Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
hinterlassen hatten. »Ich weiß nicht, wie es Euch geht«, fuhr sie an ihr Publikum gewandt fort, »aber jedes Mal, wenn mir ein wichtiges Ereignis bevorsteht, zum Beispiel ein Ball, bildet sich sofort ein Pickel auf meiner Nasenspitze.«
Die jungen Mädchen lachten nervös, und einige berührten unwillkürlich die Male auf ihren Gesichtern.
Clarice ließ niemandem Zeit zum Nachdenken, sondern redete weiter. »Ich persönlich bin der Meinung, dass eine Frau nach ihrer Schönheit und ihrem Geist beurteilt werden sollte und nicht nach einem vorübergehenden Schönheitsfehler, vor allem, weil solche Makel immer ausgerechnet in der Nacht vor dem Debüt einer jungen Lady aufzutauchen scheinen.«
Die angesprochenen jungen Ladys nickten im Gleichtakt. Fast jede von ihnen hatte sich bereits einer solchen Katastrophe gegenübergesehen.
Fast alle, bis auf Mrs. Trumbull, natürlich. »Dem kann ich nicht zustimmen«, erklärte sie. »Wenn ein Mädchen sich nicht genug beherrschen kann, um einen makellosen Teint zu behalten, wie soll sie dann einen Haushalt führen oder sich das Interesse ihres Gemahls erhalten?«
Das Nicken brach schlagartig ab. Niemand sonst teilte diese Ansicht, bis auf die fabelhafte Larissa Trumbull, selbstverständlich. Aber keiner wagte das offen auszusprechen. Mrs. Trumbull gab nur den allgemein akzeptierten, weit verbreiteten Unsinn wider, dass jede junge Debütantin sich den kritischen Blicken der Gentlemen ohne auch nur den kleinsten Schutz aussetzen sollte. Genau diese Art von seelischer Grausamkeit machte so viele Mädchen zu alten Jungfern.
Bevor Clarice ihre Standardantwort auf diesen Einwurf loswerden konnte, mischte sich Hepburn ein. »Ich kann mir nicht vorstellen«, knurrte er gedehnt, »welche Wirkung ein Tupfer gefärbter Creme auf die Fertigkeiten einer Frau haben sollte. Ihr müsstet doch wissen, Mrs. Trumbull, dass Männer keineswegs so irrational sind, ihre Gemahlinnen danach auszuwählen, wie gut sie ihre Gesichtshaut unter Kontrolle haben.«
Als Clarice Mrs. Trumbulls beleidigte Miene sah, konnte sie ihr Lachen kaum unterdrücken. Und nach den Mienen im Raum zu urteilen, ging es einigen jungen Ladys ganz ähnlich. Denn natürlich wagte Mrs. Trumbull es nicht, dem hochverehrten Lord Hepburn zu widersprechen.
Larissa lächelte und drehte sich zu ihrer Mutter herum. »Lord Hepburn ist ja so klug, findest du nicht, Mutter?«
Mrs. Trumbull hatte sich bereits wieder erholt. »Ja, Tochter, auf jeden Fall hat er eine ganz einzigartige Meinung.«
Einige fröhliche Lacher explodierten im Hintergrund des Raumes, und Clarice fuhr hastig fort: »Die geheime königliche Farbemulsion ist wie eine Haube oder ein Gewand. Sie ist nicht an sich schön, sondern bedarf einer frischen jungen Lady, welche ihr Leben einhaucht.« Sie drehte sich zum Tisch um, suchte ihre dunkelste Creme heraus, die zu seiner Haut passte, und tupfte einen Klecks auf seine Narbe.
Hepburn beobachtete sie so eindringlich, dass sie das Gefühl hatte, er würde sie nicht nur mit seinen Blicken nackt ausziehen, sondern auch hinter ihre Maske sehen.
Ihre Finger zitterten etwas, als sie über die Narbe auf seiner Stirn strichen und die Creme verteilten. »Die meisten Frauen schließen jetzt die Augen«, sagte sie leise zu ihm.
»Die meisten Frauen sind auch nicht an der Pracht interessiert, die sich vor ihren Augen befindet«, erwiderte er ebenso leise.
Clarice fuhr zu ihrem Publikum herum und deutete mit dem Finger auf die Narbe. »Seht Ihr, wie die Röte schon bei der ersten flüchtigen Anwendung verschwindet?«
»Es wirkt sehr beruhigend«, hörte sie ihn hinter sich staunend sagen. »Weder schwer noch fettig.«
Er war ein ausgezeichnetes Modell. Er sagte die richtigen Dinge und verlieh ihr damit Glaubwürdigkeit und Respekt; und doch konnte sie es kaum erwarten, von ihm wegzukommen. Sie beendete die Behandlung rasch, wenn auch mit aller Geschicklichkeit, derer sie fähig war, trat dann von ihm weg und deutete auf ihn. »So. Wie Ihr seht, verändern die geheimen königlichen Cremes ein Gesicht keineswegs, sondern geben einem guten Aussehen nur den letzten Schliff.«
Die Ladys applaudierten und murmelten höflich ihre Zustimmung.
»Danke, Prinzessin Clarice.« Hepburn stand auf, verbeugte
sich erst vor ihr, dann vor dem Publikum. »Ich überlasse Euch jetzt Euren eher für die holde Weiblichkeit bestimmten Demonstrationen.«
Clarice machte einen Hofknicks. »Danke für Eure Geduld, Lord Hepburn. Kein anderer Mann
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