Lost on Nairne Island
blendend weiÃe Zähne, die fast schon unnatürlich wirkten. Eigentlich sollte dieses Mädchen von Blendax gesponsert werden. Als sie sich also neben mich setzte und mich anlächelte, musste ich glatt weggucken, um nicht geblendet zu werden.
»Und, wie findest du es hier auf Nairne?« Nicole warf ihre Mähne nach hinten, um mit ihren leuchtenden Strähnchen anzugeben. »Muss dir ja vorkommen wie der Arsch der Welt, nachdem du so lange in Seattle gelebt hast.«
»Schon okay hier.« Ich war nicht so blöd, mich abfällig über ihr Zuhause zu äuÃern. Das war jetzt definitiv eine von diesen Situationen, wo man seine Zunge besser im Zaum hält. Wenn ich die Insel hier als Arsch der Welt oder als Achsel von Washington oder was auch immer bezeichnete, dann stünde das mit Sicherheit morgen in der Tageszeitung. Und ich bräuchte nur einen Schritt vor die Tür zu machen, um von sämtlichen Einwohnern gesteinigt zu werden.
»Muss schwer sein, ausgerechnet im Abschlussjahr die Schule zu wechseln.«
»Tja, man tut, was man tun muss.« Ich war stolz auf mich, dass ich mich zusammengerissen und nicht die Augen verdreht hatte, weil sie mir damit nun wirklich nichts Neues erzählte. Ich konnte mir auch echt nicht erklären, warum sie überhaupt mit mir redete. Entweder hielt sie mich irrtümlich für ein Volleyballgenie, das sie unbedingt in ihrem Team haben wollte, oder sie wollte sich unbedingt das Pfadfinder-Abzeichen für freundliches Verhalten Fremden gegenüber verdienen.
»Wenn du irgendwas brauchst, frag mich einfach«, bot Nicole mir an. Mit einem Mal wurden ihre Augen ganz groÃ. »Hey, wir sollten morgen zusammen zu Mittag essen. Dann kann ich dich allen vorstellen.«
»Klar. Wäre echt nett.« Ich gab mir alle Mühe, meine Verblüffung zu verbergen. Vielleicht war es hier ja nicht ganz so schwer, zu den beliebten Leuten zu gehören, und möglicherweise hatte ich Bonuspunkte, weil ich aus der groÃen Stadt kam. Nicole war mir für meinen Geschmack zwar ein kleines bisschen zu aufdringlich, aber ich konnte ja schlieÃlich nicht allzu wählerisch sein, was die Wahl meiner Freunde anbelangte. Sie schien mir auch wirklich nett zu sein. AuÃerdem war es doch toll, jemanden zum Rumhängen zu haben, weil ich ja auch nicht ständig Anita anrufen konnte. Wo sie doch jetzt so krass damit beschäftigt war, mit Sharon abzuhängen.
Nicoles Lächeln wurde gleich noch breiter. Ihre Zähne sahen aus wie eine Reihe von Tic Tacs. Perfekt weiÃ, perfekt gerade. »Soll ich dich nach der Schule vielleicht nach Hause fahren? Ich hab ein Auto!«
»Das wäre toll, aber ich wohne ziemlich weit drauÃen.«
»Ich weià schon, wo du wohnst.« Ihre Augen blitzten auf. »Ist eine Kleinstadt hier, verstehst du? Da weià jeder alles über jeden.« Und damit war die Sache geritzt.
10
I ch hatte eigentlich erwartet, Nicole würde etwas fahren, das irgendwie ihrer Persönlichkeit entsprach. Ein rosa Auto mit Hello-Kitty-Aufklebern drauf zum Beispiel. Als sie dann in einem olivfarbenen Jeep mit Rostflecken vor der Schule anhielt, war ich ziemlich perplex. Sie hatte das Verdeck geöffnet und die Seiten waren voller Dreckspritzer.
»Spring rein.« Nicole drehte die Lautstärke des Autoradios auf.
Ich lieà meinen Rucksack auf den Boden fallen und schnallte mich an. Nicole war bereits losgedüst. Ãber die Schulter winkte sie einer Gruppe von Mädchen zu, die auf den Bus warteten. Eine von ihnen funkelte mich böse an. Oh-oh. Die Weltordnung war also bereits aus den Fugen geraten.
»Ich hoffe, es ist keiner sauer, weil du mich mitnimmst?«
»Ach was. Normalerweise lasse ich Brit mitfahren, aber die wohnt so richtig auf der anderen Seite der Insel. Sie hat nichts dagegen, den Bus zu nehmen.«
Ich hatte Brit noch nicht kennengelernt, doch hegte ich den leisen Verdacht, dass es ihr sehr wohl etwas ausmachte, dass sie meinetwegen mit dem Bus fahren musste. Na toll. Genau das konnte ich jetzt gar nicht gebrauchen, eine Erzfeindin an der neuen Schule.
Nicole schoss um eine Ecke, und ich klammerte mich am Türgriff fest und fürchtete um mein Leben. Der Wind peitschte mein Haar in alle Richtungen, und ich hatte so die Befürchtung, dass es aussehen würde, als hätte ich es mit dem Mixer gestylt, bis ich zu Hause war. Nicoles Haar hingegen schien es einfach nur gerade
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