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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sie würde nicht einfach so sterben«, sagte Nanny. Aber sie klang
    jetzt wie jemand, dessen Mund auf Automatik läuft, weil sich das Gehirn
    ausgeschaltet hat.
    »Sie atmet nicht, und es läßt sich kein Puls feststellen«, meinte der
    Zauberer.
    »Wahrscheinlich ruht sie nur aus.«
    »Ja.«
    Bienen kreisten hoch am blauen Himmel.

    Ponder Stibbons und der Bibliothekar halfen dabei, die Steine wieder an
    den richtigen Platz zu stel en. Gelegentlich benutzten sie den Quästor als
    Hebel – er erlebte gerade wieder die steife Phase.
    Ponder stellte fest, daß es sich um ungewöhnliche Steine handelte. Sie
    waren hart und sahen aus, als seien sie vor langer Zeit einmal geschmol-
    zen worden.
    Jason Ogg beobachtete, wie Stibbons nachdenklich neben einem der
    sogenannten Tänzer stand. In der Hand hielt er einen Bindfaden mit
    einem Nagel dran. Doch der Nagel hing nicht etwa nach unten, sondern
    zeigte zum Stein und schien ihn unbedingt erreichen zu wol en. Der
    Bindfaden vibrierte so heftig, daß ein leises Brummen erklang. Ponder
    starrte wie hypnotisiert darauf hinab.
    Jason zögerte. Er begegnete Zauberern nur sehr selten und wußte nicht
    recht, wie man sich ihnen gegenüber verhielt.
    »Der Stein zieht den Nagel an«, sagte Ponder. »Aber warum ?«
    Jason schwieg.
    Und er hörte, wie der Zauberer sagte: »Viel eicht gibt es Eisen und…
    und Eisen, das anderes Eisen liebt. Oder männliches und weibliches Ei-
    sen. Oder gewöhnliches und königliches Eisen. Oder gewisses Eisen
    enthält noch etwas anderes. Viel eicht existiert Eisen, das ein Gewicht in
    der Welt schafft, und anderes Eisen rol t dann über die gewölbte Gum-
    mifläche.«
    Quästor und Bibliothekar kamen näher, und ihre Aufmerksamkeit galt
    ebenfal s dem zitternden Nagel.
    »Verdammt!« meinte Ponder schließlich und ließ den Bindfaden los.
    Der Nagel sauste fort, haftete mit einem Plink am Stein fest.
    Der Zauberer wandte sich den anderen zu und zeigte den gequälten
    Gesichtsausdruck eines Mannes, der die große, surrende Maschine des
    Universums auseinandernehmen will und dem dafür eine verbogene Bü-
    roklammer zur Verfügung steht.
    »Heda, Herr Sonnenschein«, sagte der Quästor. Die frische Luft und
    das Fehlen von Geschrei stimmten ihn fast fröhlich.
    »Steine!« brachte Ponder hervor. »Warum vergeude ich meine Zeit mit
    Steinen? Hat man von Steinen jemals etwas erfahren? Wißt ihr, manch-

    mal glaube ich, daß sich dort draußen ein Ozean der Wahrheit erstreckt,
    und ich sitze am Strand und spiele mit… mit Steinen .«
    Er trat nach dem Felsen.
    »Aber eines Tages finden wir eine Möglichkeit, auf jenem Ozean zu se-
    geln«, fügte er hinzu und seufzte. »Kommt. Wir sollten jetzt besser zum
    Schloß gehen.«
    Der Bibliothekar sah zu, wie eine Prozession aus müden Leuten durchs
    Tal zog.
    Er griff nach dem Nagel, zog ihn fort und beobachtete, wie er zum
    Stein zurückflog.
    »Ugh.«
    Er hob den Kopf und begegnete Jason Oggs Blick.
    Zur großen Überraschung des Schmieds zwinkerte der Orang-Utan.
    Manchmal, wenn man genau auf die Steine am Ufer achtet, kann man
    mehr über den Ozean herausfinden.

    Die Uhr tickte.
    Umgeben vom matten, kühlen Licht des Morgens saß Nanny Ogg in
    Oma Wetterwachs’ Hütte und öffnete die Schatul e.
    In Lancre wußte man von der geheimnisvollen Schachtel. Angeblich
    beinhaltete sie Bücher mit Zauberformeln, ein kleines privates Univer-
    sum, Heilmittel für alle Krankheiten, Tore zu verlorenen Reichen und
    mehrere Tonnen Gold – was erstaunlich ist, wenn man bedenkt, daß die
    Schatul e kaum dreißig Zentimeter durchmaß. Oma hatte Nanny Ogg nie
    Einzelheiten bezüglich des Inhalts mitgeteilt, abgesehen vom Testament.
    Nanny Ogg war nun ein wenig überrascht, als sie auf die Dinge in der
    Schachtel hinabblickte: einige große Umschläge, ein Bündel mit Briefen,
    und unten eine Ansammlung ganz gewöhnlicher Gegenstände.
    Nanny griff nach den Umschlägen. Auf dem ersten stand geschrieben:
    An Gytha Ogg, Lies dies jetzt, ich meinige SOFORT.
    Der zweite war ein wenig kleiner und zeigte folgende Aufschrift: Der
    letztige Wil e vonne Esmeralda Wetterwachs, geschtorben in der Mitt-
    sommernacht.

    Und dann das Bündel mit Briefen, von einem Bindfaden umschnürt.
    Sie schienen ziemlich alt zu sein. Kleine Stücke vergilbten Papiers bra-
    chen ab, als Magrat die Briefe aus der Schatul e zog.
    »Sind alle an Esme adressiert«, murmelte sie.
    »Eine ganz normale Sache«, erwiderte Nanny. »Jeder kann Briefe

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