Lohse, Eckart
setzen sich
sogar auf den Boden. Politik und Medien sind in dem Moment räumlich sehr eng
beieinander, aber die Hierarchie ist auch optisch gewahrt. Guttenberg bringt es
fertig, diese optische Hierarchie umzudrehen. Er setzt sich auf den Boden, die
Journalisten sitzen auf der Couch oder stehen.
Alles nur eine
große Show?
Was ist das alles? Eine große
Show, die Guttenbergs Dynamik, seine Höflichkeit, die Schärfe seiner Argumente
und bei alldem seine Bodenhaftung für alle sichtbar machen soll? Es ist
sicherlich eine Show, allerdings keine, die er sich flüchtig für den Auftritt
im politisch-medialen Zirkus angeeignet hat. Was Guttenberg macht und zeigt,
ist vielmehr das kombinierte Produkt seines energiegeladenen Wesens und seiner
strengen Erziehung. Straffer Gang, Händeschütteln, dynamische Gestik - das mag
er überbetonen, aber im Kern ist es ihm zur zweiten Natur geworden. Das lässt
sich schon daran leicht sehen, dass es trotz der Massen von Bildern, die
täglich von ihm produziert werden, keine optischen Ausrutscher gibt.
Ein Joschka Fischer konnte als
Minister und Vizekanzler zwar die Bürde der Verantwortung, die auf ihm lastete,
mühelos mit schluchtartigen Furchen auf der Stirn zum Ausdruck bringen. Doch
ebenso brachte er es fertig, sich vor laufenden Kameras in der ersten Reihe der
Regierungsbank müde zu räkeln, wenn er etwa von einer anstrengenden Reise
zurückgekehrt war. Das wurde gern fotografiert und gedruckt. Ein Händedruck
wurde als Signal eingesetzt. War er seinem Gegenüber gewogen, reichte er die
Hand. Hatte er sich gerade über den Gesprächspartner geärgert, polterte er ohne
Händedruck los.
Das äußere Bild, das Guttenberg
erzeugt, wirkt zwar etwas überzogen, er hält es aber gleichmäßiger durch. Die
Inszenierung hat bei ihm persönlich jahrzehntealte, in seiner Familie
jahrhundertealte Wurzeln.
Doch das alles sind Bilder, die
mehr oder weniger im Zuge des politischen Alltags zustande kommen. Neben
solchen gibt es diejenigen, die gezielt inszeniert werden. Der harmlose
Klassiker der bundesrepublikanischen Geschichte ist das Urlaubsbild: Politiker
mit Ehefrau am Strand oder in den Bergen, dabei gern ein Tier streichelnd. In
einer zunehmend bilderfixierten Öffentlichkeit reichte das bald nicht mehr
aus. Sportliche Aktivitäten kamen hinzu, Politiker ließen sich beim Wandern
oder beim Tennisspielen ablichten. Die Szenen werden teilweise gestellt,
mindestens aber ist die Anwesenheit eines Fotografen genau geplant und nicht
Produkt des Alltagsgeschäfts.
Solche Bilder können im günstigen
Fall die Popularität stabilisieren oder gar mehren. Konrad Adenauer in
Rhöndorf beim Rosenschneiden oder Walter Scheel beim Singen des Volkslieds vom
»Gelben Wagen« sind frühe Beispiele dieser Art. Solche Bilder können aber auch
politische Laufbahnen zerstören. Als einer der Vorgänger Guttenbergs im Amt des
Verteidigungsministers, der Sozialdemokrat Rudolf Scharping, im Sommer 2001 Bilder von
sich und seiner aristokratischen Freundin im Pool auf Mallorca machen ließ,
während die ersten Bundeswehrsoldaten sich auf ihren riskanten Mazedonien-Einsatz
vorbereiteten, da wirkte das derart verheerend und lächerlich, dass er mit dem
Badespaß das Ende seiner politischen Laufbahn einläutete.
Von Anfang an inszeniert auch
Karl-Theodor zu Guttenberg, er führt Situationen herbei, die nicht zu seinem
politischen Alltag gehören. Oft taucht er in Fernsehtalkshows auf, und zwar
nicht nur in politischen, sondern auch in denjenigen, in denen es menschelt,
bei Kerner oder Beckmann. Für das politisch nicht interessierte
Samstagabend-Publikum geht er zu Thomas Gottschalk. Dorthin werden nur
Politiker eingeladen, von denen die Veranstalter annehmen, dass sie weit über
ihre politische Agenda hinaus für ein Massenpublikum interessant sind. Ursula
von der Leyen war auch schon da.
Guttenberg ist mit seiner Frau
Stephanie bei Gottschalk. Denn die Bildergeschichte von Karl-Theodor ist schon
bald die von ihm und seiner - wie es die Boulevardzeitungen zu sagen pflegen -
schönen Frau. Auch optisch funktionieren die beiden als Paar. Sie sind jung,
sehen gut aus, haben als Adlige nichts Prinz-Charles-Mäßiges an sich. Sie sind
auch optisch ein echter Volksadel mit Glamour-Faktor. Steht man im Zeitschriftenhandel
vor einem Regal mit Hochglanzmagazinen, auf deren Titelseiten in der Regel
unterschiedlichste Stars aus dem Showbusiness zu finden sind, so fällt es auf
den ersten Blick gar nicht auf,
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