Loderne Glut
erst von der Karte aufblickte, als die Kellnerin an den Tisch kam. Er wußte nicht, was ihn wütender machte: daß die bisher so prüde kleine Amanda mit diesem Muskelprotz durchbrennen wollte oder daß sie ihn ständig so einladend anlächelte. Sie schien von einem Extrem in das andere zu verfallen - von Taylor, der nur aus Lehrbüchern zu bestehen schien, zu diesem Kraftmeier, der vermutlich nur Muskelfleisch im Gehirn hatte.
»Sam und ich werden jetzt Spazierengehen«, stellte Amanda fest.
»Nur über meine Leiche«, versetzte Hank gemütlich.
»Ich glaube, daß ließe sich arrangieren, Doc; obwohl ich es hasse, mich an einem älteren Mann zu vergreifen.«
Hank wäre fast aus seinem Stuhl herausgeschossen; aber Reva legte ihm noch rechtzeitig die Hand auf den Arm. Ihr gefiel Hank mit jeder Minute besser. Wenn sie ihn nur von Amanda wegbringen könnte!
»Ich halte das für eine großartige Idee«, sagte Reva. »Wir gehen alle spazieren, und ich schlage den Weg zum Museum vor.« Das war eine lange, dunkle Straße mit Hopfenfeldern auf beiden Seiten. Und vielleicht konnte sie Hank dazu überreden, mit ihr unter den dunklen Doldendächern zu verschwinden.
»Vielleicht kann Amanda uns das Museum aufsperren lassen«, höhnte Hank, »und eine Führung für uns veranstalten.«
Amanda warf ihm einen kalten Blick zu und rutschte noch dichter an Sam heran. »Heute abend will ich mich vergnügen. So war es doch beabsichtigt, nicht wahr?«
Hank beobachtete, wie Sam Amanda anschaute, und dabei hätte er fast die Gabel, die er in der Hand hielt, zerbrochen.
»Passen Sie auf, daß Sie sich nicht verletzen, Doc«, mahnte Sam. »In Ihrem Alter heilen Wunden nicht mehr so schnell. Amanda, bist du so weit, daß wir gehen können?«
»Ja.« Sie blickte Hank mit einem boshaften Lächeln an.
Hank mußte die Rechnung für alle bezahlen, und dann wollte Reva noch auf die Toilette gehen. Hank wäre sich schäbig vorgekommen, wenn er nicht auf sie gewartet hätte, aber er verlor deshalb Amanda und diesen Jungen aus den Augen.
»Los, kommen Sie«, drängte Hank ungeduldig, als Reva in das Gastzimmer zurückkehrte.
»Das scheint sich ja zum schlimmsten Rendezvous meines Lebens zu entwickeln«, murmelte Reva, als sie sich auf den Weg machten. Sie bemühte sich nach Kräften, Hank in die dunklen Hopfenfelder hineinzulocken; aber er schien sie gar nicht wahrzunehmen.
Schließlich pflanzte sie sich vor ihm auf. »Hören Sie - ich möchte jetzt mal wissen, was eigentlich los ist. Sie laden mich zum Tanzen ein; kreuzen aber mit einer anderen Frau auf, die Ihnen angeblich nichts bedeutet. Doch ich bekomme nur einen Tanz, und dann hetzen wir hinter Amanda her, als wäre sie die Liebe Ihres Lebens. Ich möchte jetzt wirklich wissen, was für eine Rolle mir in diesem Spiel zugedacht ist. Wenn Sie Amanda haben möchten, dann sollten Sie nicht mit mir ausgehen.« Sie wußte, daß sie damit Gefahr lief, ihn zu verlieren; aber inzwischen taten ihr die Füße in ihren engen Tanzschuhen so weh, daß ihr alles andere egal war.
»Amanda hat bisher in einem Glaskasten gelebt. Sie hat keine Ahnung, wozu Männer fähig sind, und sie hat sich diesem Fußballspieler an den Hals geworfen.«
»Sam ist ein braver Junge. Amanda ist bei ihm in guten Händen.«
»Ha!« machte Hank und begann sich wieder in Bewegung zu setzen. »Ich bin für sie verantwortlich. Ich habe sie gezwungen, heute abend auszugehen, und ich werde es mir nie verzeihen können, wenn ihr etwas passiert.«
»Sind Sie sicher, daß das alles ist? Daß Sie kein persönliches Interesse an ihr haben?«
»Nur als Studienobjekt. Sie ist nicht mein Typ.«
Reva mußte jetzt fast laufen, um mit ihm Schritt halten zu können. »Beweisen Sie es«, forderte sie ihn heraus.
Hank blieb einen Moment stehen und betrachtete sie im Mondlicht. Ihre Schminke war zu dick aufgetragen, das Kleid, das sie trug, war billig, und man durfte bezweifeln, daß sie eine Ahnung hatte, was zur Zeit in Serbien passierte; aber im Augenblick war sie nicht ohne Reiz. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und zog sie zu einem raschen, flüchtigen Kuß an sich. Aber mit seinen Gedanken war er nur bei Amanda und seinem Wunsch, sie wiederzufinden.
»Ich glaube, wir haben ihn abgeschüttelt«, stöhnte Amanda außer Atem. Sie war sehr schnell gelaufen, um Hank zu entrinnen.
»Ist er dein Aufpasser oder was?« fragte Sam.
» Was ist das treffende Wort. Er bildet sich ein, ich wäre sein Eigentum.«.
»Aber ich habe
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