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Loewenmutter

Loewenmutter

Titel: Loewenmutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esma Abdelhamid
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aber ich hatte sie wieder. Nur das zählte. Ich würde sie schon wieder aufpäppeln.
    Was um mich herum passierte und wer da oder nicht da war, es war mir alles egal in diesem Moment. Mein Mann oder diejenige, die mir am Telefon meine Kinder nicht geben wollte, egal. Ich war nicht traurig, war nicht wütend, war nur froh, dass ich meine Kinder wiedersehen und festhalten konnte. Diese Minuten leben und spüren. Beide da, beide gesund.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so bei ihnen gestanden, gelegen und gekniet habe, plötzlich hörte ich Stimmen im Flur. Abdullahs Stimme, El Hemla musste ihm Bescheid gegeben haben, auch fremde Stimmen. Er war nicht allein. Sie unterhielten sich. Das Wort »illegal« hörte ich. Was sollte das? Mein Mann schien den Leuten zu erzählen, dass ich illegal eingereist sei. Dann riefen sie mich. Erst wollte ich nicht hören, doch schließlich drehte ich mich langsam um und ging Richtung Flur.
    Als Erstes sah ich zwei Polizisten, mein Mann musste sie mitgebracht haben. Sie standen an der offenen Eingangstür. Komisch, Abdullah daneben erkannte ich kaum. Er trug eine Brille, wirkte seriös und hatte sich seinen Oberlippenbart abrasiert. Gut sah er aus, aber um die Kinder kümmerte er sich nicht. Viel Zeit zum Staunen hatte ich jedoch nicht.
    »Können Sie uns bitte Ihre Papiere zeigen?«, forderte mich einer der beiden Beamten auf. Ich verstand ihn nicht sofort, aber mein Mann übersetzte. »Deine Papiere wollen sie sehen.« Wenn er über mein Kommen erstaunt war, so verbarg er seine Überraschung gut: Er strotzte vor Selbstsicherheit. Jetzt bloß nicht klein beigeben, dachte ich: Es kann dir nichts passieren. Ohne jemanden anzusehen, ging ich an dem Grüppchen vorbei und klopfte noch einmal bei der Nachbarin, die sich schon wieder zurückgezogen hatte. Sie kam auch gleich und brachte meinen Pass.
    »Bitte schön, alles in Ordnung«, befanden die beiden Beamten, die nur oberflächlich in dem Dokument geblättert hatten. Dann fragten sie die Nachbarin, ob sie mich kenne. »Ja.« Und bezeugen könne, dass ich hier in der Wohnung lebte und dass die beiden Kinder meine seien. »Ja«, sagte sie noch ein paar Mal und nickte. Das war Abdullah gar nicht recht, und er mischte sich ein. Ich verstand nicht viel von dem, was er sagte, aber immerhin, dass sie mich mitnehmen sollten, weil ich eine Diebin sei, dass er mich nicht mehr haben wolle und dass seine Söhne mich auch nicht mehr sehen wollten. Hatte er zu Anfang noch souverän gewirkt, so verlor er nun zusehends die Kontrolle.
    Zum Schluss schrie er mich an: »Was willst du hier? Sechs Monate lang hast du dich nicht um deine Kinder gekümmert, so egal sind sie dir. Und jetzt kommst du hier an und bringst alles durcheinander. Hier hast du nichts mehr zu suchen. Barra imschi – verschwinde, oder lass dich von der Polizei mitnehmen.« Doch davon wollten die Polizisten nichts wissen. »Sie hat ein Recht, hier zu sein«, meinten sie, ich sei doch schließlich die Mutter. Unsere privaten Streitereien gingen sie nichts an.
    Inzwischen waren Amin und Jasin aufgewacht. Der Lärm hatte sie erschreckt. Verschlafen kamen sie durch die Küche gewankt, mit großen Augen. So viele Leute mitten in der Nacht: Die Mutter, die sie so lange nicht gesehen hatten, der Vater, der sie hinauswerfen wollte, die Polizisten, die versuchten den Vater zu beruhigen, die Nachbarin und die Ersatzmutter, alle im Hausflur. Was für ein Auflauf, war die ganze Welt verrückt geworden?
    Amin drückte sein Kuscheltier fest vor seine Brust, Jasin schniefte und versteckte sich hinter seinem Bruder. Jetzt schrie Abdullah auch sie noch an: »Ihr habt hier nichts verloren, geht sofort wieder ins Bett und schlaft weiter.« Aber die beiden reagierten nicht, sondern starrten mich ungläubig mit ihren dunklen Augen an. Dicht neben mir standen sie, direkt vor der offenen Eingangstür. »Kommt, wir gehen zusammen ins Bett«, sagte ich so ruhig wie möglich, obwohl ich hätte heulen können, heulen vor Freude, dass ich sie wiederhatte. Sollten die anderen sich weiter streiten, mich ging das Ganze nichts an. Amin rieb sich die Augen, dann schob er seine Hand in meine. »Wo warst du so lange?«, fragte er, als wir ins Schlafzimmer zurückgingen. »Bei Opa«, antwortete ich. »Jetzt bleibe ich aber hier bei euch.« – »Wirklich?«, fragte Jasin. »Jetzt schlaft schön, wir sprechen morgen weiter«, versuchte ich sie zu beruhigen. Sie waren verunsichert, aber ich tat so, als bemerkte ich es nicht. Ich

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