Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loge der Lust

Loge der Lust

Titel: Loge der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henke Sandra
Vom Netzwerk:
sie gequält hatte, als sie nackt vor ihm und dem Publikum stand. Es war grausam von ihm gewesen, ihr das anzutun. Und es war genau das, wovon sie geträumt hatte. Doch Träume waren eine Sache – das reale Ausleben derselben eine andere. Teena musste das Erlebte verdauen. Wie gerne hätte sie mit jemandem darüber gesprochen! Aber Joshua würde aus allen Wolken fallen, Monica würde fragen, ob sie noch ganz bei Verstand war, Lewis würde sie augenblicklich suspendieren, und Matthew? Seine Rolle war zu undurchsichtig, als dass sie auch nur in Erwägung ziehen würde, ihn in ihr Geheimnis einzuweihen.
    Der sanfte Ganove. Ihr sanfter Ganove. Mit ihm hätte sie gerne ein intensives Gespräch geführt. Sie würde ihn nicht nur über den vermeintlichen Prostituiertenring, die Partys und Erpressungen ausfragen, sondern auch über ihr Gefühlschaos. Nur er konnte ihr helfen, ihre Lust zu verstehen. Bei der Erinnerung an seine Liebkosungen erschauerte sie.
    „Ist dir kalt?“ Joshua drückte sie an sich. „Die Sommernächte an der Küste können frisch sein.“
    „Mir gefällt das. In der Großstadt steht die Hitze förmlich. Selbst in der Nacht kühlt es nur wenig ab.“
    Schmunzelnd stupste er ihre Nasenspitze an. „Kann es sein, dass du langsam die Vorzüge unserer kleinen Stadt zu schätzen lernst?“
    „Mein Leben in London war nicht so aufregend.“ Sie lächelte müde.
    Als sie in Gardenrye ankamen, war es stockdunkel. Nur der Hafen war noch beleuchtet.
    „Die Straßenlaternen werden um Mitternacht abgeschaltet, um Strom zu sparen“, erklärte Josh, während er das Taxi zahlte.
    Er stützte Teena, als wäre sie eine Versehrte. Erst in seiner Wohnung, einem kleinen Appartement in der Nähe der Post, löste er seinen Griff.
    „Setz dich ins Wohnzimmer“, forderte er sie auf. „Ich mache dir einen Tee.“
    „Du trinkst Tee? Ich dachte, Matthew, Lewis und du, ihr wärt auf Kaffee eingeschworen.“
    „Ich hab immer Tee im Haus, falls Besuch kommt“, erklärte er und ging in die Küche.
    Dann ist er bestimmt schon abgelaufen, weil du ihn so selten brauchst, feixte Teena in Gedanken. Sie hatte ihre Erfahrungen gemacht.
    Teena betrat das Wohnzimmer und runzelte die Stirn. Josh trieb sein Retrofaible auf die Spitze! Zögerlich nahm sie auf dem Sofa Platz, strich über das braun-gelb gestreifte Velourspolster und fragte sich, wie viele Milbengenerationen darin schon aufgewachsen waren. Wie konnte sich jemand nur eine solch hässliche Couch zulegen? Ihr Blick fiel auf die Satellitenlampe an der Decke. An der orangefarbenen Halterung hingen fünf weiße Kugelleuchten. Hatte Josh sie vom Trödelmarkt?
    Sie bekam ein schlechtes Gewissen. Wenn die siebziger Jahre nun mal Joshuas Vorliebe waren, hatte sie das zu akzeptieren. Dieser Spleen war immer noch besser, als Porzellanschweine zu sammeln. Immerhin besaß er einen eigenen Stil. Teena mochte Männer, die wussten, was sie wollen. Wieder schlich sich der Maskierte in ihre Gedanken ein. Seufzend kraulte sie ihre Schläfen.
    „Hast du Kopfschmerzen?“, fragte Josh, der mit einem Tablett ins Zimmer kam, auf dem ein Becher, ein Süßstoffspender und eine Packung Kaffeesahne standen.
    Teena verkniff es sich, etwas über die Sahne zu sagen. Sie trank ihren Tee sowieso ohne Milch. Viel schlimmer fand sie, dass ein Teebeutel in dem Becher hing. Eigentlich mochte sie nur losen Tee. Wenn es keinen gab, bevorzugte sie ein Glas Mineralwasser. Aber dies war nicht das Ritz Carlton, sondern Joshs Wohnung, und er meinte es wirklich gut mit ihr.
    „Ich bin nur müde.“
    Er nahm den Teebeutel heraus, tunkte ihn noch einige Male ins Wasser und legte ihn dann auf das Tablett.
    Amüsiert betrachtete Teena das Tablett, während sie den Becher anhob. Es bestand aus Plastik, was nicht weiter schlimm war. Nur die aufgemalten gelben Kreise, die innen einen grasgrünen Punkt hatten und aussahen wie die Pupillen eines Gelbsucht-Patienten, waren so abscheulich, dass sie Teena fast die Tränen in die Augen trieben.
    „Möchtest du reden?“, fragte Josh und legte eine Hand auf ihr Knie.
    „Mir ist nichts passiert“, log sie und blies in ihren Tee. Kräuterduft stieg in ihre Nase. „Unprofessioneller hätten wir nicht vorgehen können, findest du nicht auch? Matthew hätte seine persönlichen Aversionen zurückstellen und Newcastle einschalten müssen.“
    Zerknirscht nickte er. „Wir hatten weder genügend Einsatzkräfte noch eine adäquate Ausstattung. Es tut mir so leid.“ Er zog sie

Weitere Kostenlose Bücher