Löffelchenliebe (German Edition)
behandle. Und dass ich ihnen unterstelle, dass eine wie die andere heimlich in David verliebt ist. Vielleicht ja auch gar nicht heimlich. Es widerspräche jedem Naturgesetz, wenn …
Mensch, Anna, komm mal wieder runter, höre ich Rosalies Stimme. Sie hat recht, natürlich. Ich bin aber auch eine dumme Nuss.
Ich nehme einen großen Schluck Bier.
Ach so, Sport, das war ja die Frage. »Ich mach Yoga«, etwa einmal in zwei Monaten, »gehe Joggen«, mindestens einmal im Jahr, »Snowboarden«, hab ich einmal ausprobiert, ein äußerst dunkles und schmerzhaftes Kapitel in meinem Leben, »und Tanzen« – hoffentlich in den nächsten paar Minuten. Mich juckt es nämlich ganz gehörig in den Beinen.
»Oh, dann bist du ja extrem sportlich !«, ruft eine, ich glaube, es ist Laura. »Dann erwarte bloß nicht zu viel, wenn du mal mitkommst zum Bouldern. Wir sind eher von der gemütlichen Sorte.« Sie lacht.
Und ich lache mit.
David sieht mich voller Bewunderung von der Seite an. Muss das später unbedingt klarstellen.
»Übrigens, bist du wirklich schon fünfunddreißig ?«, will Laura wissen. »Wenn David es uns nicht gesagt hätte, würden wir dich auf Ende zwanzig schätzen. Höchstens.« Die anderen drei nicken zustimmend.
»Oh, danke, das ist aber nett.« Die nächste Runde Bier geht auf mich.
»Nee, nicht nett – ehrlich !«, wirft auch David ein.
Du, mein Herz, bekommst einen ganzen Kasten. Aber jetzt geht’s erst mal auf die Tanzfläche !
Eigentlich ist es mir sonst ja peinlich, zum allerersten Mal vor einem neuen Freund zu tanzen, aber irgendwie bin ich jetzt so überdreht und beschwipst und fühle mich so jung und wild in diesem Laden. Und außerdem läuft: I WILL SURVIVE !
»Kommt einer mit tanzen ?« Ich unterdrücke mit Mühe ein Kreischen. Kann mich kaum mehr halten.
Fünf Menschen schütteln den Kopf. Die mit den halb abrasierten Haaren, Lea, wenn ich richtig tippe, sagt: »Bei einem anderen Song vielleicht«, und schlägt mit einer ausladenden Geste ihre langen Haare über die kahle Seite.
Ich gebe David einen schnellen Kuss auf die Wange und schon bin ich mitten im Getümmel.
» First I was afraid, I was petrified. Nanananananananananana by my side. But then I spent so many nights thinking how you did me wrong. I … strong. Nanana how to carry on .«
Gar nicht mehr so voll, die Tanzfläche, da habe ich genug Platz, um mich richtig auszudrücken. Hände in die Höhe, wedeln, Lasso, Beine nach rechts schleudern, nach links, Knie öffnen, wieder schließen, in die Hocke, hoch, runter, hoch − die alten Schritte sind alle noch da !
» Just turn around now … « Hand über den Kopf wie eine Krone, um die eigene Achse drehen, eine Runde, zwei Runden, drei, Lasso, Lasso, hoppla, da wird mir ein bisschen schwindelig. Kurz sammeln und mit einem weiten Sprung, der früher mal in einem angedeuteten Spagat mündete, wieder in der Mitte der Tanzfläche gelandet. Punktgenau. Fehlen nur noch die Diskokugeln. » I’ve got all my life to live, I’ve got all my love to give, and I’ll survive, I will survive. Nana .«
Achtung, jetzt kommt meine Breakdance-Einlage. Von wegenaltes Eisen, ich steck euch alle, die ihr hier versammelt seid, locker in die Tasche. Ich gehe tief in die Hocke, setze die Handflächen auf den Boden, bringe meinen Körper nach vorne über die Hände – okay, der Start war etwas holprig –, aber jetzt geht die Post ab. Hände umsetzen, Kreisel, umdrehen, meine Kette samt Krönchenanhänger schlägt mir um die Ohren, schnell auf den …
Ah.
Aua !
Mein Rücken !
Huh, hah, das hat geknackt, irgendwo über meinem Po, und wie ! Ich sitze auf dem Hosenboden und kann mich absolut nicht mehr bewegen, keinen einzigen Millimeter will mein Körper vom Fleck. Klarer Fall von Schockstarre, denke ich, und fast zeitgleich schießen mir panikartig drei weitere Gedanken durch den Kopf. Erstens: Bloß nicht hochgucken, dann guckt auch keiner runter. Zweitens: Ich muss schleunigst wieder auf die Beine kommen, unbedingt ! Und drittens: Aua, aua, aua !
Ich atme tief ein und bündle all meine Kräfte, dann fange ich an zu krabbeln, als hätte ich nie etwas anderes getan. Einmal quer über die Tanzfläche, an einer ganzen Armada von Beinen vorbei, Blick nach unten, zur Lautsprecherbox, aus der schon wieder ganz andere, überhaupt nicht mehr lustige Musik schallt. Mit Mühe und Not ziehe ich mich an der Box hoch. Automatisch schießen mir Tränen in die Augen, so sehr zieht es im Rücken. Wie
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