Lords und Ladies
be-
kommen.«
»Und dann die Sachen ganz unten«, fuhr Magrat fort. »Sehen wie Kie-
selsteine aus.«
Sie nahm einen heraus.
»In diesem hier steckt eins der schnörkeligen Fossiliendinger«, sagte
sie. »Und der dort… Sieht aus wie das rote Gestein, aus dem die Tänzer
bestehen. Eine Nadel klebt daran fest. Seltsam.«
»Esme hat immer auf kleine Details geachtet. Ja, sie versuchte dauernd,
irgendwelchen Sachen auf den Grund zu gehen.«
Sie schwiegen, und ihr Schweigen dehnte sich aus, fül te die Küche und
wurde vom geduldigen Ticken der Uhr in kleine Scheiben geschnitten.
»Ich hätte nie gedacht, daß es dazu kommt«, meinte Magrat nach einer
Weile. »Ich hätte nie gedacht, daß wir einmal ihr Testament lesen. Ich
habe immer angenommen, der Tod beträfe nur andere Leute, nicht aber
Oma Wetterwachs.«
»Tja, da hast du dich geirrt«, entgegnete Nanny. »Tempus fugit.«
»Nanny?«
»Ja, Magrat?«
»Ich verstehe das nicht. Oma war deine Freundin, aber du… du
scheinst gar nicht traurig zu sein.«
»Nun, ich habe einige Ehemänner und Kinder begraben. Früher oder
später gewöhnt man sich daran. Wie dem auch sei: Wenn sich Esme jetzt
nicht an einem besseren Ort befindet, so beginnt sie sicher damit, ihn zu verbessern.«
»Nanny?«
»Ja, Magrat?«
»Wußtest du etwas von dem Brief?«
»Von welchem Brief?«
»Ich meine den an Verence.«
»Nein, von einem Brief an Verence weiß ich nichts.«
»Er muß ihn einige Wochen vor unserer Rückkehr bekommen haben.
Vermutlich hat Oma ihn geschickt, noch bevor wir Ankh-Morpork er-
reicht haben.«
Magrat musterte Nanny und hielt vergeblich nach Anzeichen von
Schuld Ausschau.
»Diesen Brief hier meine ich«, sagte sie und zog ihn unterm Brustharnisch hervor.
»Lies ihn ruhig.«
Nanny Ogg las:
»›Lieber Herre, ich schreibige dir um mitzuteilen dasse Magrat Kno-
blauch am Bildschweindienstag (plußminuß einige Tage) nach Lancre
zurückkehrigen wird. Sie isset ein Küken aber auch sauber und sie habet
gesunde Zähne. Wenn du sie heiraten möchtigst so beginn sofortig mit
den Vorbereitungen denn wenn du ihr nur einen Antrag machigst so
führet sie dich nur an der Nase herum weil sie sich nicht entscheidigen
kann. Magrat verschteht es gut siche selbst Hindernisse in den Weg zu
legen. Sie weis überhaupt nicht was sie wille. Du bist König und kannest
tun und lassigen was dir gefällt. Du solltest Magrat vor vollendigte Tatsa-
chen schtel en. Pehess: Man munkelt davon dasse Heksen bald Steuern
bezahligen sol en. Schon seit fielen Jahren hat kein König von Lancre
mehr versucht ein solches Gesetz zu erlassigen. Ich schlage vor du
nimmst dir ein Beispiel daranne. Mit freundlichen Grüssen derzeit gehet
es mir gute. EIN FREUND (ANONÜM).‹«
Das Ticken der Uhr nähte die Decke der Stille.
Nanny Ogg drehte sich zur Uhr um.
»Sie hat alles arrangiert !«entfuhr es Magrat. »Du weißt doch, wie Verence ist. Ich meine, man weiß doch sofort, von wem der Brief stammt,
oder? Und als ich zurückkehrte, war al es vorbereitet… «
»Wie hättest du dich verhalten, wenn nichts vorbereitet gewesen wäre?«
fragte Nanny.
Magrat blinzelte verwirrt.
»Nun, ich… Ich meine… Ich, äh…«
»Dann würdest du heute vermutlich nicht heiraten, oder?« fragte Nan-
ny. Doch ihre Stimme kam aus der Ferne, als sei sie in Gedanken mit
etwas ganz anderem beschäftigt.
»Nun, kommt darauf an…«
»Du möchtest doch heiraten, oder?«
»Äh, ja, natürlich, aber…«
»Dann ist ja alles klar«, sagte Nanny in mütterlichem Tonfall.
»Ja, aber sie hat mich einfach fortgeschickt und mich praktisch im
Schloß eingesperrt, und deswegen bin ich so wütend geworden…«
»Du warst wütend genug, um der Königin die Stirn zu bieten«, unter-
brach Nanny die jüngere Frau. »Du hast sie sogar angegriffen. Gut ge-
macht. Die alte Magrat hätte das nicht gekonnt, oder? Esme sah immer
bis zum… Kern der Sache. Bitte sei jetzt so nett, geh in den Hof und
sieh nach, wieviel Brennholz noch da ist.«
»Aber ich habe sie gehaßt und gehaßt, und jetzt ist sie tot!«
»Ja. Geh jetzt und sag Nanny, wie hoch der Stapel ist, in Ordnung?«
Magrat öffnete den Mund, um zu sagen: »Zufälligerweise bin ich fast
die Königin.« Aber sie entschied sich dagegen. Statt dessen ging sie
stumm nach draußen und sah hinterm Haus nach.
»Es ist noch ziemlich viel Brennholz da«, sagte sie, als sie zurückkehrte
und sich die Nase putzte. »Und es scheint
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