Lords of Salem: Roman (German Edition)
erneut auf, und nun war das Wesen näher bei ihr. Sie konnte seinen missgestalteten Kopf erkennen, ein großes Auge und ein kleines, zwei Hörner, die sich aus dem Schädel wanden, eines davon so weit nach hinten gebogen, dass es sich wieder in den Knochen bohrte. Dann war es dicht bei ihr. Sein Atem war nun so laut wie der Wind, und sie spürte die Hitze und roch den moschusartigen Gestank darin. Als das Jesus-rettet -Schild wieder aufleuchtete, stand die Kreatur zwischen ihr und dem Schild, sodass sie nur die riesige monströse Silhouette, die über ihr aufragte, und das seltsame rötliche Glühen des großen und des kleines Auges sah.
Das Wesen stand dort und beobachtete sie. Sie öffnete den Mund und schrie so laut sie konnte, doch das Geräusch schien in der Dunkelheit abzutreiben und zu verschwinden. Und als sie zu schreien aufhörte, öffnete die Gestalt ihrerseits das Maul und gab ein schallendes dämonisches Lachen von sich.
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A ls sie das Bewusstsein wiedererlangte, verspürte sie das Gefühl, in der Luft zu hängen und sich an der Decke festzuklammern. Bei der kleinsten Bewegung würde sie den Halt verlieren und fallen, vielleicht bis in alle Ewigkeit.
Doch langsam begriff sie, dass sie sich täuschte, dass sie die Orientierung verloren hatte und etwas mit ihrer Wahrnehmung nicht stimmte. Ihr Gesicht war nicht gegen die Decke gedrückt, sondern gegen eine staubige Holzfläche, die sich allmählich als der Boden herausstellte. Sie bewegte die Hände und fiel nicht. Nein, sie hing nicht in der Luft, sie lag auf dem Boden.
Was war mit ihr geschehen? Sie hatte an Armen und Beinen gefesselt in der Dunkelheit gehangen. Sie hatte die Kreatur gesehen, die sich ihr genähert und gelacht hatte, und dann hatte sie den Eindruck gehabt, ihren Körper zu verlassen und in die Dunkelheit zu stürzen. Aber was danach passiert war, wie sie wieder in ihren Körper gelangt war und warum sie sich nun ungefesselt auf dem Boden wiederfand, das konnte sie nicht sagen.
Was ist geschehen? , fragte sie sich erneut. Aber ein Teil von ihr, ein sehr großer Teil, wollte es gar nicht wissen.
Sie stöhnte. Alles tat ihr weh, besonders der Bauch und die Oberschenkel, als wäre sie dort mit einem Stock geschlagen worden. Langsam hob sie den Kopf und stand auf.
Als sie sich umsah, wurde ihr plötzlich klar, dass sie sich in Apartment fünf befand.
Es war leer und dunkel, doch durch das Fenster fiel der Schein einer Laterne, und durch die offene Tür drang das Licht aus dem Flur.
Wie zum Teufel bin ich hier reingekommen? , fragte sie sich. Ich muss hier raus. Sofort.
Sie stützte sich an der Wand ab und taumelte in den Flur. Sobald sie im Licht stand, sah sie, dass ihre Kleider zerrissen waren und ihr schweißbedeckter Körper von Kratzern und blauen Flecken bedeckt war. Was war mit ihr passiert? Ein Traum? Träumte sie immer noch?
Langsam ging sie zu ihrer Wohnung. Sie hörte ein Flüstern hinter sich, und als sie sich umwandte, nahm sie etwas Blasses und Weißes wahr, das durch die Tiefen von Apartment fünf huschte. Doch sie war sich nicht ganz sicher. Vielleicht war es nur das Licht. Vorsichtshalber ging sie zurück und schloss die Tür.
Während sie sich ihrer Wohnungstür näherte, wurden ihr einige Dinge klar. Sie sah noch einmal genauer hin und stellte fest, dass ihre Kleidung doch nicht zerrissen, sondern nur zerknittert war und es sich bei den vermeintlichen Kratzern und blauen Flecken nur um Falten vom Schlafen auf dem nackten Boden handelte. Und sie hörte Steve innen an der Tür kratzen, woraus sie schloss, dass es ihm gut ging und alles nur ein böser Traum gewesen war.
Die Frage war nur, warum sie, wenn es ein Traum gewesen war, nicht in ihrem Bett, sondern in Apartment fünf aufgewacht war? Irgendetwas stimmte zweifellos nicht mit ihr.
Als sie die Tür öffnete, hörte sie ein Knarren am anderen Ende des Flurs. Gegen ihren Willen wandte sie sich um. Die Tür zu Apartment fünf stand offen. Und die Dunkelheit im Türrahmen war irgendwie seltsam. Wenn sie nur lange genug hinsah, bekam sie den Eindruck, dort stünde jemand.
Schnell und mit heftig klopfendem Herzen trat sie in ihre Wohnung und schloss die Tür hinter sich ab.
Steve ging es gut, zumindest hatte er noch alle seine Pfoten. Er wirkte ein wenig verängstigt, aber vielleicht übertrug sich auch nur ihre eigene Stimmung auf ihn. Was für ein beschissener Traum. Sie fühlte sich, als hätte sie überhaupt nicht geschlafen, und es schien ihr auch nicht
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