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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Mantel gehüllt, zwischen den fest vertäuten Fässern. Ihre abwesende Miene sagte deutlich, dass sie allein gelassen werden wollte. Und Johnny sah nicht so aus, als könnte er riskieren, sich auch nur eine Minute von der Reling zu entfernen. Robert seufzte und stieg die Leiter zum Deck hinunter.
    Unter der Plattform des Heckkastells wurde alles gelagert, was ständig gebraucht wurde, aber nicht allzu nass werden durfte – Segeltuch, Nahrungsmittel und Lederballen. Als seine Augen sich an das Zwielicht gewöhnt hatten, fiel Robert auf, dass der Raum unter der Plattform nicht bis zum Heck des Schiffs reichte. Vor sich sah er eine Holzwand. Er erkannte die Umrisse einer Tür – es gab also einen zweiten Raum.
    Da seine Neugier geweckt war und er sich auf der LÖWENHERZ beinahe wie zu Hause fühlte, hob er kurzerhand den einfachen hölzernen Riegel an und trat ein. Der Raum war eng und mit Truhen und Kisten vollgestellt, die zugleich als Tisch und Sitzgelegenheiten dienten. Das Knarren des Schiffskörpers schien hier lauter als irgendwo sonst auf der LÖWENHERZ . Jemand hatte achtlos seinen Mantel über eine Truhe geworfen, daneben lagen Stiefel. In einer Ecke befand sich ein einfacher Bettrahmen, wie Robert ihn auch aus den besser eingerichteten Pächterhütten kannte. Mehrere Säcke, die mit Stroh und Heu gefüllt waren, dienten als Matratze. Auch auf dem Lager türmten sich Decken, ein weiterer Mantel lag obenauf.
    »Was habt Ihr hier drin verloren?«
    Robert fuhr erschrocken herum. Hugo stand mit finsterer Miene hinter ihm.
    »Oh …«, machte Robert. »Äh … Ich wollte … Ich war …«
    Hugo schob sich an Robert vorbei und schubste ihn mit einer Körperdrehung aus der offenen Tür, packte den Riegel und schloss sie wieder.
    Roberts Herz klopfte wie wild, obwohl er sich eigentlich keiner Schuld bewusst war. Niemand hatte ihm je irgendetwas davon gesagt, dass man auf dem Schiff nicht überallhin dürfe.
    »Das ist meine Kajüte«, sagte Hugo. »Und auf allen Schiffen gilt: Niemand darf ohne Erlaubnis die Kajüte des Schiffsmeisters betreten.« Er lächelte, wie um seinen Worten die Schärfe zu nehmen, aber diese Freundlichkeit schien Robert plötzlich bemüht.
    Auf dem Schiff, mit dem sie über den Kanal gekommen waren, hatte die Regel bezüglich der Schiffsmeisterskammer nicht gegolten; im Gegenteil, dort hatte es ein ständiges Ein und Aus gegeben.
    »Davon hab ich noch nie was gehört«, erwiderte Robert.
    »Nun wisst Ihr’s, Sire Robert.« Breitbeinig wartete der Schiffsmeister, bis Robert wieder an Deck geklettert war.
    Draußen musste Robert die Augen zusammenkneifen, so hell schien es ihm mit einem Mal. Hugo folgte ihm hinauf und nahm wieder seinen Platz beim Steuermann ein. Der Schiffsmeister warf dem Matrosen im Ausguck einen Blick zu und dieser schüttelte den Kopf.
    Wonach hielt der Matrose Ausschau? Sicher nicht nach Land, dafür waren sie noch nicht lange genug unterwegs. Nach einem anderen Schiff?
    Wurde die LÖWENHERZ  … verfolgt!?
    Plötzlich fiel Robert die Stille auf, die auf dem Schiff herrschte. Das Segel dehnte und blähte sich, das Holz knackte, Spanten knarrten, der Wind heulte in der Takelung. Aber das waren Geräusche, die man nach kurzer Zeit nicht mehr wahrnahm, weil sie einen gleich bleibenden Rhythmus hatten. Dann wurde es Robert klar: Das Möwengekreisch fehlte. Die Vögel waren weg. Dafür gab es nur eine Erklärung: Die LÖWENHERZ hatte Kurs auf die offene See genommen. Schiffsmeister Hugo wich vom Kurs ins Heilige Land ab.

7
    E rst als Hugo seinen Platz neben dem Steuermann verlassen hatte und unter dem Heckkastell verschwunden war, huschte Robert zu Johnny, der immer noch wie ein Häufchen Elend auf seinem Platz saß, aber etwas mehr Farbe im Gesicht hatte als noch am Mittag.
    »Langsam wird’s besser«, ächzte Johnny.
    »Kein Wunder!«, zischte Robert. »Es ist wie bei der Überfahrt nach Cherbourg – wir sind jetzt so weit von der Küste weg, dass der Wellengang ruhiger ist.«
    Johnny fuhr in die Höhe. »Weit von der Küste weg!?«, echote er.
    »Sch … Sch! Hier stimmt was nicht! Los, wir müssen mit Edith reden. Aber unauffällig.«
    »Was?«
    Robert zerrte Johnny einfach mit sich. Er ahnte, dass es alles andere als unauffällig war, aber er war zu ungeduldig, um alles zweimal zu erklären. Sein Nacken prickelte – er hatte das Gefühl, dass die Männer der LÖWENHERZ sie verstohlen beobachteten. Er warf seinerseits verstohlene Blicke umher. Die Situation

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