Lohse, Eckart
4000 Männer und Frauen am Hindukusch,
verantwortlich fühlt. Im Laufe des Jahres 2010 fliegt er
achtmal nach Afghanistan. Kein Zweifel: Guttenberg ist der Kriegsminister. Eigentlich
hatte er sich vorgenommen, alle zwei Monate die Soldaten in Afghanistan zu
besuchen - er hat diesen Plan übererfüllt. Immer wieder sorgt er bei diesen
Besuchen für Schlagzeilen. Im August begibt er sich in die unmittelbare
Gefechtszone. Das hatte er bereits im Juli versucht, saß sogar schon im
Hubschrauber. Doch dann werden schwere Kämpfe gemeldet, die Reise an die
vorderste Frontlinie wird abgebrochen. Im August klappt es, ein Minister im
durchgeschwitzten T-Shirt ist dort, wo er hinwollte, und natürlich gibt es
jede Menge coole Fotos. Die meisten dieser »Überraschungsbesuche« des
Ministers werden positiv in den Medien und der politischen Klasse aufgenommen,
zeugen sie doch davon, dass sich Guttenberg um die schwierige Situation der
Soldaten im deutschen Einsatzgebiet kümmert.
Die ersten sechs Besuche in
Afghanistan verlaufen also für Guttenberg durchaus erfolgreich. Und dabei lässt
er es nicht bewenden. Er schafft es ein ums andere Mal, keine Routine in seiner
Behandlung des »Krieges« aufkommen zu lassen. Der siebte Besuch allerdings wird
ein ganz besonderer. Am 13. Dezember 2010, einem
Montag, macht sich der Verteidigungsminister wieder einmal auf den Weg zu den
Soldaten der Bundeswehr in den Norden Afghanistans, nach Mazar-i-Sharif und
nach Kundus. Doch diesmal wird es ein echter Überraschungsbesuch, denn
Karl-Theodor zu Guttenberg hat einen ungewöhnlichen Gast dabei: seine Frau
Stephanie. Die habe sich schon immer mal gewünscht, in Afghanistan dabei zu
sein, erklärt der Minister die gemeinsame Reise. Und außerdem habe sich die
Truppe gewünscht, er solle sie einmal mitbringen. Der Besuch solle zeigen,
»dass der Einsatz nicht nur politisch getragen wird, sondern darüber hinaus«,
sagt der Minister. Für das »darüber hinaus« steht also die Ehefrau des
Ministers.
»Das ist kein spaßiger Ausflug,
das ist bitterer Ernst«, sagt Stephanie zu Guttenberg, mit trendigen
»Ugg«-Boots, Sandjeans, Parka mit Falschpelzkragen und kariertem Hemd gekleidet,
zu ihrer Tour. Sie komme, »um als Bürger dieses Landes danke zu sagen«. Die
übermittelten Bilder zeigen unter anderem, wie die Ministergattin zusammen mit
Soldaten in der Kantine zu Mittag isst.
Die Guttenbergs haben peinlich
darauf geachtet, politischen Gegnern und Medien keine Angriffsflächen zu
bieten. Frau Guttenberg zahle die Reise, bei der sich noch ein freier
Platz ergeben habe, aus eigener
Tasche, versichert ein Ministeriumssprecher. Und auch beim Programm achten die
Guttenbergs auf saubere Trennung. Während der Minister sich über die
militärische Lage informieren lässt, spricht Stephanie zu Guttenberg mit
Soldatinnen »von Frau zu Frau« und besucht die leere Intensivstation des
Einsatzlazaretts.
Trotz all dieser Bemühungen kommt
die Reise im politischen Deutschland nicht gut an. Dass Guttenberg den
TV-Journalisten Johannes B. Kerner mitgenommen hat, um eine Talkshow im
deutschen Lager in Mazar-i-Sharif aufzuzeichnen, macht die Sache nicht besser.
Guttenberg mache sich mit dieser Entourage immer mehr zum »Staatsschauspieler«,
kritisiert Andrea Nahles, die SPD-Generalsekretärin.
Doch solche Äußerungen gehören zum
Geschäft von Oppositionspolitikern. In der Presse ist die Tonlage freilich
nicht anders. Von einer Guttenberg-Show und einem »Ego-Feldzug« des Ministers
ist die Rede, von einer peinlichen Inszenierung, von »unernstem Klamauk«, der
die Soldaten verhöhne, sie zur Kulisse für Werbespots der Politik mache, auch
davon, dass der Minister die Grenzen des guten Geschmacks verletzt habe.
Showtime mit Glanz und Gloria dürfe es an der Front nicht geben. Der
Politikberater Michael Spreng, einst Chefredakteur der »Bild am Sonntag« und
Wahlkampfmanager des CSU-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber, empfiehlt Stephanie
zu Guttenberg Zurückhaltung: »Politiker-Ehefrauen haben ja nur eine geliehene
Autorität und geliehenen Glanz, der vom Amt und dem Erfolg ihres Mannes
abfällt. Es ist aber die Frage, ob eine Ehefrau in der Öffentlichkeit so
auftreten soll, als hätte sie ein eigenes Mandat.«
Ist das der entscheidende Punkt?
Müsste die Debatte nicht darum gehen, wie man Politik heute verkaufen muss, um
wahrgenommen zu werden? Und was dabei erlaubt ist und was nicht? Nach welchen
Kriterien dabei geurteilt werden soll? Dass nun auch einmal
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