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Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Titel: Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Sachar
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Er griff sich an den Bauch und ließ sich zu Boden fallen.
    Stanley konnte nur warten, bis es vorüber war. Dieser Ssplisch hatte Zero das Leben gerettet, aber jetzt fraß er ihn von innen her auf. Er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis er selbst die Wirkung ebenfalls zu spüren bekam.
    Er sah zum Großen Daumen hinüber. Er schien kein bisschen näher als bei ihrem Aufbruch.
    Zero atmete tief und schaffte es, sich aufzusetzen. »Kannst du gehen?«, fragte ihn Stanley.
    »Moment noch«, sagte Zero. Er atmete wieder tief durch und stemmte sich dann mit Hilfe der Schaufel auf die Füße. Er sah Stanley an und reckte den Daumen hoch. Dann gingen sie weiter.
    Manchmal versuchte Stanley eine ganze Weile zu laufen, ohne nach dem Großen Daumen zu sehen. Er machte einen geistigen Schnappschuss von ihm und wartete vielleicht zehn Minuten, bevor er wieder nachsah, ob sie inzwischen vielleicht etwas näher gekommen waren.
    Aber das passierte nie. Es war wie die Jagd nach dem Mond.
    Und falls sie ihn wirklich je erreichten – das wurde ihm auf einmal bewusst –, dann mussten sie ja auch noch hinaufsteigen.
    »Wer sie wohl war?«, sagte Zero.
    »Wer?»
    » Mary Lou «, sagte Zero.
    Stanley lächelte. »Ich glaube, das war eine echte Frau, die an einem echten See wohnte. Schwer vorzustellen.«
    »Bestimmt war sie hübsch«, meinte Zero. Jemand muss sie sehr geliebt haben, wenn er sein Boot nach ihr benannt hat.«
    »Bestimmt«, sagte Stanley. »Ich wette, sie sah toll aus, wenn sie im Badeanzug im Boot saß, während ihr Freund ruderte.«
    Zero benutzte die Schaufel als drittes Bein. Zwei Beine reichten nicht mehr aus, um ihn aufrecht zu halten. »Ich muss mich mal ein bisschen ausruhen«, sagte er nach einer Weile.
    Stanley schaute zum Großen Daumen hinüber. Er kam ihm immer noch nicht näher vor. Er fürchtete, dass Zero, wenn er erst einmal anhielt, nicht wieder auf die Beine käme. »Wir sind fast da«, sagte er.
    Er überlegte, bis wohin es wohl kürzer wäre: nach Camp Green Lake oder zum Großen Daumen?
    »Ich muss mich wirklich hinsetzen.«
    »Versuch mal, noch ein kleines Stück zu
    Zero brach zusammen. Die Schaufel hielt sich noch einen kurzen Augenblick länger aufrecht und stand ohne zu schwanken auf der Kante des Schaufelblatts, bevor sie neben ihm auf den Boden fiel.
    Zero kniete vornübergebeugt, den Kopf am Boden. Stanley hörte ein ganz leises Wimmern. Sein Blick fiel auf die Schaufel, und der Gedanke schoss ihm durch den Kopf, dass er sie vielleicht brauchen würde, um ein Grab zu graben. Zeros letztes Loch.
    Und wer gräbt mir ein Grab? , dachte er.
    Aber Zero stand tatsächlich wieder auf und reckte einen Daumen hoch.
    »Sag mir mal ein paar Wörter«, bat er matt.
    Stanley brauchte ein paar Sekunden, bis er begriff,
    was Zero meinte. Dann sagte er lächelnd: »R – u – n.« Zero ahmte den Klang nach: »Rr – un, run. Run.« Gut. F – u – n.“
    »Fffun.«
    Das Buchstabieren half Zero. So hatte er etwas anderes, woran er denken konnte, als seine Schmerzen und seine Schwäche.
    Auch Stanley lenkte es ab. Als er das nächste Mal zum Großen Daumen hinübersah, schien er ihm tatsächlich näher.
    Als das Sprechen zu schmerzhaft wurde, hörten sie auf mit dem Buchstabieren. Stanleys Hals war trocken. Er fühlte sich schwach und erschöpft, aber so schlecht er sich auch fühlte, wusste er doch, dass es ihm zehnmal besser ging als Zero. Und solange Zero noch laufen konnte, konnte er es auch.
    Es war ja möglich, dachte er, hoffte er, dass er selbst keine von den bösartigen Bakterien abbekommen hatte. Zero hatte den Deckel nicht aufschrauben können. Vielleicht hieß das, dass die Bakterien auch nicht hineinkommen konnten. Vielleicht waren sie nur in den Gläsern gewesen, die leicht aufgingen, in denen, die er jetzt in seinem Sack trug.
    Was Stanley beim Gedanken an den Tod am meisten Angst machte, war nicht das Sterben als solches. Den Schmerz würde er sicher ertragen können. Viel schlimmer als das, was er jetzt fühlte, konnte es auch nicht sein. Vielleicht würde er ja im Augenblick des Todes schon viel zu schwach sein, um den Schmerz überhaupt noch zu spüren. Der Tod würde direkt eine Erleichterung sein. – Was ihn am meisten beunruhigte, war der Gedanke, dass seine Eltern nie erfahren würden, was mit ihm geschehen war, ob er am Leben war oder tot. Er fand es furchtbar sich vorzustellen, wie es für seine Mutter und seinen Vater sein würde, Tag um Tag, Monat um Monat nie etwas zu

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