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Loewenmutter

Loewenmutter

Titel: Loewenmutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esma Abdelhamid
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deckte sie zu, streichelte über die Bettdecken und war einfach nur froh, dass ich wieder da war. Während ich noch ein ums andere Mal flüsterte, wie sehr ich sie vermisst hatte, schliefen sie schon wieder ein. Als alles ruhig war, setzte ich mich auf den Boden und lehnte mich müde gegen das Bettgestell.
    Mein Mann hatte sich mit seiner neuen Freundin ins Wohnzimmer zurückgezogen. Der Fernseher lief. Ich hörte ihre Stimmen durch die dünne Wand. Hörte, wie sie redeten und diskutierten. Kein Zweifel, dass sie etwas miteinander hatten. Als ob sie es mir beweisen wollten, waren die Geräusche später eindeutig. Wie Schuppen fiel es mir von den Augen, zwischen den beiden lief schon lange etwas, und mein Mann hatte unsere Trennung und die Entführung der Kinder konsequent geplant. Das hätte ich ihm nie zugetraut. So ein Mistkerl. Wie hinterhältig und gemein. Am liebsten wäre ich aufgesprungen, ins Wohnzimmer gestürzt und hätte ihm meine ganze Enttäuschung und Wut ins Gesicht geschrien. Aber das konnte ich nicht, ich wollte nicht riskieren, dass er mich mit Gewalt vor die Tür setzte. Irgendwann vernahm ich Schritte im Flur. Da muss die Frau wohl gegangen sein.
    Alles in mir rumorte. Dennoch wartete ich und öffnete die Tür erst, als ich das Gefühl hatte, dass auch mein Mann eingeschlafen war. Ich schlich in die Küche und sah mich um. Weder schmutziges noch abgespültes Geschirr. Es hatte nicht den Anschein, als ob hier täglich gekocht worden sei. Ich öffnete den Kühlschrank, da war nichts außer Margarine und Marmelade. Auch die Lebensmittelschränke waren leer. Nur ein vertrocknetes Brot im Toaster. Ich fragte mich, ob die Kinder überhaupt etwas gegessen hatten, bevor sie zu Bett gegangen waren. Dieser Gedanke machte mich noch wütender.
    Die Küche hatte sich verändert. In einer Ecke war eine kleine Dusche eingebaut. Dort hinein setzte ich mich nun und zog den Duschvorhang um mich, schlang die Arme um die Knie und starrte auf den Boden. Wie würde es weitergehen? In meiner Not fing ich an zu beten: Allah hilf. Soll Abdullah doch zu seiner Freundin ziehen und mich mit den Kindern alleine hierlassen. Allah hilf!
    »Verschwinde«, fuhr mich Abdullah am nächsten Morgen an. »Mach dich aus dem Staub. Ich will dich nicht mehr sehen.« Ich ließ ihn reden und dachte: Wirst dich dran gewöhnen müssen, dass ich hier bin. Etwas Schlimmeres als mir meine Kinder wegzunehmen konnte er mir nicht antun. Und das hatte er schon getan. Sollte er nun wüten, wie er wollte, ich ließ mich nicht mehr einschüchtern. Das schien er zu merken, und weil ich nicht reagierte, sagte auch er nichts mehr.
    In den folgenden Tagen kam und ging Abdullah, wie er wollte. Ich dagegen traute mich kaum aus dem Haus, weil ich nicht wusste, ob ich auch wieder hineinkäme. Die Jungen freuten sich, dass ich wieder da war. Jeden Tag kamen sie nach der Schule sofort angestürmt und ließen mich den gesamten Nachmittag und Abend nicht mehr aus den Augen. Sie hingen an mir, sie wollten mit mir waschen, einkaufen, die Wohnung sauber machen. Alles nur, damit ich ja dabliebe. Ich spielte mit ihnen und erzählte von Amal. Sie selbst sprachen nicht viel von den vergangenen Monaten. Ich fragte auch nicht. Sie hatten genug durchgemacht, warum sie unnötig daran erinnern?
    Ich wollte bleiben, von Tag zu Tag wurde es mir klarer. Was immer mein Mann dazu sagte. Ich war entschlossen: Soll er mich schlagen und beschimpfen, wie er will. Ich werde unsere Tochter herholen und mit meinen Kindern hier leben. Mit Abdullah oder ohne ihn.
    Aber dafür brauchte ich Amals Papiere. Ich wollte Abdullah nicht danach fragen, aber sobald er außer Haus war, durchwühlte ich die Schränke, seine Taschen, jede Schublade, sogar die in der Küche, aber ich fand nichts. Einen Aktenkoffer, der abgeschlossen war, versuchte ich mit einem Messer zu öffnen. Umsonst. Das machte mich rasend. Je mehr ich suchte, desto wilder wurde ich. Eines Nachmittags riss ich sogar die Wohnzimmergardinen herunter, nur um zu sehen, ob Abdullah den Pass dazwischen versteckt hatte. Ich war außer mir. Wütend rannte ich in die Küche, holte das Fleischerbeil aus der Schublade und begann, die Schlösser der abgeschlossenen Schrankwand im Wohnzimmer zu bearbeiten. Das Holz splitterte, wie eine Furie hieb ich darauf ein, auf bekam ich die Schränke trotzdem nicht. Als Amin ins Zimmer kam und mich auf die Schlösser einschlagen sah, erschrak er zunächst. Dann fragte er, ob er die Uhr an der Wand klein

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