Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
wäre so freundlich gewesen.« Das stimmte, und sie hasste ihn dafür!
Dann beschäftigte sie sich eifrig damit, ihre Tiegel auf dem Tisch zu sortieren, damit sie ihn nicht ansehen musste.
Er ging an ihr vorbei zur Tür.
Clarice entspannte sich.
Plötzlich blieb er stehen, als wäre ihm etwas eingefallen. »Mrs. Trumbull, Ihr seid doch eine Dame, die sehr bewandert ist, was Etikette angeht. Darf ich Euch eine Frage stellen?«
Mrs. Trumbull warf den anderen Ladys einen triumphierenden Blick zu. »Selbstverständlich, Mylord. Ich bin Euch gern mit meinem Rat zu Diensten.«
»Angenommen, ein Gast erschiene in Eurem Haus, wenn Ihr einen Ball geben wollt. Dieser Gast wäre vornehm, elegant und respektabel, hätte aber einen unglücklichen Schicksalsschlag erlitten.«
Clarice richtete sich stocksteif auf. Nein! Das wagt er nicht!
»Sollte man diesen Gast nicht ebenfalls einladen, sich unter die anderen Gäste zu mischen?«, fuhr Hepburn unbarmherzig fort.
Mrs. Trumbull räusperte sich vernehmlich. »Ein Engländer, oder wie in Eurem Fall ein ungewöhnlich gefeierter Schotte, Lord Hepburn, muss natürlich immer Gleichgestellte in seinem Heim willkommen heißen, vor allem, wenn er gerade harte Zeiten durchmacht. Das gebietet schon die Christenpflicht.«
Hepburn nickte bedächtig. »Das dachte ich mir. Und es
wäre doch unhöflich von dem Gast, sich zu weigern, an diesem gesellschaftlichen Ereignis teilzunehmen.«
Clarice drückte einen Tiegel fest an ihren Busen, damit sie der Verlockung nicht erlag, ihm den Topf an den Kopf zu werfen.
»Das würde auf falschen Stolz hindeuten. Es wäre zwar verständlich, aber ein guter Gastgeber würde einen Weg finden, dem Gast seine Befangenheit zu nehmen.« Mrs. Trumbulls Augen glänzten, als sie Tratsch witterte. »Aber Mylord, um was für einen Gentleman handelt es sich denn?«
»Gentleman?« Hepburn blinzelte scheinbar erstaunt. »Es ist keineswegs ein Gentleman! Sondern unsere Prinzessin Clarice, die so bescheiden ist, dass sie meine Einladung zu unserem Ball abgelehnt hat.«
Es knallte dumpf, als Larissa ihrer Mutter den Ellbogen in die Rippen rammte.
Mrs. Trumbull zuckte zusammen. »Aber... sie... Prinzessin Clarice...«, stammelte sie.
»Ich bin ganz Eurer Meinung«, erklärte Hepburn. »Prinzessin Clarice ist vornehmer als alle anderen Gäste meines Balles. Ihr Exil ist gewiss demütigend, umso notwendiger scheint mir ihre Anwesenheit bei unserem Fest. Dennoch ist sie viel zu schüchtern, um sich das zu erlauben, und hat mich gebeten, dem Ball fernbleiben zu dürfen. Aber, Mrs. Trumbull, Eure freundlichen Worte haben ihre Meinung gewiss geändert.«
Alle Blicke richteten sich auf Clarice.
»Wunderbar!« Prudence klatschte in die Hände. Sie stieß ihrer Freundin den Ellbogen in die Seite und deutete mit einem Nicken auf die wütende Larissa Trumbull.
Miss Diantha Erembourg verstand diesen handfesten Wink sofort. »Ja, wahrhaftig, ganz wunderbar, Prinzessin Clarice! Wir würden uns ja so freuen, wenn Ihr teilnähmt!«
Eine ihrer zahlreichen Cousinen, Lady Alice Igglesworth, wollte ihnen nicht nachstehen. »Ohne Euch würde es keinen Spaß machen, Eure Hoheit! Sagt, dass Ihr kommt!«
»Seht Ihr, Prinzessin Clarice?« Hepburn deutete mit einer eleganten Handbewegung auf das Publikum. »All Eure Sorgen waren vollkommen unbegründet.«
Clarice wagte es nicht, ihn anzusehen, weil sie Angst vor seiner zweifellos triumphierenden Miene hatte. Sie neigte vornehm den Kopf. »Danke für Euer herzliches Willkommen«, sagte sie. »Selbstverständlich werde ich teilnehmen. Ich fühle mich... geehrt.«
Hepburn nahm ihre Hand und küsste zart ihre Finger. Seine Miene war keineswegs triumphierend. Stattdessen sah er sie ernst und eindringlich an. Doch als er sich über ihre Hand beugte, sagte er leise und nur für sie vernehmlich: »Vergesst das niemals, Eure Hoheit. Ich bekomme stets meinen Willen.«
10
Der Weg zur Hölle ist mit goldenen Vorsätzen gepflastert.
Also kann man ruhig ein paar Ziegelsteine dazutun.
DIE ALTEN VON FREYA CRAGS
I m Zwielicht dieses Frühlingsabends starrte Robert auf den Brief in seiner Hand. Er hatte das schamlose Schreiben schon häufig gelesen, konnte jedoch die Botschaft darin noch immer nicht richtig fassen.
Ich sende Euch gute Nachrichten. Ich habe geheiratet. Das Mal meiner Schande wurde von der heiligen Mutter Kirche abgewaschen, und mein Kind hat jetzt einen Vater. Aber mein Geliebter möchte, dass ich hier
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