an dieser Stelle ziemlich abschüssig, und vielleicht war das Gefälle der Grund dafür, dass die Kutsche ins Schleudern gekommen war. Doch so steil war der Berg nun auch wieder nicht. Als Megan zur Kuppe hochschaute, bemerkte sie, dass die Straßenoberfläche irgendwie naß glänzte. Devlin und der Kutscher waren gerade dabei, die Stelle zu untersuchen.
Megan sah sich weiter um. Den Pferden fehlte nichts, sogar Caesar stand unversehrt auf der Straße. Zum Glück war seine Führungsleine so
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