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Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Titel: Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Sachar
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schaute ihn an. Er hatte nicht die Kraft aufzustehen. Es kam ihm so vor, als wäre die Innenseite seines Mundes und seines Halses mit einer Schicht Sand überzogen.
    Kein Wunder. Als er sich auf den Bauch rollte, sah er das Wasserloch. Es war etwa zweieinhalb Fuß tief und über drei Fuß breit. Am Boden stand dunkelbraunes Wasser, nicht mehr als zwei Zoll tief.
    Stanleys Hände und Finger waren wund vom Graben, vor allem die Haut unter den Nägeln. Er schöpfte sich etwas von dem lehmigen Wasser in den Mund, bewegte es hin und her und versuchte es mit den Zähnen zu filtern.
    Zero stöhnte.
    Stanley wollte etwas zu ihm sagen, aber die Wörter kamen ihm nicht aus dem Mund und er musste es noch einmal versuchen. »Wie geht’s dir?« Das Sprechen tat weh.
    »Nicht gut«, sagte Zero leise. Unter großer Anstrengung rollte er sich auf den Bauch, kam auf alle viere und kroch zum Wasserloch. Er steckte den Kopf hinein und schleckte etwas Wasser auf.
    Dann fuhr er plötzlich zurück, riss die Knie an die Brust und rollte auf die Seite. Sein ganzer Körper zitterte heftig.
    Stanley überlegte, ob er wieder hinuntersteigen sollte, um nach der Schaufel zu suchen und damit das Loch zu vergrößern. Vielleicht hätten sie dann sauberes Wasser. Die Einmachgläser könnten sie als Trinkgefäße nehmen.
    Aber er glaubte nicht, dass seine Kraft dazu reichte, geschweige denn, es wieder hier hinauf zu schaffen. Außerdem wusste er ja auch gar nicht, wo er suchen sollte.
    Mühsam kam er auf die Beine. Er stand in einem Feld aus lauter grünweißen Blumen, das den Großen Daumen ganz zu umschließen schien.
    Er atmete tief durch und ging dann die letzten fünfzig Yards bis zu dem riesigen Felsen und legte eine Hand darauf.
    Abgeschlagen. Du bist dran.
    Dann ging er zurück zu Zero und dem Wasserloch. Auf dem Weg pflückte er eine der Blumen. Eigentlich hatte sie nicht eine einzige große Blüte, bemerkte er, sondern eine Vielzahl winzig kleiner Blüten, die einen Ball formten. Er probierte ein Stückchen davon, spuckte es aber gleich wieder aus.
    Einen Teil der Spur, die er in der Nacht hinterlassen hatte, als er Zero den Berg hinaufgetragen hatte, konnte er erkennen. Wenn er wirklich wieder hinunter wollte, um nach der Schaufel zu suchen, dann müsste er sich bald auf den Weg machen, solange die Spur noch frisch war. Andererseits wollte er Zero nicht gern allein lassen. Er hatte Angst, Zero könnte sterben, während er selbst weg war.
    Zero lag immer noch zusammengekrümmt auf der Seite. »Ich muss dir was erzählen«, sagte er stöhnend.
    »Sprich jetzt nicht«, sagte Stanley. »Spar dir deine Kräfte auf für später.«
    »Nein, du musst mir zuhören«, beharrte Zero. Dann schloss er die Augen und sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz.
    »Ich hör dir zu«, flüsterte Stanley.
    »Ich hab deine Schuhe genommen«, sagte Zero.
    Stanley begriff nicht, was Zero meinte. Er hatte seine Schuhe doch an. »Schon gut«, sagte er. »Ruh dich jetzt aus.«
    »Es ist alles meine Schuld«, sagte Zero.
    »Keiner hat Schuld«, sagte Stanley.
    »Ich hab’s nicht gewusst«, sagte Zero.
    »Schon gut«, sagte Stanley. »Ruh dich aus!«
    Zero schloss die Augen. Aber dann fing er wieder an: »Das mit den Schuhen, das wusste ich nicht.«
    »Was für Schuhen?«
    »Denen vom Heim.«
    Stanley brauchte noch einen Moment, bis er begriff. »Die von Clyde Livingston?«
    »Es tut mir Leid«, sagte Zero.
    Stanley starrte ihn an. Das war nicht möglich. Zero hatte Fieber, er phantasierte.
    Sein Geständnis schien Zero etwas Erleichterung zu verschaffen. Seine Gesichtsmuskeln entspannten sich. Während er langsam hinüberdämmerte, sang Stanley ihm das Lied, das seit Generationen in seiner Familie gesungen wurde.
     
 
    »Wenn, ja wenn«, seufzte der Specht,
    »die Rinde am Baum nur ein bisschen weicher wär!«
    Und unten lauert der Wolf,
    hungrig und einsam heult er zum Mond,
    zum Mo-ho-hond:
      »Wenn, ja wenn!«

40
    Als Stanley in der Nacht die Zwiebel fand, hatte er sich keine Gedanken darüber gemacht, wie sie wohl dahin gekommen war. Er hatte sie nur dankbar gegessen. Aber als er jetzt dasaß und auf den Großen Daumen und die blühende Wiese blickte, kam ihm die Sache doch seltsam vor.
    Wo es eine wilde Zwiebel gab, da konnte es auch mehr geben.
    Er rieb seine Finger aneinander, damit sie aufhörten wehzutun. Dann bückte er sich und nahm sich eine neue Blume. Dieses Mal zog er die ganze Pflanze mit den Wurzeln heraus.
    »Zwiebeln! Frische, scharfe,

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