Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loge der Lust

Loge der Lust

Titel: Loge der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henke Sandra
Vom Netzwerk:
kleinlaut. Vermutlich dachte er, sie hätte sich die Schuhe bei einem Lieferservice bestellt.
    „Frauen! Euch werde ich nie verstehen.“ Mahnend hob er den Zeigefinger. „Denk nicht, dass ich deine Arbeit übernehme, wenn du umknickst und dir den Knöchel verstauchst.“
    „Keine Sorge! Protokolle in den Computer eingeben kann ich auch mit zwei gebrochenen Beinen.“ Wütend packte sie die Turnschuhe in den Karton.
    Auf einmal lachte er.
    „Was ist so lustig? Hör auf!“ Sie nahm ein zusammengeknülltes Blatt Zeitungspapier und warf es ihm an den Kopf.
    Überrascht hörte er auf zu lachen. Er griff sanft ihren Oberarm. „So war das doch nicht gemeint. Bist du immer so empfindlich?“
    „Ich mag es nicht, wenn man sich über mich lustig macht.“ Das hatte sie schon in ihrer Teenagerzeit über sich ergehen lassen müssen.
    Joshua schüttelte den Kopf. „Ich habe nur gelacht, weil du gut gekontert hast. Wenn du dich so aufreizend anziehst, musst du auch mit Kommentaren rechnen.“
    Er hatte recht. Sie hatte doch vorher gewusst, dass sie bei den neuen Kollegen anecken würde, weil das Outfit unpassend für den Dienst war. Ein Teil von ihr wollte sogar provozieren, während der andere es vorzog, in der Masse unterzugehen. Heute gewann ihre verruchte Seite, die mutige Christeena.
    Sie nahm das Paket und wollte gerade das Büro verlassen, als Josh fragte: „Kommst du mit mir etwas essen? Es ist Zeit für die Mittagspause. Mein Magen hat sich schon während der Befragung ständig gemeldet.“
    „Eigentlich muss ich in den Supermarkt“, wandte sie ein und hätte sich ohrfeigen können.
    „Der Hafen ist nur eine Straße weiter. Dort liegt unser Stammimbiss – das ‚Finger Food'. Wir gehen oft dorthin. Das Essen ist günstig und lecker.“
    „Kommen die anderen auch mit?“ Sie hatte keine Lust, die Pause mit Lewis zu verbringen.
    „Monica isst daheim, weil sie nur zwei Häuser weiter wohnt. Lewis‘ Schicht hat erst vor zehn Minuten begonnen. Er macht gegen Abend Pause.“ Josh strich über seinen Pilzkopf. „Und Matthew soll sich erst einmal abkühlen.“
    „Findest du auch, dass er irgendwie merkwürdig war?“ Sie ergriff die Chance und hakte vorsichtig nach.
    „Jeder hat mal einen schlechten Tag. Hol am besten die Akten aus Lewis‘ Büro. Er fühlt sich schnell gestört. Du kannst nachher in meinem bescheidenen Zimmer weiterarbeiten.“
    „Und wo arbeitest du?“ Teena stellte den Karton auf den Boden und schob ihn mit dem Fuß unter den Tisch, damit er nicht im Weg stand.
    „Ich hör mich mal in der Stadt um.“ Grinsend zwinkerte er. „Ich hab meine Quellen.“
    Aufschneider! Teena hätte am liebsten die Augen verdreht, konnte sich aber gerade noch zusammenreißen und ging zu Lewis. Der schaute mürrisch zu ihr auf.
    Wenn Blicke töten könnten, dachte Teena und packte die Akten, die auf dem Schreibtisch lagen, auf den Handwagen. Dabei stieß sie einen Becher mit Kugelschreibern um, die sich auf dem Boden verteilten.
    „Das kann ja heiter werden“, brummte er.
    Teena ärgerte sich über ihre Tollpatschigkeit. Meist war sie ungeschickt, wenn sie sich unwohl fühlte, weil sie angestarrt wurde oder jemand anwesend war, der sie nicht leiden konnte. Beides war in dieser Situation der Fall. Sie bückte sich und hob die Stifte auf. Ihr Blick fiel auf die Aufkleber, die das Gehäuse des Rechners verschandelten. Sie zeigten vorwiegend Tiere. Viele der Sticker waren so alt, dass die Ecken nicht mehr klebten und das Bild kaum noch zu erkennen war. Wie konnte ein erwachsener Mann nur solch eine Vorliebe haben? Dann entdeckte sie den Schriftzug, der auf allen Abziehbildern zu finden war. Er stand am unteren Rand und war so klein, dass man ihn nur schwer bemerkte. „Charity for Kids“.
    Die Aufkleber stammten von einer Wohltätigkeitsorganisation.
    Teenas schlechtes Gewissen meldete sich. Sie vermutete, dass Lewis Geld spendete und als Dank diese Tierbilder erhielt. Manche Organisationen verschickten Postkarten, auf denen Bilder zu sehen waren, die Kinder oder behinderte Menschen gemalt hatten. Wahrscheinlich verschenkte Charity for Kids Sticker.
    Man kann den Leuten eben nicht in den Kopf gucken, dachte sie und revidierte ihre Meinung von Lewis. Er war vielleicht doch nicht so ein Kotzbrocken, wie er vorgab zu sein.
    Nachdem sie die Kugelschreiber aufgehoben und in den Becher gestellt hatte, schob sie den Wagen in Joshuas Büro und bemühte sich, nirgendwo anzustoßen, damit nicht auch noch die Akten

Weitere Kostenlose Bücher