Long Dark Night
was haben Sie dann mit ihr gemacht?«
»Ich habe sie verkauft.«
Die Detectives sahen einander an.
»Genau«, sagte Jose. »Ich habe sie verkauft.«
Carella seufzte.
Hawes tat es ihm nach.
»Wem haben Sie sie verkauft?«
»Einem Mann, den ich in einem Club ein Stück die Straße rauf kennengelernt habe.«
»Und was ist das für ein Club?«
»The Juice Bar.«
»Und der Mann?«
»Ich weiß seinen Namen nicht.«
»Sie haben einem völlig Fremden eine gestohlene Handfeuerwaffe verkauft?«
»Wir kamen ins Gespräch, er sagt, er braucht eine Waffe. Und ich hatte zufällig eine. Also hab ich sie ihm verkauft.«
»Sie haben ihm eine Waffe verkauft, die Sie gerade gestohlen hatten.«
»Ich hatte gerade meinen besten Freund auf der ganzen Welt verloren.«
»Was hat das denn damit zu tun, einen Revolver zu stehlen und zu verkaufen?«
»Außerdem habe ich zehntausend Dollar verloren.«
»Aha. Wieviel haben Sie für die Waffe bekommen?«
»Zweihundertfünfzig Dollar.«
»Da haben Sie Ihren Verlust ja wirklich wieder reingeholt«, sagte Hawes.
»Mein größter Verlust war Diablo.«
»Wie hat er ausgesehen?« fragte Carella.
»Er hatte ein weißes Gefieder, eine breite Brust und…«
»Der Mann, der den Revolver gekauft hat.«
»Oh. Das war ein großer blonder Kerl.«
»Ein blonder Kerl mit einem blauen Mantel und einem roten Schal, ja«, sagte Anna. »Ein großer blonder Kerl. Klar. Er war sogar zweimal hier.«
Das versprach interessant zu werden.
Hoffentlich nur nicht zu interessant, hoffte Georgie.
»Das erste Mal Freitag so gegen Mitternacht«, sagte Anna. »Er traf einen Kerl namens Bernie, der ist ständig hier. Hat eine Narbe auf der rechten Wange. Ich glaube, er ist Buchmacher.«
»Der blonde Kerl?« fragte Tony.
»Nein, Bernie.«
»Wissen Sie zufällig, wie er heißt?« fragte Priscilla.
»Das habe ich Ihnen doch gerade gesagt. Bernie.«
»Ich meine den Blonden.«
»Nein, weiß ich nicht. Auf jeden Fall habe ich ihn am Freitag zum ersten Mal gesehen.«
»Und wann war er das nächste Mal wieder da?«
»Gestern«, sagte Anna. »So gegen Mittag. Er hat sich wieder mit Bernie getroffen. Sie saßen genau da drüben.« Sie zeigte auf einen Tisch. »Geld wechselte den Besitzer. Das heißt, zumindest gestern. Am Freitag haben sie sich nur unterhalten. Er schien ziemlich wütend zu sein.«
»Der Blonde?« fragte Priscilla.
»Nein, Bernie.«
»Er war gestern wütend?«
»Nein, Freitag war er wütend. Gestern strahlte er übers ganze Gesicht.«
»Damit ich das richtig verstehe«, sagte Georgie und dolmetschte für Priscilla, »Freitag abend saßen der blonde Kerl und Bernie der Buchmacher dort drüben und unterhielten sich, und Bernie war wegen irgend etwas ziemlich angefressen, ist das richtig?«
»Ja«, sagte Anna.
»Aber gestern wechselte Geld den Besitzer, und Bernie, der Buchmacher, war glücklich und zufrieden. Ist das auch richtig?«
»Richtig, genauso so war es«, sagte Anna. »Weißt du, welche Schlüsse ich daraus ziehe?« sagte Georgie.
»Nein, welche denn?« fragte Priscilla. »Da hat jemand seine Schulden bezahlt.«
»Der Meinung bin ich auch«, sagte Tony und nickte gewichtig.
Priscilla nickte auch, dann wandte sie sich wieder Anna zu.
»Aber Sie haben den Namen des blonden Mannes nicht mitbekommen?«
»Nein, hab ich nicht«, sagte Anna.
»Und Sie kennen auch Bernies Nachnamen nicht?«
»Nur seinen Vornamen.«
In diesem Fall sollten wir machen, daß wir hier rauskommen, dachte Georgie.
»Aber vielleicht kennt Marvin ihn«, sagte Anna. Und er kannte ihn.
Drei Schwarze, die wie Obdachlose aussahen, wärmten sich an der Ecke Ainsley und Eleventh an einem Feuer, das sie in einem Ölfaß angezündet hatten. Ollie hatte große Lust, sie zu verhaften. Ihm war kalt, und nach einer vollen Acht-Stunden-Schicht war er müde, ganz zu schweigen davon, daß er jetzt noch durch die halbe Stadt laufen mußte, um herauszufinden, wer die Nutte und ihre beiden schwarzen Freunde kaltgemacht hatte. Halb vier morgens, und er hatte wirklich große Lust, sie zu verhaften.
»He, ihr da«, sagte er und ging auf das lodernde Ölfaß zu. »Ist euch klar, daß Brandstiftung ein Verbrechen ist?«
»Hier begeht niemand Brandstiftung, Sir«, erwiderte einer der Männer. Er war ein grauhaariger alter Penner, der wie dieser schwarze Typ aus diesem Gefängnisfilm aussah, wie hieß er doch noch, Die Verurteilten, wo es um diesen Schwarzen ging, der diese alte jüdische Lady herumkutschierte,
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