Lohse, Eckart
in der Bildergeschichte des Karl-Theodor zu Guttenberg. Was die
»Bild«-Zeitung an jenem Samstag auf ihrer Titelseite bringt, stellt alles
bisher Dagewesene in den Schatten. Guttenberg ist in den Anzug eines
Jet-Piloten der Bundeswehr geschlüpft, hält den zwei Kilo schweren Helm in der
Hand und lacht in die Kamera. Hinter ihm steht das Kampfflugzeug Eurofighter.
Für diejenigen, die es immer noch nicht begriffen haben, wird auf Seite zwei
neben einem fast identischen Foto auf den Film »Top Gun« hingewiesen.
Guttenberg ist Tom Cruise, der
Hauptdarsteller jenes 1986 in die
Kinos gekommenen Actionfilms aus dem Jagdfliegermilieu, in dem es nur darum
geht, wer wen vom Himmel schießt. In einem Text ist erklärt, dass der Minister
plane, in einem »Eurofighter« mitzufliegen. Zitat Guttenberg: »Ich möchte
selbst erfahren, welchen ungeheuren Belastungen unsere Piloten tagtäglich
ausgesetzt sind.« Mit 2000 Kilometern
in der Stunde soll Guttenberg durch die Luft fliegen. Der Spezialanzug sorgt
dafür, dass das Blut nicht in die Beine absackt und der Minister ohnmächtig
wird. 2000 Stundenkilometer sind selbst für
einen wie Guttenberg eine neue Dimension. Am Ende des Textes wird noch darauf
hingewiesen, dass der Minister sich im Notfall mit dem Schleudersitz aus dem
Flugzeug katapultieren könnte. Irgendwie erinnert die ganze Geschichte daran,
mit welcher Geschwindigkeit Guttenberg Politik macht und wie oft es heißt,
dass er ja zur Not aussteigen und vom Vermögen der Familie leben könnte.
Die Fotos erscheinen im 3 -D-Format,
wie alle Bilder jener Ausgabe. Eine einfache 3 -D-Brille
liegt bei, damit Guttenberg auch in der nötigen Tiefe betrachtet werden kann.
Diejenigen unter den Lesern, die jetzt noch nicht verstanden haben, wer der
Held der deutschen Spitzenpolitik ist, wissen es spätestens, wenn sie - in
deutlich kleinerer Aufmachung - auf der zweiten Seite die Bundeskanzlerin
hinter ihrem Schreibtisch im 3 -D-Format
betrachten. Doch während die »Bild«-Zeitung ihren samstäglichen Lesern noch das
Frühstück versüßt, ist der Held der Bildergeschichte längst unterwegs zu neuen
Abenteuern. Im Laufe des Tages werden die Nachrichtenagenturen melden,
Guttenberg sei zu einer geheim gehaltenen Reise nach Afghanistan aufgebrochen.
Nun soll es endlich auch einmal ins Kampfgebiet gehen, ganz nach vorne. Wie im
Eurofighter will Guttenberg selbst erfahren, wie es den Soldaten geht. Die
afghanischen Politiker braucht er nicht. Er will die Truppe besuchen.
Der Doppelschlag aus 3 -D-Bild
und Reise wird zum medialen Erfolg. Schon am Sonntag beginnt das »Heute
Journal« mit dem Hinweis, dass erstmals ein deutscher Verteidigungsminister
ins Kampfgebiet gekommen sei, und zeigt eindrucksvolle Aufnahmen. Am Montag
sind die deutschen Zeitungen gut gefüllt mit Guttenberg-Fotos. Der Minister mit
Schutzweste, Stahlhelm und Pilotenbrille. Von der Berliner »tageszeitung« bis
zur »Morgenpost« drucken fast alle Blätter Reisebilder mit und ohne
Sonnenbrille oder Helm. Sogar die weltweite Ausgabe der »New York Times« zeigt
den deutschen Minister auf der Seite »World News« unter einem Hubschrauber im
Großformat.
Nur einige Zeitungen ziehen es
vor, Guttenbergs Fotoshooting am Hindukusch nicht mitzumachen. So druckt die
»Frankfurter Allgemeine Zeitung« auf der zweiten Seite ein ansehnliches Foto
ab, das den ebenfalls nach Afghanistan gereisten Bundestagspräsidenten Norbert
Lammert beim Händedruck mit Isaf-Kommandeur David Petraeus zeigt. Der zum
ersten Mal an den Hindukusch geflogene Lammert macht auf dem Bild eine
ordentliche Figur. Der Versuch der »Frankfurter Rundschau«, Guttenberg mit
Lammerts Hilfe die Schau zu stehlen, geht dagegen für den Bundestagspräsidenten
nicht so gut aus. Verloren wirkt er, ganz allein auf dem Foto, der Blick leer.
Geradezu böse treibt es die
»Süddeutsche Zeitung« an jenem Montag. Nebeneinander druckt sie auf der
Titelseite die Fotos von Guttenberg und Lammert. Jener sieht im Bundeswehr-T-Shirt,
mit Helm, Weste und filmreifem Lächeln ausgezeichnet aus. Dieser indessen
wirkt in seinem gestreiften Hemd, über dem die schwere Weste schlecht sitzt,
mit dem nicht zugeschnallten Helm auf dem Kopf, der normalen Brille und dem
etwas unglücklichen Blick geradezu fehl am Platz.
Das Nebeneinander beider Bilder
gibt tiefen Einblick in die Funktionsweise des Phänomens Guttenberg. Wenn er in
einer solchen Verkleidung auftaucht, funktioniert das, wie die Fachleute
sagen. Bei Lammert ist es
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